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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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wohne, also hab ich ihr endlich erzählt, dass ich einen weißen «Mitbewohner» habe. Jetzt will sie, dass ich zu so einer dämlichen Kirchensache komme, damit sie ihn kennenlernen kann. Uäh, das ist echt mein schlimmster Albtraum. Lenny liegt mir schon die ganze Zeit damit in den Ohren, dass er meine Eltern kennenlernen will, und jetzt denkt er bestimmt, ich knicke ein und er hat mich in der Hand und kann tun und lassen, was er will, zum Beispiel die Wohnung nicht putzen oder mich im Restaurant das Trinkgeld geben lassen, obwohl er doch weiß, dass Kredit bei mir am LIMIT ist. Jo, mein Ranking ist grad unter die magische Grenze gerutscht: unter 900! So viel zu «Chinesen», die kein Geld ausgeben. Haha.
    Und jetzt soll auch noch meine Mutter mitkriegen, dass ich mit einem haarigen alten Weißen zusammen bin. Ich hab also zu Lenny gesagt, er darf meiner Mutter auf keinen Fall erzählen, dass wir zusammen sind, und da hat er sich richtig aufgeregt, als ob ich mich für ihn schämen würde oder so was. Er sagt, ich würde versuchen, ihn stellvertretend fürmeinen Vater wegzustoßen, aber dass er das nicht zulassen würde; ziemlich frech für so einen Nerd.
    Bei uns gab es ein ziemliches Auf und Ab, allerdings hat er jetzt endlich mal die Zaubermuschi penetrieren dürfen, und es war gar nicht mal so schlecht. Was ihm an Aussehen abgeht, macht er durch Leidenschaft locker wett. Ich dachte echt, er explodiert gleich! Was noch? Die Unruhen waren ziemlich schrecklich, und jetzt braucht man ewig, um in der Stadt von hier nach dort zu kommen. Lenny bemüht sich, ganz ritterlich zu sein, als ob er mich vor den Nationalgardisten beschützen wollte, aber die schießen doch nicht auf Asiaten, oder?
    Ach ja, ich hab seine Freunde kennengelernt. Dieser eine Typ, Noah, war ganz süß, so die Sorte groß und ganz normal attraktiv. Seine Freundin ist die echt scharfe Amy Greenberg mit diesem eigenen Stream, der ungefähr eine Million Zuschauer erreicht. Sie hat einen echt tollen, so pseudosmarten Charakter und ein ziemlich hübsches Gesicht. Sie streamt darüber, dass sie nicht gerade zierlich ist, ganz schön traurig, was, aber sie ist nun mal nicht so gebaut. Jedenfalls, ich hab gemerkt, wie Noah mich mit Blicken abgetastet hat, und als ich den Pullover auszog, hat er mir voll in die Bluse GESTARRT, was schmeichelhaft für mich war, aber ich hab dadrin ja nicht gerade viel zu bieten. Dann war er ganz begeistert von meinem «galligen Humor», und ich bloß so «haha», aber ich konnte nicht anders, ich musste Lenny in Gedanken ein bisschen betrügen. Und dann war da noch eine Koreanerin namens Grace, die stundenlang auf mich eingeredet hat. Sie ist echt lieb und gibt dir das Gefühl, dass sie auf deiner Seite ist, aber ich glaube, das war bloß gespielt. Unter dem Vorwand, mit mir befreundet zu sein, hat sie mir lauter Informationen aus der Nase gezogen, etwa dass mein Vater meine Mutter schlägt, weil sieihm verdorbenen Tofu vorgesetzt hat und so was. Ich weiß gar nicht, warum ich ihr überhaupt davon erzählt hab, und den ganzen Abend hab ich mich echt verletzlich und schutzlos gefühlt. Egal. Ich hasse sie alle.
    Am nächsten Tag bin ich dann mit ein paar Kisten Wasserflaschen in den Tompkins Square Park, weil ich gehört hatte, es gibt dort keins, nachdem die ARR die Wasserspender und Toiletten in allen Parks gesperrt hat. Da rannten lauter so Hipster rum und streamten über die Unruhen, aber keiner hilft den Vermögensschwachen wirklich. Ich hab ein bisschen mit David rumgehangen, dem süßen Typen, der mit der Nationalgarde in Venezuela war. Der hat bloß noch so an die vier Zähne im Mund, weil er keine Zahnversicherung und bei einer Explosion welche verloren hat. Aber es baut trotzdem richtig auf, mit ihm zu reden, weil er nämlich immer sagt, was er denkt (im Gegensatz zu Lenny und seinen Freunden). Zum Beispiel sagt er «Halt den Mund!» oder «Da liegst du falsch, Eunice» oder «Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest» oder «So können das auch nur Vermögende sehen». Das mag ich, wenn Leute einem keinen Mist durchgehen lassen.
    Ich hätte jedenfalls nie gedacht, dass ich mich mal für Politik interessieren würde, aber David kann ich stundenlang zuhören. Er meint, viele der Gardisten, die wie er nach Venezuela keine Prämie gekriegt haben, überlegen, ob sie sich nicht zusammentun sollen, um sich im Falle eines Angriffs gegen die Nationalgarde zu wehren. Er meint, in der Garde sind heutzutage bloß noch ein

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