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Super Sad True Love Story

Super Sad True Love Story

Titel: Super Sad True Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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bin ihr nah. Ich schnüffele heimlich den Knoblauchduft ihres Atems, Tagebuch. Ich rieche malaysische Anchovis, die es zum Mittagessen gab, und kriege bestimmt gleich einen Herzinfarkt. Ach, was ist bloß los mit mir? Alles, mein süßes Tagebuch. Alles ist los, und ich bin der glücklichste Mensch auf Erden!
    Als sie mir geteent hat, dass sie nach New York kommt, rannte ich sofort zum Eckladen und verlangte eine Aubergine. Sie meinten, so was müssten sie über ihren Äppärät bestellen, also habe ich zwölf Stunden am Eingang gewartet, und als sie dann eintraf, zitterten meine Hände so sehr, dass ich nichts damit anfangen konnte. Ich habe sie einfach (aus Versehen) ins Gefrierfach gesteckt, bin auf den Balkon gegangen und habe geweint. Natürlich vor Freude!
    Am Morgen des ersten Tages meines richtigen Lebens warf ich die gefrorene Aubergine weg und zog mein sauberstes, konservativstes Baumwollhemd an, das jedoch von monsunartigem Schweiß durchtränkt war, ehe ich überhaupt die Tür erreicht hatte. Um ein wenig zu trocknen und den Überblick zu behalten, setzte ich mich hin und bedachte Punkt 3: Eunice lieben – so wie meine Eltern sich vor einer längeren Reise immer hingesetzt und auf ihre primitive russische Art gebetet haben.
Lenny!
, sagte ich laut.
Du wirst es nicht versauen. Du hast die Chance bekommen, der schönsten Frau der Welt zu helfen. Du musst ein guter Mensch sein, Lenny. An dich darfst du gar nicht denken. Nur an dieses kleine Wesen, das vor dir steht. Dann wird auch dir geholfen werden. Wenn du das nicht hinkriegst, wenn du diesem armen Mädchen in irgendeiner Weise wehtust, dann bist du der Unsterblichkeit nicht würdig. Doch wenn du ihren warmen kleinen Körper an deinen bindest und sie zum Lächeln bringst, wenn du ihr zeigst, dass erwachsene Liebe Kindheitsqual überwinden kann, dann werdet ihr beide das Reich erblicken. Joshie mag dir die Tür vor der Nase zuschlagen, dein Herz mag im Bett eines öffentlichen Krankenhauses stotternd verstummen, aber wie könnte irgendjemand Eunice Park abweisen? Wie könnte irgendein Gott ihr etwas anderes wünschen als ewige Jugend?
    Ich wollte Eunice am JF K-Flughafen abholen, aber offenbar kommt man ohne Ticket nicht mal mehr in seine Nähe. Der Taxifahrer setzte mich am dritten Checkpoint der Amerikanischen Restaurationsregierung auf dem Van Wyck Expressway ab, wo die Nationalgarde einen Willkommenstreffpunkt eingerichtet hatte, eine sechs Meter breite Tarnleinwand, unter der sich eine Horde armer Mittelschichtler drängte und auf Verwandte wartete. Fast hätte ich ihren Flug verpasst, denn ein Teil der Williamsburg Bridge war eingestürzt, und eine Stunde lang hatten wir versucht, auf der Delancey Street zu wenden, gleich neben einem hastig errichteten Schild der ARR, auf dem «gemeinsam werden wir diese Brücke reperieren [sic]» stand.
    Als wir uns dem Checkpoint näherten, kamen wundervolle Neuigkeiten über meinen Äppärät herein. Nettie Fine lebt, es geht ihr gut! Sie hatte mir von einer neuen, sicheren Adresse aus geteent. «Lenny, es tut mir so leid, wenn ich dir bei unserem Treffen in Rom den Tag verdorben habe. Meine Kinder sagen immer, dass ich manchmal eine wirklich ‹Nervöse Nettie› sein kann. Ich wollte dir nur sagen, dass alles gar nicht so schlimm ist! Ich kriege ständig gute Nachrichten auf den Schreibtisch. Zu Hause ändert sich richtig viel. Die armen Leute, die aus ihren Wohnungen geworfen werden, organisieren sich wie damals in der Depressionszeit. Die ehemaligen Nationalgardisten bauen Holzhütten in Parks und protestieren dagegen, dass sie ihre Bonuszahlungen aus Venezuela nicht gekriegt haben. Ich spüre geradezu das Aufbrechen umwälzender Energie! Die Medien berichten nicht darüber, aber du kannst es dir selbst im Central Park anschauen und mir schreiben, was du siehst. Vielleicht liegt die Herrschaft von Jeffrey Otter ja endlich bald hinter uns! xxx, Nettie Fine.» Ich teente ihr gleich zurück, dass ich mir die Vermögensschwachen im Park anschauen werde und dass ich mich in ein Mädchen namens Eunice Park verliebt hätte, die zwar (ich ahnte Nettie Fines erste Rückfrage) nicht jüdisch sei, aber in allen anderen Belangen vollkommen.
    Erfüllt von diesen guten Nachrichten über meine amerikanische Mama, wartete ich auf den UnitedContinentalDeltamerican-Bus, indem ich aufgeregt hin und her lief, bis die Männer mit den Gewehren mir misstrauische Blicke zuwarfen, und verzog mich dann zur provisorischen

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