Susan Andersen
seiner emotionslosen Polizistenstimme: „Hauptsache, du näherst dich nicht der Lagerhalle, bis wir da sind.“
„Mhm.“ Sie parkte, stellte den Motor ab und kramte in ihrer Tasche nach dem Pfefferspray. So bewaffnet, stieg sie aus dem Wagen und schloss die Tür. „Wir müssen ihn aufhalten.“
„Nicht wir, Poppy.“ Jetzt klang seine Stimme nicht mehr annähernd so emotionslos wie zuvor. „Ich. Ich werde ihn aufhalten. Du bleibst, wo du bist und tust nichts – ich wiederhole –, tust nichts Unüberlegtes.“
„Ich versuche mein Bestes.“
„Scheiße!“, rief er. „Den Ton kenne ich. Hör mir zu. Rühr dich nicht von der Stelle. Ich weiß, wie wichtig dir deine Schüler sind, aber das hier ist was für Profis. Misch dich nicht ein – du machst sonst alles nur noch schlimmer.“
Im selben Moment erreichte sie die Metalltür an der Gebäudeseite, lauschte und griff nach dem Türknauf. „Komm schnell, Jason.“
„Verdammt, Poppy, hörst du nicht? Du sollst dich nicht rühren! Bleib am Telefon, hörst du? Häng nicht auf. Häng nicht auf!“
Sie klappte das Handy zu.
Dann holte sie tief Luft und drehte lautlos den Türknauf.
24. KAPITEL
Nach allem, was geschehen ist, sollte ich eigentlich fürchterlich aufgekratzt sein und auf eine Drehzahl von hundert Meilen pro Stunde kommen. Stattdessen fühle ich mich wie betäubt.
L aut fluchend klappte Jase sein Telefon zu. „Wir müssen so schnell wie möglich zu dieser Lagerhalle kommen“, knurrte er. „Ich weiß, dass sie reingeht.“
„Nein, das würde sie nicht“, widersprach Hohn. „Sie kann doch auf keinen Fall so du...“ Jases Gesichtsausdruck hielt ihn davon ab, weiterzusprechen. Er hob eine Schulter. „Du siehst aus, als würdest du gleich jemandem mit bloßen Händen den Kopf abreißen“, bemerkte er und drückte auf einen Schalter. Die Sirene tönte einmal kurz auf, um die anderen Autofahrer darauf aufmerksam zu machen, dass die Polizei in der Nähe war. „Damit bist du der perfekte Kandidat, um mir hier den Weg frei zu räumen.“
„Oh, mit Vergnügen, glaub mir.“ Jase stieg aus. „Aber ruf den Streifendienst, damit die sich um den Rest kümmern.“ Er ließ seine Dienstmarke aus der Brusttasche hängen und begann, den Fahrern Befehle zu erteilen, hier ein wenig nach rechts und dort ein wenig nach vorn zu fahren.
Irgendein Idiot hatte eine SMS in sein iPhone getippt, war auf den Vordermann aufgefahren und hatte damit eine Kettenreaktion ausgelöst. Ein Lkw, der auf die Gegenfahrbahn geraten war, krönte das Szenario. Der entgegenkommende Fahrer hatte verdammt gut reagiert und einen Zusammenprall vermeiden können. Doch der Anhänger des Lkws stand nun quer und behinderte den Verkehr in beide Richtungen.
Es kostete Jase sieben Minuten, um genug Platz zu schaffen, damit Hohn auf den Bürgersteig fahren konnte. Sieben Minuten, die sich wie sieben Stunden anfühlten. Er lief zurück zum Wagen, schlug kurz aufs Dach und hechtete hinein. „Diese gottverdammten Vollidioten.“
Hohn stellte die Sirene an und trat das Gaspedal durch.
Mit verkrampften Schultern und Händen beugte Jase sich in seinem Sitz vor. Erst als sie den District hinter sich gelassen hatten, holte er ein paar Mal tief Luft, um sich zu beruhigen. Dann warf er seinem Freund einen Blick zu. „Du bist schon lange verheiratet“, sagte er.
„Sieben Jahre Eheglück, Bruder“, bestätigte Hohn.
„Wie machst du das?“
„Genauso, wie es ehemalige Alkoholiker machen – einen Tag nach dem anderen nehmen.“
„Wow. Bei so viel überbordendem Enthusiasmus bekommt man echt Lust, es selbst mal zu versuchen.“
„Es ist so, wie der allwissende Mann eben sagt ...“
„Zitier jetzt bloß nicht Nietzsche“, unterbrach er Hohn ungeduldig. Hohn hegte eine unnatürliche Begeisterung für alles, was dieser Typ jemals geschrieben hatte. Normalerweise schüttelte Jase in so einem Fall einfach nur den Kopf. Doch heute war er wirklich nicht in der Stimmung dafür.
„Nein, hör zu, ich sag’s dir, es trifft den Nagel auf den Kopf.“ Jases Kollege holte theatralisch Luft, nahm eine Hand vom Lenkrad, legte sie über sein Herz und sagte: „Durch Frauen werden die Höhepunkte des Lebens bereichert und die Tiefpunkte vermehrt.“
„Scheiße.“ Das hatte er nun davon, dass er das Thema Heirat zur Sprache gebracht hatte. Jase starrte wieder aus dem Fenster und betete, dass sie rechtzeitig kamen.
Poppy schlich vorsichtig in die schummrige Lagerhalle. Es war totenstill,
Weitere Kostenlose Bücher