Susan Mallery - Buchanan - 02
stimmt.“
„Du hast dich verteidigt“, sagte Walker. „Deine Freundin hat das nicht getan.“
„Natalie hat Angst bekommen und ist nach Hause gelaufen. Ich hatte auch Angst, aber wir sind nicht doof, und die Jungs sollen so etwas nicht sagen. Sie sind manchmal auch zu anderen Kindern böse. Ich mag das nicht.“
Der Junge muss mindestens zwei oder drei Jahre älter als Zoe gewesen sein, dachte Walker. Trotzdem hatte sie sich nicht einschüchtern lassen. Was war nun die Lehre aus diesem Vorfall? Sollte er ihr erklären, dass es gut war, sich zu verteidigen, man dafür aber auch die Konsequenzen in Kauf nehmen musste? Oder sollte er ihr besser raten, in solchen Fällen auf Nummer sicher zu gehen?
Er sah ihr in ihre großen blauen Augen und hatte keinen blassen Schimmer, was er sagen sollte. Woher zum Teufel wusste Elissa immer, was das Richtige war?
Überall wäre Walker jetzt lieber gewesen als hier. Trotzdem blieb er. Zoe hatte außer ihm im Moment niemanden. Er würde es für sie mit allen bösen Geistern aufnehmen, den realen und denen aus seiner Vergangenheit – und er würde es überleben.
Sie streckte ihm ihre Arme entgegen und guckte ihn erwartungsvoll an.
„Was ist?“, fragte er.
„Du musst mich in den Arm nehmen und mir dann einen Heile-heile-Segen-Kuss auf das Knie und die Hand geben. Damit es nicht mehr wehtut.“
Walker umarmte Zoe unsicher und achtete darauf, dass er die Kleine nicht zu fest drückte. Dann küsste er ihre Verbände.
Zoe lächelte, als er damit fertig war. „Gehen wir ins Kino? Wir könnten im Einkaufszentrum Mittag essen, ein bisschen einkaufen und dann einen Film ansehen.“
Genau so stellte sich Walker einen Tag in der Hölle vor. Aber wie sollte er einem fünfjährigen Mädchen widerstehen, das so tapfer und mutig wie ein Löwe war?
17. KAPITEL
Der Kunsthandwerksmarkt war vorbei, und Elissa verstaute die Kartons mit dem übrig gebliebenen Schmuck in Walkers Auto. Beim Abbau der Ausstellungstische, die sie sich geliehen hatte, war ihr ein Mann von einem benachbarten Stand behilflich gewesen.
„Bis nächstes Jahr“, rief er ihr zu, als sie sich hinters Steuer setzte.
„Auf jeden Fall. Alles Gute!“
Sie winkte ihm zu, machte die Autotür zu und startete.
Nach Hause, dachte sie erschöpft. Sie wollte nur nach Hause und in Ruhe nachdenken. Oder auch nicht nachdenken. Vielleicht musste sie einfach nur ausschlafen.
Denn Schlaf hatte sie in der vergangenen Nacht nicht finden können. Nachdem sie ins Bett gegangen war, hatte sie noch lange im Dunkeln wach gelegen, die Decke angestarrt und überlegt, was sie wegen Neil unternehmen sollte.
Er hatte nicht gesagt, wie lange er in Seattle bleiben würde, aber sie nahm an, dass er die weite Reise nicht bloß für zwei, drei Auftritte gemacht hatte. Also war er wohl einige Wochen, vielleicht sogar einen Monat hier. Er konnte jederzeit wieder auftauchen, Geld fordern und darauf bestehen, dass sie zahlte. Wenn nicht, würde er Zoe sehen wollen.
Bei dem Gedanken zog sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Zoe glaubte, ihr Vater sei tot, und so war es auch zweifellos am besten für alle. Doch wenn es hart auf hart käme, würde ihr Elissa von Neil erzählen müssen – und sie würde fast alles tun, um das zu vermeiden.
Ihre Angst wurde so groß, dass sie kaum noch an irgendetwas anderes denken konnte. Kurz überlegte sie, einfach abzuhauen – ein paar Koffer zu packen, Zoe zu nehmen und zu flüchten. Aber wohin? Und wie ging es dann weiter? Wenn sie es nicht schaffte, einen falschen Namen und eine falsche Identität anzunehmen, würde Neil sie möglicherweise wieder finden. Wie sollte sie Zoe die Situation erklären? Außerdem war ihr die Vorstellung, davonlaufen zu müssen, zuwider. Es würde so aussehen, als hätte Neil gewonnen.
Die sinnvollste Lösung war wohl, sich einen Rechtsanwalt zu nehmen. Das hätte sie schon vor Jahren tun sollen. Neil hätte keinen guten Einfluss auf ein kleines Kind. Das Gericht würde das sicher auch so sehen. Wenn sie Neil Geld gab und er im Gegenzug dafür unterschrieb, auf alle Rechte bezüglich des Kindes zu verzichten, wäre das die beste Lösung. Die Frage war nur, wie man ihn dazu bewegen konnte. Sie besaß nicht genug Geld, um ihm eine Summe zu geben, mit der er sich zufriedengeben würde.
Ein Kredit, dachte sie. Nicht von einer Bank, sondern vielleicht von ihren Eltern oder von Frank. Auch wenn es derzeit mit ihren Eltern Schwierigkeiten gab – die beiden würden ihr bestimmt
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