Susan Mallery - Buchanan - 02
Entwürfe gezeichnet, nach denen sie selber etwas schneidern würde. Sie wollte sichergehen, dass ihre Tochter sich wohlfühlte, wenn sie in die Vorschule kam. Elissa erinnerte sich noch gut daran, wie sie selbst elf geworden und quasi über Nacht ein ziemliches Stück gewachsen war. Sie hatte mit zu kurzen Jeans in die Schule gehen müssen und war von den anderen deswegen gnadenlos aufgezogen worden. Bis heute erinnerte sie sich daran, wie sie den ganzen Weg nach Hause geweint hatte.
Erwachsen zu werden war schwer genug. Sie würde ihr Bestes tun, damit Zoe zumindest einiges erspart blieb.
„Jeans und T-Shirts sind dank Wal-Mart nicht das Problem“, erklärte Elissa. „Aber der Rest …“
„Du schaffst das schon. Hast du Walker in letzter Zeit mal gesehen?“
Elissa rührte die Soße um. „Das war nicht gerade deine eleganteste Überleitung.“
„Ich bin alt. Mir sieht man so etwas nach. Also? Hast du?“
„Eigentlich nicht.“ Nicht, wenn man von seinem Besuch neulich im Restaurant absah. Sie wollte nicht erzählen, warum er da gewesen war, und wenn sie dieses Detail ausließ, würde Mrs. Ford womöglich annehmen, dass sich zwischen ihnen etwas anbahnte. Was nicht so war.
„Du solltest ihn in Betracht ziehen“, sagte Mrs. Ford. „Du hast oft darüber geredet, dass Zoe einen Vater braucht.“
Hätte Elissa gerade etwas im Mund gehabt, hätte sie sich verschluckt. „Du schlägst ernsthaft Walker für diesen Job vor?“
„Warum nicht? Er ist ein anständiger Mensch.“
Elissa konnte sich Walker in vielen Situationen vorstellen – aber als Ersatzvater für ein fünfjähriges Mädchen? „Dafür braucht es mehr als nur Anständigkeit. Er ist nicht gerade zugänglich.“
„Das bist du auch nicht, Liebes.“
„Autsch.“
Mrs. Ford schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, wenn das hart geklungen hat, und entschuldige bitte, dass ich dir jetzt mal meine Meinung sage. Elissa, du lebst wie eine Nonne. Für eine Frau in deinem Alter ist das nicht normal. Du hast einen ausgesprochen attraktiven Mann nicht einmal drei Meter über dir wohnen. Mach was draus. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, sage ich immer.“
Elissa wusste nicht, was sie davon halten sollte. Teile ihres Gehirns schienen wie gelähmt. Machte ihre fast neunzigjährige Nachbarin tatsächlich gerade den Vorschlag, dass sie Sex mit Walker haben sollte? Sex?
„Das sind ja ganz neue Töne.“ Elissa hatte es endlich geschafft, etwas zu erwidern. „Du hast doch immer gesagt, ich müsse mich zuerst verlieben. Und obwohl ich deinen Rat zu schätzen weiß …“ Irgendwie zumindest. „Die Sache ist die, dass ich Zoe nicht wehtun will. Ich will nicht, dass sie zu jemandem eine Beziehung aufbaut, der dann wieder aus ihrem Leben verschwindet.“
„Nicht alle Männer verschwinden.“
Das stimmte. Manchmal musste man sie höchstpersönlich hinauswerfen.
Mrs. Fords dunkle Augen wurden schmal. „Es ist wichtig für Zoe, zu lernen, was eine gesunde, normale Beziehung ist. Sie muss sehen, wie es zwischen einem Mann und einer Frau klappt.“
„Genau deshalb sehen wir fern“, entgegnete Elissa fröhlich. „Da gibt es jede Menge perfekte Familien.“
4. KAPITEL
Als Elissa am Samstag mit Zoe heimkam, stand Mrs. Ford auf der Veranda vor dem Haus. Es war ein heißer Tag, und die alte Dame sollte sich bei diesen Temperaturen eigentlich nicht in der Sonne aufhalten. Elissa hatte das dumpfe Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war.
„Was ist passiert?“, fragte sie, während sie aus dem Auto stieg.
„Es ist der Abfluss, Liebes“, sagte Mrs. Ford und seufzte. „Das Rohr ist total verstopft. Ich habe versucht, jemanden über die Service-Hotline zu erreichen, aber unser Vermieter macht gerade eine Kreuzfahrt, und der Klempner, der sonst immer kommt, hebt nicht ab. Der Service versucht nun jemanden aufzutreiben, der für Notdienste zuständig ist, aber sie haben darauf hingewiesen, dass ein Notdienst samstags sehr teuer ist.“
Elissa stöhnte. Wollte sie nur vortäuschen, dass sie jemanden zu erreichen versuchte?
„Lass mich dort anrufen“, sagte sie. „Zoe, Süße, du bleibst hier bei Mrs. Ford.“
„Warum?“, fragte ihre Tochter.
„Weil es erbärmlich stinkt, wenn der Abfluss verstopft ist.“
Mrs. Ford lächelte. „ Erbärmlich trifft es.“
Der andere Name für Seattle – Emerald City, die Smaragd-Stadt – kam von den Bäumen und dem Regen. Beides gab es hier im Überfluss, Regen jedoch hauptsächlich im Winter. Im Sommer
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