Susannah - 02 Auch Geister haben hübsche Söhne
wiederholten Male zu lesen.
»Ich weiß, dass du es bist, Tad«, sagte ich. »Wie geht's deinem Vater?«
»Viel besser«, sagte er. »Sieht so aus, als hätte ihm jemand seit Langem etwas eingeflößt – etwas, was Dad offenbar für ein Medikament hielt, was aber in Wirklichkeit zu Wahnvorstellungen führte. Die Ärzte glauben, deswegen hat er sich für … na du weißt schon … gehalten.«
»Echt?«
Hey Süße, stand in Ginas weit ausholender, geschwungener Handschrift auf dem Brief. Sieht so aus, als würde ich bald in den Wilden Westen aufbrechen, um Dich zu besuchen! Deine Mom ist die Beste! Und Dein neuer Stiefvater ist auch klasse. Kann's kaum er warten, Deine neuen Brüder zu sehen. Die können un möglich so übel sein, wie Du behauptest.
Wetten, dass doch?
»Ja. Also versuchen sie, ihn jetzt eine Weile … du weißt schon … zu entgiften. Wenn das Zeug, was auch immer es gewesen sein mag, aus seinem Körper raus ist, wird er hoffentlich wieder ganz der Alte sein.«
»Wow, das ist toll, Tad«, sagte ich.
»Ja. Aber es wird eine Weile dauern. Wahrscheinlich nimmt er das Zeug schon, seit meine Mutter gestorben ist. Ich glaube … also, ich hab das noch niemandem gesagt, aber ich frage mich, ob nicht Marcus ihm das Gift gegeben hat. Nicht um ihm zu schaden oder so …«
Na klar. Auf gar keinen Fall, um ihm zu schaden. Er hatte nur versucht, sich Beaumont Industries unter den Nagel zu reißen.
Und er hatte es geschafft.
»Wahrscheinlich hat er gedacht, er hilft Dad damit. Nach Moms Tod war Dad wirklich am Boden. Ich bin sicher, Onkel Marcus wollte ihm nur helfen.«
Genau wie er dir hat helfen wollen, Tad, dachte ich, als er dir die Pistole über den Schädel gezogen und dir eine Badehose verpasst hat. Langsam wurde mir klar, dass Tad Verdrängungsweltmeister sein musste.
»Na ja, auch egal«, sagte er. »Jedenfalls wollte ich mich … ähm … bei dir bedanken. Ich meine, weil du den Cops nichts über meinen Onkel gesagt hast. Das hätten wir eigentlich tun müssen, nicht wahr? Aber jetzt scheint er eh verschwunden zu sein und das hätte Dads Geschäfte in einem ziemlich komischen Licht erscheinen lassen …«
Die Unterhaltung wurde mir langsam zu abgedreht. Ich widmete mich wieder Ginas tröstlichem Brief.
Also, was soll ich mitbringen? Ich meine, klamot tentechnisch. Ich hab mir eine total heiße Miu-Miu-Hose gegönnt, weil sie bei Filene's auf zwanzig Mäuse reduziert war, aber habt Ihr da nicht ständig Baywatch -Wetter? Die Hose ist nämlich aus Wollgemisch. Übri gens, sieh bloß zu, dass Du uns während meines Aufent halts auf ein paar coole Partys einschleust, ich hab nämlich neue Haarverlängerungen und damit seh ich echt GUUUT aus. Shauna hat sie mir gemacht und sie hat mir dafür nur einen Dollar pro Stück abgeknöpft. Okay, ich muss dafür am Samstag ihren kleinen Stin ker von Babybruder hüten, aber was soll's? Das war's mir wert.
»Also auf jeden Fall … Ich wollte mich bei dir bedanken, weil du in der Sache so cool warst und so.«
Du solltest übrigens wissen, dass ich ernsthaft überlege, mir ein Tattoo machen zu lassen, wenn ich bei Euch bin. Ja, ich weiß. Mom war über mein Zungenpiercing nicht gerade begeistert. Aber sie muss das Tattoo ja nicht unbedingt zu Gesicht kriegen, wenn ich es mir dahin machen lasse, wohin ich es mir machen lassen will. Wenn Du verstehst, was ich meine … Also bis dann, sei umarmt! Gina
»Da ist noch was … Jetzt wo mein Onkel weg ist und Dad … du weißt schon … im Krankenhaus liegt, werde ich wohl eine Weile bei meiner Tante in San Francisco wohnen müssen. Also bin ich die nächsten paar Wochen wahrscheinlich nicht hier. Oder zumindest so lange, bis es Dad wieder besser geht.«
In diesem Augenblick dämmerte mir etwas: Ich würde Tad nie wiedersehen. Irgendwann würde ich für ihn nur noch eine ungute Erinnerung daran sein, was passiert war. Und wieso sollte er mit jemandem zusammen sein wollen, der ihn ständig an die schmerzhafte Zeit erinnerte, in der sein Vater sich für Graf Dracula hielt?
Ich fand das ein bisschen traurig, aber ich konnte ihn verstehen.
PS: Guck Dir mal das hier an! Hab es in einem Se cond-Hand-Laden entdeckt. Weißt Du noch, die durch geknallte Hellseherin, bei der wir mal waren? Die ge sagt hat, Du wärst … wie war das gleich noch mal? Ah ja … eine Mittlerin. Eine Begleiterin der Seelen? Tja, schau mal her. Hübsche Klamotten, was? Echt. So richtig Cynthia-Rowley-mäßig.
In Ginas Briefumschlag hatte
Weitere Kostenlose Bücher