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Taberna Libraria

Taberna Libraria

Titel: Taberna Libraria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Dageroth
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liegen.
    Vorsichtig schob er also den Stab mit dem seltsamen Lochmuster voran in die Öffnung, Stück für Stück. Als dieser schließlich gegen einen Widerstand im Inneren stieß, gab es zuerst ein leises Klicken, dann schnappte der Riegel zurück.
    Mit der Schulter zur Wand, den Dolch griffbereit am Gürtel, drehte Yazeem langsam den Knauf.
    Knarrend gab die Tür diesmal nach und öffnete sich einen Spalt weit.
    Angespannt lauschend drückten sich Corrie und Silvana aneinander.
    Yazeem nahm den Dolch in die Rechte.
    Von drinnen waren jedoch keine Geräusche zu vernehmen.
    Nichts, was die Anwesenheit eines anderen Lebewesens hätte verraten können.
    Behutsam stieß der Werwolf mit der Schuhspitze die Tür weiter auf.
    Unwillkürlich hielten Corrie und Silvana die Luft an.
    Anders als in so manchem Videospiel, peitschte jedoch kein Schuss auf, sirrte kein Pfeil heran und entwich auch nirgendwo zischend Giftgas. Es setzte auch keine dramatische Musik an.
    Alles blieb völlig still.
    "Scheint keine Falle dahinter zu sein, oder?", fragte Corrie.
    Yazeem löste sich von der Wand. "Lasst mich trotzdem vorgehen." Und mit der Fackel vor sich ausgestreckt, trat er vor.
    An der Schwelle blieben Corrie und Silvana zurück, bis der Werwolf die Fackeln an den Wänden gefunden hatte und ihr Feuerschein den Raum ausleuchtete. In seiner Mitte standen vier niedrige Schreibpulte, ähnlich dem, das Vincent benutzte, und zwischen denen Yazeem gerade hindurchschritt. An den Wänden standen Regale aus dunklem Holz, allesamt jedoch leer und von Staub und Spinnweben bedeckt.
    Silvana hob die Brauen, als sie sah, worauf Yazeem zusteuerte. "Ein Kamin? Hier unten? Wohin zieht denn der ganze Rauch ab?"
    Yazeem ging vor der Feuerstelle in die Hocke. "Ich denke nicht, dass er Rauch entwickelt." Er senkte die Fackel zu den blanken Steinplatten im Innern des Kamins. "Es gibt hier weder Überreste von Holz, noch Spuren von alter Asche. Nichts, das auf ein
wirkliches
Feuer hindeuten würde." Er hob schnuppernd den Kopf. "Es fehlt auch der typische Geruch."
    "Brennpaste?", schlug Corrie vor. "Oder Ethanol?"
    Yazeem kräuselte spöttisch die Lippen. "Denk daran, welche Art Barriere diesen Keller schützt."
    "Du meinst, das ist ein magischer Kamin?"
    "Ich habe selbst einmal einen besessen. Allerdings keinen so alten." Der Werwolf erhob sich und fuhr mit den Fingerkuppen über den Rand der Esse. Erst jetzt nahmen auch die beiden Freundinnen die Zeichen wahr, die dort eingraviert worden waren. Für Corrie sahen sie aus, als hätte Picasso versucht, kyrillisch zu schreiben. "Das hätte ich hier unten niemals vermutet", murmelte Yazeem erstaunt. "Und schon gar nicht in dieser Welt."
    Silvana trat zu ihm, um einen besseren Blick zu haben. "Und was genau soll das sein?"
    "Diese Zeichen hier. Das ist Altfirolasisch."
    "Altfirolasisch?", widerholte Silvana verständnislos.
    "Firolasier. Ein Volk von Druiden. Magier der Natur. Schriftenkünstler und Bewahrer des geschriebenen Wortes. Man trifft sie nur äußerst selten außerhalb ihres Archipels an, weil sie sehr verschlossen sind und streng ihre Kultur hüten. Ihre jahrtausendealte Kunst der Heiltee-Herstellung ist neben ihrer Schreibkunst so legendär, wie sie geheimnisumwittert ist. Firolasisches Heilwasser wird nur gegen die Haut von Onyxdrachen getauscht, das teuerste Leder aller Reiche."
    Corrie zog die Oberlippe zwischen die Zähne. "Und die haben ausgerechnet hier bei uns im Keller gesessen und geschrieben?"
    "Sieht ganz danach aus."
    Silvana betrachtete noch immer die Schrift am Kamin. "Kannst du lesen, was da geschrieben steht?"
    Yazeem verengte die Augen und hielt die Fackel näher. "Nur ein wenig. Aber ich denke, das, was ich entziffern kann, könnte in Etwa heißen … Er murmelte ein paar Worte, hielt inne und sah die beiden jungen Frauen mit erhobenen Brauen an. "Ist das nicht …?"
    "Aus Goethes 'Faust'", nickte Corrie staunend. "Verrückt."
    "Und noch verrückter, dass es in altfirolasisch an einem magischen Kamin in einem vergessenen Keller unter unserem Buchladen steht", fügte Silvana hinzu.
    "Vielleicht hat ihnen der Text gut gefallen", sagte Yazeem. "Er passt zu ihnen."
    Corries Blick wanderte von Goethes Worten zur geöffneten Tür. In ihren Augen funkelte es. "Also ich bin jetzt wirklich gespannt, was sich hinter den restlichen Türen befindet."
    Silvana nickte zustimmend, wenn auch mit deutlich milderem Enthusiasmus. "Ein paar sind es ja noch, wenn man die Schlüssel bedenkt, die noch

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