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Tacheles

Tacheles

Titel: Tacheles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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Pöbels nun nicht gerade behaupten konnte. Herrenmenschen! Ständig mit einem Fuß im Kriminal, aber zur Weltherrschaft berufen. Was für ein absurder Witz!
    Bronstein fiel jetzt endlich auf, dass der Amtsdiener immer noch in devoter Stellung vor ihm stand. Der schuldbewussten Miene des Mannes entnahm er, dass auch diesem nicht entgangen war, dass er einen Fehler gemacht hatte.
    „Das sagt er, der Cerny“, meinte Bronstein endlich.
    „Ja“, beeilte sich der Diener mit einer Antwort, „er lässt höflichst fragen, ob sich der Herr Oberst nicht zum Tatort bemühen möcht, der was ganz in der Nähe ist. Vielleicht könntder Herr Oberst dem Herrn Major ein paar wichtige Hinweise geben, hat der Herr Major g’meint.“
    „Und wo ist das Ganze passiert?“
    Der Amtsdiener zögerte plötzlich, und es schien Bronstein, als begänne der Mann zu transpirieren.
    „Jetzt reden S’ schon!“
    „Am … Judenplatz.“
    Auch das noch.
    Zehn, vielleicht auch fünfzehn Minuten später stand Bronstein vor dem Haustor des mondänen Jugendstilgebäudes, in dem der Fabrikant gewohnt hatte. Es war tatsächlich kein weiter Weg gewesen. Bronstein hatte sich von der Herrengasse zum Platz Am Hof begeben, hinter dem sich der Judenplatz anschloss. Schon aus einigen Metern Entfernung konnte er die zahlreichen Polizisten sehen, die offenbar den Tatort absicherten und allfällige Schaulustige in die Schranken wiesen.
    Bronstein war im Wortsinne amtsbekannt, und so hielt ihn niemand an, als er das Haus betrat. Ein Uniformierter nahm ihn in Empfang und führte ihn sofort zu Major Cerny. Dessen Gesicht erhellte sich, als er Bronstein erblickte. „Herr Oberst, das ist wirklich überaus freundlich von Ihnen, dass Sie sich die Mühe machen, an Ihrem freien Tag … ich meine, dass Sie uns mit Rat und Tat unterstützen.“ Cerny wusste nicht so recht, was er sagen sollte, und so sah er Bronstein einfach nur an und wartete, wie dieser reagieren würde.
    Bronstein beschränkte sich auf ein Nicken und besah sich dann die Leiche, die merkwürdig verkrümmt auf dem Bauch in ihrem eigenen Blut lag. Keine Frage, dieser Mann war buchstäblich erschlagen worden. Auch wenn die Kleidung den Körper immer noch bedeckte, so konnte es niemandem entgehen, dass der Leib über und über mit Hämatomen und ähnlichen Verletzungen übersät sein musste. Rund um den Toten hatte sich ein kleinerSee aus Wasser, Blut und wohl auch Urin gebildet, wahrscheinlich hatte das Opfer angesichts der Qualen, denen es ausgesetzt war, noch seine Blase entleert, ehe der Tod eingetreten war.
    Bronstein ging umständlich in die Knie und besah sich den Kopf des Toten näher. Fraglos befanden sich hier die entscheidenden, weil letalen, Verletzungen. Auch ohne Autopsie erkannte Bronstein, dass dem Opfer die Schädeldecke eingedrückt worden war. Vermutlich durch einen heftigen Tritt, wenngleich auch ein gewaltiger Schlag mit einem schweren Gegenstand nicht auszuschließen war. Doch dem Zustand der Leiche nach zu urteilen, rührten die Wunden größtenteils von festem Schuhwerk her, von genagelten Stiefeln vielleicht oder von Wanderschuhen. Angesichts dieser Erkenntnis konnte man davon ausgehen, dass der Tote recht lange gelitten hatte, ehe er endlich gestorben war. Und dieser Tod war alles andere denn ein leichter gewesen.
    Bronstein richtete sich wieder auf und blickte in die Runde: „Irgendwelche Zeugen?“, fragte er dann.
    „Eigentlich nicht“, kam Cernys zögernde Antwort.
    „Wer hat die Tat gemeldet?“
    „Das, bitte schön, war ich.“
    Ein glatzköpfiger Mann um die fünfzig, der bislang unbeteiligt daneben gestanden war, trat wie aufs Stichwort vor. Bronstein musterte ihn und bedeutete dem Mann sodann mit einer leichten Bewegung seiner rechten Hand, er möge fortsetzen.
    „Höller mein Name, Josef Höller. Ich bin hier der Hausmeister. Ich hab ihn gefunden, den Herrn Kommerzialrat. Gleich heut in der Früh, als ich meine übliche Runde drehen wollt. Und da is er dann g’legen, der Herr Kommerzialrat. Ich hab natürlich sofort g’wusst, da geht nix mehr, der is hin, ich mein’, der ist tot. Das sieht ma ja, net wahr. Und da bin ich dann zum Wirten ums Eck, weil der a Telefon hat, und von dort hab ich dann das Kommissariat verständigt.“
    Bronstein wartete einen Augenblick, ehe er auf Höllers Aussagen reagierte. Die Frage, die er nun gleich stellen würde, kam ihm banal vor, und doch schien sie ihm unvermeidlich: „Ist Ihnen, Herr Höller, etwas Besonderes

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