Taenzer der Nacht
oder eine Frau lieben, einen menschlichen Lieb haber, dessen Fürze gelegentlich die morgendliche Stille Eures Schlafzimmers durchbrechen, und der hier und da schlechte Laune hat, um die man sich kümmern muß.
Welcher Liebhaber hätte es den mit dem aufnehmen kön nen, den sich Ma lo ne in seiner Fantasie aufgebaut hatte? Wie jeder von uns. Wir waren doch verrückt, muß ich leider sagen. Unsere Liebhaber konnten gar nicht wirklich sein. War das nicht bei weitem das Sonderbarste? Die Art, wie wir sie liebten? Letz t lich waren wir doch nur Trinen. Mit den meisten von ihnen hätten wir nicht einmal geredet – weil wir zu feige waren? Schüchterne Mädchen, die darauf warten, daß man ihnen den Hof macht? Oder hatten wir alle den Verdacht, daß die Hälfte der ganzen Schönheit und Pracht dieses Lebens nur in unseren hypnotisierten Herzen und nicht in Wirklichkeit existierte? Wenn das der Fall war, waren wir Idioten: weil wir so romantisch waren. Du weißt, wir Trinen verabscheuten nichts so sehr wie Regen am Meer, kleine Schwänze und die Realität, in dieser Reihen folge. Naja, deshalb mußte ich jedenfalls da raus! Die Ver rückt heit von dem ganzen ging mir schließlich auf die Nerven, ich wollte eine richtige Veranda, einen richtigen Garten mit richtigen Eichen, und richtigen Blumen in richti gen Töpfen – und das habe ich jetzt auch, meine Liebe, als Schwuler im Ruhestand, sozusagen, und bin zufrieden mit den bescheidenen Freuden des Lebens. Wenn ich diesen Stift hinlege (meine Hand ist schon ganz steif), höre ich die Spottdrosseln draußen in den Gardenienbüschen vor mei nem Fenster, und es gibt auf Erden, croyez-moi, keinen süßeren Klang.
Diane von Fürstenberg
Vollmond
The Lower East Side
Vision,
ich habe Deinen Brief der Columbia Graduate School Facul ty vorgelegt, denn ich habe nur die Hälfte davon verstanden. Was Deinen Freund betrifft, der dachte, er habe Malone in Singapur gesehen, so habe ich diese Geschichte auch gehört. Ich hörte auch von einem Pan Am-Steward, der schwört, er habe ihn in Australien gesehen, auf einer Straße in Sydney. Könntest Du mir Hanks Adresse geben? Ich glau be, ich werde dieser Schule in Singapur schreiben und nach unserem Freund fragen. Ich habe schon versucht, Kon takt zu seiner Familie in Ohio aufzunehmen. Weil auch ich wissen will, was aus ihm geworden ist; es ist wichtig, denn irgendwie war er der eine, der über allem zu stehen schien, und was er macht, jetzt, da es vorbei ist (und das ist es, fürchte ich, wenn ich es auch hasse, mir das einzugestehen) fasziniert mich. Ich bezweifle aus den gleichen Gründen wie Du, daß er in der Everard-Sauna gestorben ist; obwohl es natürlich möglich wäre, denn die meisten Körper waren nur noch Asche, und konnten nicht identifiziert werden. Das wür de erklären, warum niemand ein Wort von Malone gehört hat – was mich überrascht, denn Malone war für so viele Leute der beste Freund, wenn er auch vermutlich kei nen von ihnen für seinen besten Freund hielt. Kannst Du Dir vorstellen, daß Malone sich die ganze Zeit über um keinen von uns gekümmert hätte? Das ist eine interessante Frage. Es ist oft der Fall bei Leuten, die diese große Gabe zu gefallen haben, die bezaubern, ohne es überhaupt zu wollen, oder nur zu gut wissen, wie man bezaubert. Es ist schon möglich, daß Malone nach Singapur oder Sydney ging und absolut kein Interesse mehr an uns Hinterbliebenen hat. Aber ich glaube, daß er ein zu warmherziges Wesen war (seine ganze Tragödie, wirklich). Oder ist das Schweigen ein Zeichen von Stolz? Wie bei dieser Gräfin in Paris, die an dem Tag, an dem sie ihre ersten Krähenfüße entdeckte, die Vorhänge ihres Palais zuziehen ließ und sich nie wieder in der Öffentlichkeit zeigte? Meine Teure!
Es gibt noch eine andere mögliche Erklärung für dieses völlige Schweigen, ein anderes als Stolz, Gleichgültigkeit oder die verzehrenden Flammen der Everard-Sauna – und damit kommen wir zu meiner letzten Theorie. Kannst Du Dich erinnern, wie fasziniert Malone war – richtig überwäl tigt – von dieser italienischen Subtrine, Mario Pross, die bei den Franziskanern eintrat? Wir kannten alle Trinen, die im Scherz sagten, sie wollten den Schleier nehmen, aber als Mario es wirklich tat, war Malone sprachlos. Schließlich war Mario Pross eine der schlimmsten der schlimmen Tölen. Die eine Woche arbeitete er noch an seinen Brüsten im Sheridan Square-Sportstudio (er sah wirklich sehr gut aus, wenn Du
Weitere Kostenlose Bücher