Tag der Entscheidung
Gelegenheit, ihr zu danken. Sie entließ ihn in die Obhut Lord Kedas, um seinen Treueeid zu schwören und die Worte unter das Kaiserliche Siegel zu setzen.
Als die Kaiserlichen Weißen und der Kanzler das Zimmer verlassen hatten, waren Mara und Justin allein mit Arakasi. Die Lady betrachtete den bemerkenswert talentierten Mann, der unzählige Verkleidungen angenommen hatte, vom niedrigsten Bettler in der Gosse bis zur glänzenden, goldumrandeten Rüstung eines Elitekriegers in Justins Gefolgschaft. Alles, was sie erreicht hatte, hatte sie zu einem großen Teil ihm zu verdanken. Seine vorurteilsfreie Wahrnehmungsfähigkeit und Auffassungsgabe hatten ihr mehr gedient als Treue, mehr als Pflicht oder Reichtum. »Es ist noch ein Posten unbesetzt«, sagte sie schließlich, und ihr Mund verzog sich bereits zu einem Lächeln. »Wollt Ihr den Mantel des Kaiserlichen Ersten Beraters annehmen? Ich bezweifle sehr, daß es jemand anderen mit einem ähnlich schnellen und scharfen Verstand gibt, der Justin aus Schwierigkeiten heraushalten könnte.«
Arakasi antwortete mit einem Grinsen, dessen Spontanität verblüffte. »Was hält Justin davon?«
Mara und ihr früherer Supai blickten den Jungen an, der ein niedergeschlagenes Gesicht machte.
»Er denkt, er wird bei seinen Eskapaden schlecht wegkommen«, schloß Mara mit einem Lachen. »Was die Angelegenheit also entscheidet. Nehmt Ihr an, Arakasi?«
»Ich wäre geehrt«, erwiderte er ernst. Dann zeigte sich Heiterkeit auf seinem Gesicht. »Mehr noch: Ich wäre hocherfreut.«
»Dann bereitet Euch darauf vor, morgen mit Eurer Arbeit zu beginnen«, meinte Mara. »Der heutige Tag gehört Euch, um Kamlio aufzusuchen.«
Arakasi zog eine Braue empor, und ein Ausdruck trat auf sein Gesicht, den noch niemand zuvor gesehen hatte.
»Was ist los?« fragte Mara sanft. »Hat das Mädchen Eure Werbung abgelehnt?«
Arakasis Gesicht spiegelte jetzt Erheiterung wider. »Das hat sie nicht. Tatsächlich hat sie mir erlaubt, Ihr den Hof zu machen – für eine ehemalige Kurtisane legt sie plötzlich ziemlich viel Wert auf Anstand. Ihre Stimmungen sind immer noch sehr wechselhaft, doch sie ist nicht mehr das mürrische Mädchen, das Ihr mit nach Thuril genommen habt.« Er schüttelte verwundert den Kopf. »Jetzt, da sie ihren Selbstwert erkannt hat, wird sich herausstellen müssen, ob ich eine geeignete Partie für sie bin.«
»Das seid Ihr«, versicherte Mara ihm. »Ich habe es gesehen. Zweifelt nicht daran.« Dann blickte sie den Mann genauer an, dessen Denken ihr eigenes zu neuen Höhen und in großen Sprüngen zu neuen Offenbarungen geführt hatte. »Ihr möchtet um einen Wunsch bitten«, erriet sie.
Arakasi blickte ungewöhnlich verdrossen drein. »Ja, das möchte ich tatsächlich.«
»Nennt ihn«, sagte Mara. »Wenn es in meiner Macht steht, ihn Euch zu gewähren, ist er bereits Euer.«
Der Mann in der unauffälligen grünumrandeten Robe, der schon bald das Weiß und Gold des Kaiserlichen Beamten tragen würde, lächelte schüchtern. »Ich möchte darum bitten, Kamlio in den Dienst Isashanis von den Xacatecas zu übergeben«, sagte er in einem Schwall verlegener Worte.
Mara lachte frei heraus. »Brillant!« meinte sie, sobald sie sprechen konnte. »Natürlich! Niemand, weder Mann noch Frau, konnte jemals dem Charme der Witwe der Xacatecas widerstehen. Kamlio wird es gutgehen bei ihr, und Ihr erhaltet eine hervorragend ausgebildete Ehefrau.«
Arakasis Augen blitzten. »Sie wird sicherlich Fähigkeiten im Manipulieren besitzen, die meinen besten Anstrengungen gleichkommen.«
Mara winkte ab. »Ihr braucht eine Frau mit Verstand, um Euren Scharfsinn aufrechtzuerhalten«, betonte sie. »Und jetzt geht und sagt Lady Isashani, daß die schwierigste Eheschließung im ganzen Kaiserreich ein Wollknäuel ist, das sie aufzudröseln hat. Sie wird hocherfreut dieser Aufgabe nachkommen, da bin ich sicher.«
»Weshalb?« wollte Justin wissen, als Arakasi sich anmutig vorgebeugt hatte und wie immer lautlos gegangen war. »Amüsieren sich alle Frauen dabei?«
Die Herrin des Kaiserreiches seufzte und blickte liebevoll auf ihren Sohn, dessen Direktheit manchmal peinlich sein konnte wegen seiner Fähigkeit, Wahrheiten auszusprechen, die ein Bruch der guten Sitten waren und nur zu häufig mit roten Ohren endeten. »Besuch den Harem deines Vorgängers, und du wirst es sehen«, sagte sie. Dann, als Justins Augen den unheiligen Glanz von Unfug annahmen, fügte sie hastig hinzu: »Andererseits kann dieser
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