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Tag des Opritschniks, Der

Tag des Opritschniks, Der

Titel: Tag des Opritschniks, Der Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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breite, mit einem chinesischen Läufer ausgelegte Treppe steigen wir hinauf in den ersten Stock. Hier sind die Gerüche vertrauter: Es riecht nach Lampenöl, Hartholz, alten Büchern und Baldrian. Gediegene Wohnräume, die Wände aus Bohlen gefügt und sorgfältig kalfatert. Zierhandtücher, Ikonenschreine, Truhen und Kommoden, Samoware, gekachelte Öfen. Wir verteilen uns auf die Zimmer, durchsuchen sie. Keiner da. Ist die Laus etwa entwischt? Wir laufen umher, fahren mit den Knüppeln unter die Betten, durchstöbern die Wäsche, zertümmern die Kleiderschränke. Der Hausherr ist nirgends zu finden.
    »Er wird doch nicht durch den Schornstein entfleucht sein?«, brummt Posocha.
    »Vielleicht, dass das Haus einen Geheimgang hat«, meint Kreplo, während er mit seinem Knüppel in einer Kommode herumstochert.
    »Das Gelände ist von Strelitzen umstellt, wo soll er da hin?«, entgegne ich.
    Wir steigen hinauf ins Dachgeschoss. Es hat einen Wintergarten, einen Steingarten, eine Rieselwand, Ertüchtigungsgeräte, eine Sternwarte. Die haben sie jetzt alle … Was ich überhaupt nicht verstehen kann. Astronomie hin, Astrologie her, das sind großartige Wissenschaften, aber was braucht es dazu ein Fernrohr? Damit lässt sich doch nichts orakeln! Die Nachfrage nach Fernrohren in der Hauptstadt ist einfach sagenhaft, es will einem nicht in den Kopf. Selbst der Alte hat sich so ein Ding auf sein Grundstück gestellt. Allerdings hat er nie Zeit durchzugucken.
    Posocha scheint meine Gedanken zu lesen. »Diese Bonzen und Geldschneider glotzen sich dumm und dämlich an ihren Sternen. Was sie dort nur zu finden glauben? Den Tod?«
    »Vielleicht den lieben Gott?«, witzelt Chrul und klopft dreimal mit dem Knüppel an den Stamm einer Palme.
    »Lästere nicht!«, weist die Stimme vom Alten ihn augenblicklich zurecht.
    »Entschuldige, Ältester«, sagt Chrul und schlägt hastig ein Kreuz. »Mich hat der Teufel geritten.«
    »Und wozu sucht ihr Töffel auf die altmodische Tour?«, hat der Alte noch etwas zu maulen. »Schaltet gefälligst den Spürhund ein!«
    Wir folgen der Anweisung. Surrend pegelt das Gerät sich ein und zeigt in Richtung Erdgeschoss. Wir gehen wieder nach unten. Die Suchmaschine führt uns zu den zwei chinesischen Vasen. Es sind hohe, bauchige Bodenvasen, sie überragen mich. Wir wechseln Blicke, zwinkern uns zu. Ich deute mit dem Kopf auf Chrul und Siwolai. Sie holen aus und lassen ihre Knüppel gegen die Vasen knallen. Das dünne Porzellan zerspringt wie die Schale von einem großen Drachenei. Und aus den Eiern schlüpfen – wie Castor und Pollux – die Kinder des Edelmanns! Purzeln über den Teppich und brüllen los. Drei, vier … sechs Bälger. Alle weißblond, eins kleiner als das andere.
    »Na, sieh einer an«, kichert der unsichtbare Alte. »Was der Gauner sich hat einfallen lassen!«
    »Scheint vor Angst übergeschnappt zu sein!«, meint Siwolai mit einem scheelen Blick auf die Kinder.
    Kein guter Blick ist das. Aber wir rühren die Kinder nicht an. Hätte der Befehl gelautet: Gewürm zertreten, dann ja. Aber so … Unnötiges Blutvergießen ist nicht unsere Art.
    Die Männer fangen die quietschenden Kleinen wie Rebhühner ein, tragen sie unter die Arme geklemmt davon. Draußen ist schon Dorfvogt Awerjan Trofimytsch, das Hinkebein, mit seinem gelben Autobus vorgefahren. Der bringt die Kleinen in seinem Waisenhaus unter, wo er sie nicht verderben lässt, auf dass sie heranwachsen zu ehrbaren Bürgern unseres großmächtigen Vaterlandes.
    Auf Kindergebrüll beißen hochwohlgeborene Gattinnen an wie auf einen Köder: Auch Kunizyns Gemahlin hat es nicht ausgehalten und losgezetert in ihrem Unterschlupf. Ein Weiberherz ist nun mal kein Stein. Wir gehen dem Schrei nach – er kam aus der Küche. Wir lassen uns Zeit. Treten ein, schauen uns um. Eine schöne Küche hat dieser Iwan Iwanowitsch. Geräumig, eingerichtet mit allen Schikanen: Es gibt mehrere Anrichten, Herde, Regale aus Glas und aus Stahl für das Geschirr und die Gewürze, es gibt ausgetüftelte Röhren mit heißen und mit kalten Strahlen und anderem fremdländischem Heiteck-Heckmeck, verschlungene Absaugrohre, durchsichtige Kühlschränke, sogar mit Beleuchtung, Messer für jeden erdenklichen Zweck – und in aller Mitten einen großen, guten, weiß getünchten russischen Ofen. Daran hat Iwan Iwanowitsch recht getan.Was wäre eine Tafel rechtgläubiger Menschen ohne eine Krautsuppe, ohne einen Grützbrei aus dem russischen Ofen? Lässt sich in einem

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