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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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bedeutete, dass Bernard die Wohnung gehörte. Es stand absolut außer Frage, dass jemand so weit außerhalb der Stadt wohnte, es sei denn, er musste.
    Ich stolperte mit meinen unglaublich hohen High Heels die Hauptstraße von Swords hinunter. Schon immer war mir klar gewesen, warum man sie auch »Killer Heels« nennt, aber vielleicht entsprach der Schmerz ja dem von Geburtswehen: Am nächsten Tag ist alles restlos vergessen.
    Man nehme zum Beispiel meine Schwester Jane. Drei Kinder im Bauch gehabt, aber bittet man sie, die Höllenqualen einer Geburt in allen Details zu beschreiben, kann sie es einfach nicht. Wenn man meckert, sagt sie einfach, sie könne sich nicht daran erinnern. Ja, mit den High Heels ist es genauso.
    Jetzt schrien mich meine Füße gellend an, dafür hatte
sich die Massenkarambolage in meinem Kopf allerdings auf ein erträgliches Pochen reduziert.
    Bernard hatte mir Aspirin gegeben, gleich zwei, die sich zischend in einem großen Glas Wasser auflösten. Selbst dieses zischende Geräusch verursachte mir Kopfschmerzen, und es dauerte eine Weile, bis ich mich zwingen konnte, das Glas an den Mund zu führen. Er machte mir Kaffee (man beachte: richtigen, nicht die übliche Instantplörre) und bot mir sogar seine Ersatzzahnbürste an (ja, darüber wunderte ich mich). Shane wurde nicht mehr erwähnt. Außerdem vermieden wir auch die Themen Politik und Religion. Genau genommen vermieden wir alles, was dem heiklen Zustand zweier Menschen abträglich sein könnte, die einander kaum kennen und gemeinsam an einem Ort frühstücken, an dem einer der beiden fragen muss, wo sich das Badezimmer befindet.
    Während ich die Straße hinunterwankte, sammelten sich verschwommene Details der vergangenen Nacht in meinem Gedächtnis, gähnten und streckten sich und machten sich zum Angriff bereit.
    Ja, wirklich, die fast volle Flasche Baileys war abgelaufen gewesen; Katya, die russische Reinigungskraft, hatte sie hinten im Getränkeschrank des Sitzungsraums gefunden. Angesichts der Tatsache, dass sie meinen Schreibtisch niemals mit einem Staubwedel beehrt, kann ich mir nicht vorstellen, warum sie im Inneren eines Getränkeschranks abstaubte. Egal.
    »Ist alt«, erklärte sie und stellte die Flasche mit großer Feierlichkeit auf meinen Tisch – ganz wie die wahre KGB-Agentin, für die wir sie alle hielten.
    »Ist nix gut«, fuhr sie fort und wirbelte mit einem Schnalzen ihres Flederwischs rund um meinen Kopf Staubflocken in die Luft.

    »Sagen Sie nichts mehr, Katya, ich werde mich darum kümmern«, gab ich würdevoll zur Antwort. Ich meine, es war Alkohol, nicht wahr? Je älter, desto besser, oder?
    All die höheren Tiere waren weg zu irgendeiner Tagung oder etwas anderem (genau genommen zu einer Versammlung des Krisenstabs, um Themen wie Entlassungen und Ähnliches zu erörtern, wie Bernard mir sagte). Der springende Punkt war, dass wir das ganze Büro für uns allein hatten, Freitagnachmittag war und ich nach Ablenkung suchte. Ich holte aus der Küche ein paar Pappbecher (angeliefert mit dem Trinkwasserspender), schickte ein paar Leuten, die an diesem schläfrigen Freitagnachmittag noch im Büro waren, eine Rund-Mail und lud sie unter dem Motto »Kommt so, wie ihr seid« zu einer Bürofete ein. Veranstaltungsort: mein Schreibtisch, Uhrzeit: asap. In weniger als fünf Minuten hatte sich um meine »Arbeitszone«, wie ich sie nannte, lachend eine kleine Gruppe von Bürodelinquenten zusammengefunden.
    »Was machen wir mit Sarah?« Ethan stellte die Frage in theatralischem Flüsterton. Sarah war die Empfangsdame des Unternehmens, eine kleine Frau unbestimmten Alters und unbestimmter sexueller Ausrichtung, doch den Mangel an Statur machte sie durch Lautstärke und Bösartigkeit wett. Wir nannten sie die Bulldogge, allerdings nur, wenn wir wussten, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Gebäude aufhielt oder, besser noch, außer Landes war. Obwohl sie jegliche Form von Unternehmung missbilligte, bei der auch nur die entfernteste Möglichkeit bestand, dass die Leute sich amüsierten, hasste sie es, übergangen zu werden.
    »Mach dir keine Sorgen, Ethan«, beruhigte ich ihn. »Ich habe ihr gemailt, von daher sind wir auf der sicheren Seite. Und das Gute ist, dass sie den Empfang nicht verlassen kann, du hast also nichts zu befürchten.«

    Ethan war unser Schatz von Vertriebsleiter, der gleichzeitig als universell einsetzbares Mädchen für alles fungierte, wann immer die Knaben aus der Vorstandsetage eine Briefmarke zum

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