Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
und doch menschlichen Geschöpfen um ihn herum.
Jetzt würde er alle Schwüre brechen. Er küßte Elenas kalte Stirn und legte sie unter einen Weidenbaum. Später, wenn alles vorbei war und er noch die Kraft hatte, würde er wiederkommen, um mit ihr vereint zu sein. Wie er vermutet hatte, war die unheimliche Macht über Bonnie und Meredith hinweggefegt und ihm gefolgt. Doch sie hatte sich zurückgezogen und lauerte jetzt in den Schatten. Er würde sie nicht zu lange warten lassen.
Durch Elenas Gewicht nicht mehr behindert, rannte er geschmeidig wie ein Raubtier die leere Straße entlang. Der peitschende Eisregen und der heulende Wind störten ihn nicht.
Seine Jagdinstinkte durchdrangen mühelos das Chaos, das das Wetter anrichtete.
Er richtete seine ganzen Sinne darauf, das Wild aufzuspüren, das er brauchte. Jetzt nicht an Elena denken! Erst später, wenn alles vorüber war. Tyler und seine Freunde befanden sich immer noch in der Quonset-Hütte. Sie wußten nicht, wie ihnen geschah, als plötzlich ein Fenster splitternd zerbrach und der Sturm hineinblies.
Stefan wollte töten, als er Tyler beim Hals packte und seine Zähne hineinsenkte. Das war einer seiner Schwüre gewesen, niemals zu töten, und er wollte ihn brechen. Aber einer der Schläger kam ihm in die Quere, bevor er seinen Vorsatz wahrmachen konnte. Der Typ versuchte nicht, seinen angegriffenen Anführer zu verteidigen, sondern wollte nur abhauen. Es war sein Pech, daß ihn der Fluchtweg an Stefan vorbeiführte. Stefan warf ihn zu Boden und griff ihn an.
Das frische Blut schenkte ihm neue Kraft, erwärmte ihn, rann durch seine Adern wie Feuer. Es schürte sein Verlangen nach mehr. Macht. Leben. Sie besaßen, was er brauchte. Er fühlte, wie seine Kraft nach langer Zeit endlich zurückkam. Einen nach dem anderen schlug er die zu Boden, die ihn eigentlich hatten töten wollen, und stillte seinen Hunger. Er war beim letzten angekommen, als er Caroline in der Ecke kauern sah.
Ihr Gesicht war furchtverzerrt, ihr weißer Mund formte lautlose Worte. Stefan packte sie bei der grünen Schärpe ihres Kleides und zog sie auf die Füße. Sie stöhnte. Ihre Augen rollten, bis man nur noch das Weiße darin sah. Er packte ihr langes, kastanienbraunes Haar, riß es zurück, bis der weißschimmernde Hals freilag, und machte sich bereit, zuzustoßen. Caroline schrie auf und wurde ohnmächtig.
Er ließ sie fallen. Sein Hunger war sowieso gesättigt. Er hatte sich noch nie so stark gefühlt, so erfüllt von Kraft. Jetzt war er bereit für Damon. Auf demselben Weg, wie er gekommen war, verließ er die Quonset-Hütte. Doch diesmal nicht in menschlicher Gestalt. Ein prächtiger Jagdfalke flog aus dem Fenster und stieg zum Himmel hoch.
Die neue Form war wunderbar. Stark... und grausam. Sein Blick war schärfer als je zuvor. Er streifte über die Eichen und suchte nach einer bestimmten Lichtung. Er fand sie. Der Wind versuchte, ihn abzudrängen, aber der Falke stieß dennoch mit einem durchdringenden Kampfschrei nach unten. Damon, der in menschlicher Gestalt dort stand, hob die Arme schützend vors Gesicht,
als der Vogel angriff. Stefan riß blutige Fetzen Haut aus seinen Armen und hörte, wie Damon vor Wut und Schmerz aufschrie.
Ich bin nicht mehr dein schwacher, kleiner Bruder. Stefan schickte diesen Gedanken mit Wucht zu Damon. Und diesmal will ich dein Blut. Er fühlte Damons Haß, doch die Stimme in seinem Kopf klang spöttisch. So, das ist also der Dank dafür, daß ich dich und deine Verlobte gerettet habe? Stefan breitete die Schwingen aus und stieß erneut hinab. Er kannte nur noch ein Ziel. Töten. Er zielte auf Damons Augen, und der Stock, den Damon aufgehoben hatte, fuhr peitschend an seinem neuen Körper vorbei. Die Krallen des Falken bohrten sich in Damons Wange, und sein Blut floß. Gut. Du hättest mich nicht am Leben lassen sollen, teilte er Damon mit. Du hättest uns beide zusammen töten sollen. Diesen Fehler korrigiere ich nur zu gern! Damon war zunächst überrumpelt worden, doch jetzt konnte Stefan spüren, wie er Kraft sammelte, sich wappnete und bereit machte. Aber erst verrate mir einmal, wen ich denn dieses Mal getötet haben soll. Der Verstand des Falken konnte den Tumult der Gefühle nicht verarbeiten, den diese ironische Frage hervorrief. Kreischend warf er sich wieder auf Damon, doch diesmal traf der schwere Stock sein Ziel. Verletzt, mit einem
hängenden Flügel ließ der Falke sich hinter Damons Rücken zu Boden fallen. Stefan
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