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Tagebuch für Nikolas

Tagebuch für Nikolas

Titel: Tagebuch für Nikolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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bei der Hochzeit der Kennedys. Ich war ein Gast von Carolyn, Michael war ein Gast von John. Die Hochzeit war zauberhaft, voller Hoffnung und Versprechen. Vielleicht trug es dazu bei, dass wir uns zueinander hingezogen fühlten.
    Was uns in den nächsten vier Jahren zusammenhielt, war ein wenig komplizierter. Zum Teil war es bloße körperliche Anziehung, und irgendwann möchte ich mit dir darüber sprechen - aber nicht jetzt. Michael war - und ist - hochgewachsen und sieht mit seinem strahlenden Lächeln umwerfend aus. Wir hatten eine Menge gemeinsamer Interessen. Ich liebte seine Geschichten, die immer so drollig waren, lakonisch und bissig; ich hörte ihm auch gerne zu, wenn er Klavier spielte und alles Mögliche sang, von Sinatra bis Sting. Wir waren beide Workaholics - ich am Massachusetts General, Michael am Children’s Hospital in Boston.
    Aber nichts von alledem macht eine wirkliche Liebe aus, Nikolas. Glaub mir.
    Ungefähr vier Wochen nach meinem Herzanfall wachte ich eines Morgens gegen acht Uhr auf. Das Apartment, in dem wir wohnten, war ruhig, und ich genoss eine Weile den Luxus der friedlichen Stille. Sie schien heilsam auf mich zu wirken. Schließlich stand ich auf und ging in die Küche, um mir ein Frühstück zu machen, bevor ich zur Reha ging.
    Ich schreckte zurück, als ich ein Geräusch hörte: das Schleifen eines Stuhls auf dem Fußboden. Nervös schaute ich nach, wer dort war.
    Es war Michael. Ich war überrascht, ihn noch in der Wohnung zu sehen, da er meistens gegen sieben aus dem Haus war. Er saß an dem kleinen Kiefernholztisch in der Essecke.
    »Ich hätte beinahe den nächsten Herzanfall bekommen«, sagte ich und hielt das für einen ziemlich guten Witz.
    Michael lachte nicht. Er klopfte mit der Hand auf den Stuhl neben sich.
    Dann nannte er mir mit der Ruhe und Bedächtigkeit, die ich von ihm gewöhnt war, die drei Gründe, warum er mich verlassen würde: Er sagte, dass er mit mir nicht so reden könnte wie mit seinen Freunden, und er könnte sich auch nicht so verhalten. Er glaubte auch nicht mehr daran, dass ich ein Kind bekommen könnte, wegen meines Herzanfalls. Und er hatte sich bereits in eine andere Frau verliebt.
    Ich lief aus der Küche und aus dem Haus. Der Schmerz, den ich an diesem Morgen fühlte, war sogar noch schlimmer als der Herzanfall. Nichts stimmte in meinem Leben; ich hatte bis jetzt alles falsch gemacht. Alles!!!
    Ich war gerne Ärztin, aber ich arbeitete in einem großen und ziemlich bürokratischen Großstadtkrankenhaus, und das war einfach nicht das Richtige für mich.
    Ich habe sehr hart gearbeitet, weil es sonst nichts von Wert in meinem Leben gab. Ich verdiente um die hundertzwanzigtausend Dollar im Jahr, aber ich gab sie für Abendessen in der Stadt aus, für Wochenendreisen und für Kleider, die ich nicht brauchte oder die mir nicht einmal richtig gefielen.
    Ich hatte mir mein Leben lang Kinder gewünscht, und jetzt saß ich da ohne einen Menschen, der mir etwas bedeutete, ohne Kind, ohne Plan und ohne Aussicht, irgendetwas daran zu ändern.
    Ich werde dir sagen, was ich getan habe, mein kleiner Liebling.
    Ich fing an, nach der Lektion der fünf Kugeln zu leben.
    Ich kündigte meine Stelle im Massachusetts General. Ich verließ Boston. Ich verließ meinen mörderischen Schichtplan und meine vielen, vielen Aufgaben. Ich zog an den einzigen Ort, an dem ich immer glücklich gewesen war. In Wirklichkeit ging ich dorthin, um ein gebrochenes Herz zu heilen.
    Wie ein unbeholfener Tourist
    kam ich auf Martha’s Vineyard an, Nicky. Ein Tourist, der das Gepäck seiner Vergangenheit mit sich herumschleppte und noch nicht genau wusste, was er eigentlich damit anfangen sollte. Ich würde die ersten paar Monate damit verbringen, die Regale mit gesunden Nahrungsmitteln zu füllen, frisch vom Bauernhof, und alte Abonnements zu kündigen, die mir zu meinem neuen Heim nachgeschickt worden waren. Und ich würde mich in einer neuen Arbeitsstelle einrichten.
    Seit der Zeit, als ich fünf Jahre alt war, bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr hatte ich den Sommer mit meinen Großeltern auf Martha’s Vineyard verbracht. Mein Großvater war Architekt, genau wie mein Vater, und er konnte von zu Hause aus arbeiten.
    Meine Großmutter Isabelle war Hauswirtschafterin, und sie hatte die Begabung, aus unserem Arbeits-und Wohnbereich den gemütlichsten und liebevollsten Ort zu machen, den ich mir vorstellen konnte.
    Es gefiel mir sehr, wieder auf Martha’s Vineyard zu sein; mir gefiel

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