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Tagebuch für Nikolas

Tagebuch für Nikolas

Titel: Tagebuch für Nikolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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einfach alles dort. Gus und ich gingen fast jeden Abend zum Strand, und dann saßen wir dort, bis das Tageslicht verschwunden war. Die erste Stunde spielten wir Ball, manchmal auch Frisbee. Dann kuschelten wir uns auf einer Decke zusammen, bis die Sonne unterging.
    Ich hatte die Praxis eines praktischen Arztes übernommen, der nach Illinois zog. Wir tauschten gewissermaßen unser Leben: Er ging genau zu der Zeit nach Chicago, als ich das Stadtleben hinter mir ließ. Meine Praxis war eine von fünf in einem Haus mit weißer Holzverschalung in Vineyard Haven. Das Haus war über hundert Jahre alt und hatte vier schöne, antike Schaukelstühle auf der Veranda. Ich hatte sogar einen Schaukelstuhl an meinem Arbeitstisch.
    Landärztin. Das besaß einen wundervollen Klang für mich, so wie die Pausenglocke einer alten Landschule. Ich hatte die Idee, ein hölzernes Schild herauszuhängen, auf dem nur stand: SUZANNE BEDFORD - LANDÄRZTIN.
    In meinem zweiten Monat auf Martha’s Vineyard kamen die ersten Patienten.
    Emily Howe, siebzig, Teilzeitbibliothekarin, geachtetes Mitglied der Töchter der Amerikanischen Revolution, hart und unerschütterlich und gegen jede Neuerung, die nach dem Jahr 1900 gekommen war. Diagnose: Bronchitis. Prognose: gut.
    Dorris Lathem, dreiundneunzig, hatte schon drei Ehemänner, elf Hunde und einen Hausbrand überlebt. Gesund wie ein Pferd. Diagnose: zähes altes Mädchen. Prognose: wird ewig leben.
    Earl Chapman, Geistlicher der Presbyterianer. Allgemeine Aussichten: immer seine eigenen. Diagnose: mögliches Wiederauftreten dessen, was der Herr vielleicht »seine Schuld begleichen« nennen würde.
    Meine erste Patientenliste las sich wie das Who Is Who in einem Gedicht von William Carlos. Ich stellte mir vor, wie Dr. Williams auf seiner Runde die Straßen auf Martha’s Vineyard entlangschritt, und von den Hügeln in der Ferne blies ein eisiger Wind; die Milch an jeder Sammelstelle war vereist, die berühmte Schubkarre war im winterlichen Schlamm festgefroren. Dort würde Dr. Williams am späten Nachmittag einen Hausbesuch bei dem Jungen machen, der von seinem Schlitten gefallen war und sich zugleich mit seinem Stolz auch den Arm gebrochen hatte.
    Das war das Richtige für mich. Ich stellte mir eine Welt vor, die Millionen Meilen und tausend Jahre von der Zeit entfernt war, als ich in Boston lebte.
    Aber in Wirklichkeit war ich gerade auf der Route 6 auf der anderen Seite des Vineyard Sound.
    Ich wusste nicht, Nikolas,
    dass hier die Liebe meines Lebens war - dass sie hier gleichsam auf mich wartete. Hätte ich es gewusst, wäre ich direkt in Daddys Arme gelaufen. Binnen eines Herzschlags.
    Als ich nach Martha’s Vineyard kam, war ich unsicher und mir in allen Dingen unschlüssig; vor allem wusste ich nicht, wo ich mich niederlassen sollte. Ich fuhr umher und suchte nach einem Ort, der »Zuhause« zu mir sagte. »Hallo, hier wird es dir gut gehen, such nicht weiter.«
    Es gibt sehr viele schöne Fleckchen auf unserer Insel, und obwohl ich sie auf verschiedene Weise kannte, so war sie dieses Mal doch ganz anders für mich.
    Alles war anders, weil ich mich anders fühlte. Up-Island war für mich immer etwas Besonderes gewesen, weil ich dort so viele herrliche Sommer verbracht hatte. Es lag wie ein Bilderbuch aus der Kindheit vor mir, voller Farmen und Zäune, voller Feldwege und Klippen. Down-Island hingegen war ein Durcheinander aus Promenaden und Spazierwegen, Aussichtspunkten, Leuchttürmen und Häfen.
    Es war ein Bootshaus aus der Zeit um 1900, das schließlich mein Herz eroberte. Und bis heute erobert hat. Dies war wirklich ein Zuhause.
    Es musste instand gesetzt werden, aber es war winterfest, und ich verliebte mich auf den ersten Blick in das Haus, beim ersten Geruch, bei der ersten Berührung. Alte Balken, unter denen einst die Boote geschaukelt hatten, verliefen kreuz und quer unter der Decke. Im Obergeschoss habe ich später Luken in die Ecken bauen lassen, damit das Sonnenlicht hereinfallen konnte. Die Wände mussten meerblau gestrichen werden, weil das ganze Erdgeschoss sich zur See öffnete. Große Türen, Scheunentoren ähnlich, glitten nach backbord und steuerbord, um hereinzulassen, was draußen auf See gewesen war.
    Kannst du dir vorstellen, Nick, dass ich praktisch direkt am Strand wohnte? Und alles in mir, Körper und Seele, wusste ganz sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sogar meine praktische Seite stimmte dem zu. Ich wohnte jetzt zwischen Vineyard Haven

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