Tagebücher: 1909-1923
begründete Hoffnung auf bessern Schlaf.
Ich gieng wie gewöhnlich abends nach Geschäftsschluß nachhause, da wurde mir, als hätte man mir aufgepaßt, aus allen drei Fenstern der Genzmerischen Wohnung lebhaft zugewinkt, ich möchte hinaufkommen.
22 II 14
Vielleicht bin ich doch noch trotz des unausgeschlafenen (gestern Malerin Dittrich, weißhaarig, schwarzäugig) links oben vor Unruhe fast schmerzenden Kopfes einer ruhigen Anlage eines größern Ganzen fähig, in dem ich alles vergessen könnte und nur meines Guten mir bewußt würde.
Direktor an seinem Tisch. Diener bringt eine Karte.
D. Schon wieder Nitte, das ist eine Klette, der Mensch ist eine Klette.
23. II 14. Ich fahre. Brief von Musil. Freut mich und macht mich traurig, denn ich habe nichts.
8 III 14 Wenn F. den gleichen Widerwillen vor mir hat, wie ich, dann ist eine Heirat unmöglich. Ein Prinz kann Dornröschen und noch ärgeres heiraten, aber Dornröschen kann kein Prinz sein.
Ein junger Mann reitet auf einem schönen Pferd aus dem Tor einer Villa.
Die Großmutter hatte als sie starb zufällig nur die Krankenschwester bei sich. Diese erzählte, daß sich die Großmutter knapp vor dem Tode ein wenig von dem Polster erhoben habe, so daß es den Anschein hatte, als suche sie jemanden, und daß sie sich dann ruhig zurückgelegt habe und gestorben sei.
Ich bin unzweifelhaft in einer mich ganz umgebenden Hemmung, mit der ich aber noch ganz gewiß nicht verwachsen bin, deren zeitweise Lockerung ich merke und die gesprengt werden könnte. Es gibt zwei Mittel, heiraten oder Berlin, das zweite ist sicherer, das erste unmittelbar verlockender.
Ich untertauchte und fand mich bald zurecht. Eine kleine Schar schwebte in ansteigender Kette vorüber und verlor sich im Grün. Glocken vom Treiben des Wassers hin- und hergetragen – falsch
9. III 14
Rense gieng paar Schritte durch den halbdunklen Gang, öffnete die kleine Tapetentür des Eßzimmers und sagte zu der überlauten Gesellschaft, fast ohne hinzusehn: Bitte seid ein wenig ruhig. Ich habe einen Gast. Ich bitte um etwas Rücksicht. Als er wieder in sein Zimmer zurückgieng und den unveränderten Lärm hörte, stockte er einen Augenblick, wollte nochmals zurückgehn, besann sich aber anders und kehrte in sein Zimmer zurück.
Dort stand ein etwa 18 jähriger Junge beim Fenster und sah auf den Hof hinab. Es ist schon ruhiger sagte er als Rense eintrat und hob seine lange Nase und seine tiefliegenden Augen zu ihm auf. Es ist gar nicht ruhiger sagte Rense und nahm einen Schluck aus der Bierflasche die auf dem Tische stand, Ruhe kann man hier überhaupt nicht haben. Daran wirst Du Dich gewöhnen müssen, Junge
Ich bin zu müde, ich muß mich durch Schlaf zu erholen suchen, sonst bin ich in jeder Hinsicht verloren. Was für Mühen sich zu erhalten! Kein Denkmal braucht solchen Aufwand von Kräften, um aufgerichtet zu werden.
Die Argumentation im allgemeinen: Ich bin an F. verloren.
Rense, ein Student, saß in seinem kleinen Hofzimmer und studierte. Die Magd kam und meldete, ein junger Mann wolle mit Rense sprechen. Wie heißt er denn? fragte Rense. Die Magd wußte es nicht.
Ich werde hier F. nicht vergessen, daher nicht heiraten
Ist das ganz bestimmt?
Ja, das kann ich beurteilen, ich bin fast 31 Jahre alt, kenne F. fast zwei Jahre, muß also schon einen Überblick haben. Außerdem aber ist hier meine Lebensweise eine derartige, daß ich nicht vergessen kann, selbst wenn F. keine solche Bedeutung für mich hätte. Die Einförmigkeit, Gleichmäßigkeit, Bequemlichkeit und Unselbstständigkeit meiner Lebensweise halten mich dort, wo ich einmal bin, unweigerlich fest. Außerdem habe ich einen mehr als gewöhnlichen Hang zu einem bequemen und unselbständigen Leben, alles Schädigende wird also noch durch mich verstärkt. Endlich altere ich doch auch, Umwandlungen werden immer schwerer. In alledem aber sehe ich ein großes Unglück für mich, das dauernd und aussichtslos wäre; ich würde mich auf der Gehaltsleiter und in den Jahren fortschleppen und immer trauriger und einsamer werden, solange ich es eben berhaupt aushielte
Du hast doch aber ein solches Leben Dir gewünscht?
Das Beamtenleben könnte fü r mich gut sein, wenn ich verheiratet wäre. Es gäbe mir in jeder Hinsicht gegenüber der Gesellschaft, gegenüber der Frau, gegenüber dem Schreiben einen guten Rückhalt, ohne allzuviel Opfer zu verlangen und ohne auf der andern Seite in
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