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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Antwort, gedemütigt.
    16. XII 13

    “Der Donnerschrei des Entzückens der Seraphim”
    Ich saß bei Weltsch im Schaukelstuhl, wir sprachen über die Unordnung unseres Lebens, er immerhin mit einer gewissen Zuversicht (“Man muß das Unmögliche wollen”) ich auch ohne diese, mit dem Blick auf meine Finger, im Gefühl Stellvertreter meiner innern Leere zu sein, die ausschließlich ist und nicht einmal übermäßig groß.
    Brief an Bl.
    17. (Dezember 1913) Brief an W. mit dem Auftrag. “Überfließend sein und doch nur ein Topf auf einem kalten Herd”
      Vortrag Bergmann “Moses und die Gegenwart”. Reiner Eindruck. Wie sich der Mensch hinaufgehoben hat, er hat sich wirklich irgendwo in der Höhe festgeklemmt. Und als Junge war er wegzublasen, in allem, aber vielleicht doch nicht in allem und es war nur mein Unverstand, der das glaubte. – Ich habe jedenfalls damit nichts zu tun. Zwischen Freiheit und Sklaverei kreuzen sich die wirklichen schrecklichen Wege ohne Führung für die kommende Strecke und unter sofortigem Verlöschen der schon zurückgelegten. Solcher Wege gibt es unzählige oder nur einen man kann das nicht feststellen, denn es gibt keine Übersicht. Dort bin ich. Ich kann nicht weg. Ich habe mich nicht zu beklagen. Ich leide nicht übermäßig, denn ich leide nicht zusammenhängend, es häuft sich nicht an, wenigstens fühle ich es vorläufig nicht, und die Größe meines Leidens liegt weit unter jenem Leiden, das mir vielleicht zukäme.
      Die Silhouette eines Mannes, der mit halb und verschiedenartig in die Höhe gehobenen Armen sich gegen vollständigen Nebel wendet, um hineinzugehn.
      Die schönen kräftigen Sonderungen im Judentum. Man bekommt Platz. Man sieht sich besser, man beurteilt sich besser.
    18. (Dezember 1913) Ich gehe schlafen, ich bin müde. Vielleicht ist es dort schon entschieden. Viele Träume darüber.
    Falscher Brief von Bl.
    19 (Dezember 1913) Brief von F. Schöner Morgen, Wärme im Blut.
    20 (Dezember 1913) kein Brief
      Die Wirkung eines friedlichen Gesichts, einer ruhigen Rede, besonders von einem fremden, noch nicht durchschauten Menschen. Die Stimme Gottes aus einem menschlichen Mund

      Ein alter Mann gieng an einem Winterabend im Nebel durch die Gassen. Es war eiskalt. Die Gassen waren leer. Kein Mensch kam nahe an ihm vorüber, nur hie und da sah er in der Ferne halb im Nebel einen großen Polizeimann oder eine Frau in Pelzwerk oder Tüchern. Ihn kümmerte nichts, er dachte nur daran einen Freund zu besuchen, bei dem er schon lange nicht gewesen war und der ihn gerade jetzt durch ein Dienstmädchen hatte holen lassen.
      Es war schon weit nach Mitternacht, als es an die Zimmertür des Kaufmanns Messner leise klopfte. Er mußte nicht geweckt werden, er schlief immer erst gegen Morgen ein, bis dahin aber pflegte er bäuchlings wach im Bett zu liegen, das Gesicht ins Kissen gedrückt, die Arme ausgestreckt und die Hände über dem Kopf verschlungen. Er hatte das Klopfen gleich gehört “Wer ist es?” fragte er. Ein unverständliches Murmeln, leiser als das Klopfen antwortete. Es ist offen sagte er und drehte das elektrische Licht auf. Ein kleines schwaches Frauenzimmer in einem großen grauen Umhängetuch trat ein.
    2 I 14 Mit Dr. Weiß viel Zeit gut verbracht
    4. I 14

    Wir hatten eine Mulde im Sand ausgegraben in der wir uns ganz wohl befanden. In der Nacht rollten wir uns im Innern der Mulde zusammen, der Vater deckte sie mit Baumstämmen und darüber geworfenem Strauchwerk zu und wir waren von Stürmen und Tieren möglichst gesichert. “Vater” riefen wir oft ängstlich wenn es unter den Hölzern schon ganz dunkel war und der Vater noch immer nicht erschien. Aber dann sahen wir schon durch eine Spalte seine Füße, er glitt zu uns herein, beklopfte jeden ein wenig, denn es beruhigte uns, wenn wir seine Hand fühlten und dann schliefen wir alle förmlich gemeinsam ein. Wir waren außer den Eltern 5 Jungen und 3 Mädchen, es war zu eng für uns in der Mulde, aber wir hätten Angst gehabt, wenn wir in der Nacht nicht so nahe an und aufeinander gewesen wären.
    5. I 14 nachmittag. Goethes Vater ist in Verblödung gestorben, zur Zeit seiner letzten Krankheit arbeitete G. an der Iphigenie
      “Schaff das Mensch nachhause, es ist besoffen” sagt irgend ein Ho fbeamter zu Goethe über Christiane
      Der wie seine Mutter saufende August, der sich mit Frauenzimmern in gemeiner Weise herumtreibt.
      Die ungeliebte Ottilie, die ihm aus

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