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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Verurteilte; ich habe das Unrecht getan, wegen dessen sie gefoltert wird und bediene außerdem das Folterinstrument. – Mit ihrer Abfahrt (der Wagen mit ihr und Ottla umfährt den Teich, ich schneide geradeaus den Weg ab und komme ihr noch einmal nahe) und einem Kopfschmerz (Erdenrest des Komödianten) endet der Tag.
    Traum vom Vater. – Es ist eine kleine Zuhörerschaft (Frau Fanta zur Charakterisierung darunter) vor welcher der Vater eine sociale Reformidee zum erstenmal der Öffentlichkeit mitteilt. Es handelt sich ihm darum, daß diese ausgewählte, insbesondere seiner Meinung nach ausgewählte Zuhörerschaft die Propaganda für die Idee übernimmt. Äußerlich drückt er dies viel bescheidener aus, indem er von der Gesellschaft nur verlangt, sie möge ihm nachher, bis sie alles kennen gelernt hat, Adressen von Personen mitteilen, die sich für sie interessieren und daher zu einer großen öffentlichen Versammlung, die nächstens stattfinden soll eingeladen werden könnten. Mein Vater hat mit allen diesen Leuten noch niemals etwas zu tun gehabt, infolgedessen nimmt er sie übertrieben ernst, hat sich auch ein schwarzes Jakettkleid angezogen und trägt die Idee äußerst genau, mit allen Zeichen des Diletantismus vor. Die Gesellschaft erkennt, trotzdem sie auf einen Vortrag gar nicht vorbereitet war, sofort, daß hier nur eine alte verbrauchte, längst durchgesprochene Idee mit allem Stolz der Originalität vorgebracht wird. Man läßt es den Vater fühlen. Dieser aber hat den Einwand erwartet, aber mit großartiger Überzeugung von der Nichtigkeit dieses Einwands, der ihn selbst aber schon öfters versucht zu haben scheint, trägt er seine Sache mit einem feinen bittern Lächeln noch nachdrücklicher vor. Als er geendet hat, hört man aus dem allgemeinen verdrießlichen Gemurmel, daß er weder von der Originalität noch der Brauchbarkeit seiner Idee überzeugt hat. Es werden sich nicht viele dafür interessieren. Immerhin findet sich hie und da jemand der ihm aus Gutmütigkeit und vielleicht weil er mit mir bekannt ist, einige Adressen angibt. Mein Vater, gänzlich unbeirrt von der allgemeinen Stimmung hat die Vortragspapiere abgeräumt und vorbereitete Häufchen weißer Zettel vorgenommen, um die wenigen Adressen zu notieren. Ich höre nur den Namen eines Hofrates Strizanowski oder ähnlich – Später sehe ich den Vater in der Art wie er mit Felix spielt, auf dem Boden sitzen und sich ans Kanapee lehnen. Erschrocken frage ich ihn was er macht. Er denkt über seine Idee nach.
    22 (September 1917) Nichts.
    25. (September 1917)
      Weg zum Wald. Zerstört hast Du alles, ohne es eigentlich besessen zu haben. Wie willst Du es wieder zusammenfügen? Was für Kräfte bleiben noch dem schweifenden Geist zu dieser größten Arbeit?
      “Das neue Geschlecht” von Tagger, elend, großmäulig, beweglich, erfahren, stellenweise gut geschrieben, mit leisen Schauern von Dilettantismus. Was für Recht hat er aufzutrumpfen? Ist im Grunde so elend wie ich und alle.

      Nicht durchaus frevelhaft, als Tuberkulöser Kinder zu haben. Flauberts Vater tuberkulös. Wahl: Entweder geht dem Kind die Lunge flöten (sehr schöner Ausdruck für die Musik, um derentwillen der Arzt das Ohr an die Brust legt) oder es wird Flaubert. Zittern des Vaters während im Leeren darüber beraten wird.
      Zeitweilige Befriedigung kann ich von Arbeiten wie “Landarzt” noch haben, vorausgesetzt daß mir etwas derartiges noch gelingt (sehr unwahrscheinlich) Glück aber nur, falls ich die Welt ins Reine, Wahre, Unveränderliche heben kann.

      Die Peitschen mit denen wir einander hauen, haben gut Knoten angesetzt in den 5 Jahren.

    28 (September 1917) Grundriß der Gespräche mit F.
    Ich: So weit habe ich es also gebracht
    F. So weit habe ich es gebracht

    I. So weit habe ich Dich gebracht
    F. Das ist wahr

      Dem Tod also würde ich mich anvertrauen. Rest eines Glaubens. Rückkehr zum Vater. Großer Versöhnungstag.
    An einem Brief an F., vielleicht dem letzten (1 Okt)

    Wenn ich mich auf mein Endziel hin prüfe, so ergibt sich, daß ich nicht eigentlich danach strebe ein guter Mensch zu werden und einem höchsten Gericht zu entsprechen, sondern, sehr gegensätzlich, die ganze Menschen- und Tiergemeinschaft zu überblicken, ihre grundlegenden Vorlieben, Wünsche, sittlichen Ideale zu erkennen, sie auf einfache Vorschriften zurückzuführen und mich in ihrer Richtung möglichst bald dahin zu entwickeln, daß ich durchaus allen wohlgefällig

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