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Tagebücher: 1909-1923

Tagebücher: 1909-1923

Titel: Tagebücher: 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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und Mundverziehn, mehr kann ich nicht.
    A. Ich werde Dich zu meinem Herrn führen. Willst Du?

      B. Ich schäme mich. Wie wird er mich aufnehmen? Gleich zum Herrn gehn! Es ist frivol.

    A. Laß die Verantwortung mir. Ich führe Dich. Komm!
    Sie gehn über einen Gang. A. klopft an eine Tür.
      Man hört “Herein” rufen. B. will weglaufen, aber A. faßt ihn und so treten sie ein.
    C. Wer ist der Herr?

    A. Ich dachte –
    ihm zu Füßen, stürz ihm hin zu Füßen.
    A. Also kein Ausweg?

    B. Ich habe keinen gefunden.
    A. Und du kennst doch die Gegend am besten von uns allen.
    B. Ja.
    7 Aug. (1917)

      A. Immerfort streichst Du hier um die Tür herum. Was willst Du denn?

    B. Nichts bitte.
    A. So?! Nichts?. Ich kenne Dich übrigens.
    B. Das dürfte ein Irrtum sein.

      A. Nein, nein. Du bist der B. und bist vor 20 Jahren hier in die Schule gegangen. Ja oder Nein?

    B. Also dann ja. Ich habe nicht gewagt mich vorzustellen.
      A. Du scheinst ja ängstlich geworden zu sein, mit den Jahren. Damals warst Du’s nicht.

      B. Ja damals. Ich bereue alles so, wie wenn ich es in dieser Stunde getan hätte.

    A. Rächt es sich also im Leben?
    B. Ach!
    A; Sagt’ ich’s doch.

      B. Sie sagten es. Aber so ist es doch nicht. Unmittelbar rächt es sich nicht. Was kümmert es meinen Arbeitgeber, ob ich in der Schule geschwätzt habe. Das war meiner Laufbahn nicht hinderlich, nein.
    “Wie?” sagte der Reisende

    Der Reisende fühlte sich zu müde, um hier noch etwas zu befehlen oder gar zu tun. Nur ein Tuch zog er aus der Tasche, machte eine Bewegung als tauche er es in den fernen Kübel, drückte es an die Stirn und legte sich neben die Grube. So fanden ihn zwei Herren, die der Kommandant ausgeschickt hatte, ihn zu holen. Wie erfrischt sprang er auf, als sie ihn ansprachen. Die Hand auf dem Herzen, sagte er: “Ich will ein Hundsfott sein, wenn ich das zulasse.” Aber dann nahm er das wörtlich, und begann auf allen Vieren umherzulaufen. Nur manchmal sprang er auf, riß sich förmlich los, hängte sich einem der Herren an den Hals rief in Tränen: “Warum mir das alles” und eilte wieder auf seinen Posten.
    8. (August 1917) Und wenn auch alles unverändert war, der Stachel war doch da, krumm hervorragend aus der geborstenen Stirn.
      Als bringe das alles dem Reisenden zu Bewußtsein, das was noch folge, sei lediglich seine und des Toten Angelegenheit, schickte er mit einer Handbewegung den Soldaten und den Verurteilten fort, sie zögerten, er warf einen Stein nach ihnen, noch immer berieten sie, da lief er zu ihnen und stieß sie mit den Fäusten.

      “Wie?” sagte der Reisende plötzlich. War etwas vergessen? Ein entscheidendes Wort? Ein Griff? Eine Handreichung? Wer kann in das Wirrsal eindringen? Verdammte böse tropische Luft, was machst Du aus mir? Ich weiß nicht was geschieht. Meine Urteilskraft ist zuhause im Norden geblieben.

      “Wie?” sagte der Reisende plötzlich. War etwas vergessen? Ein Wort? Ein Griff? Eine Handreichung? Sehr möglich. Höchstwahrscheinlich. Ein grober Fehler in der Rechnung, eine grundverkehrte Auffassung, ein kreischender tintenspritzender Strich geht durchs Ganze. Wer stellt es aber richtig? Wo ist der Mann es richtig zu stellen. Wo ist der gute alte landsmännische Müller aus dem Norden, der die zwei grinsenden Kerle drüben zwischen die Mühlsteine stopft?
    “Bereitet der Schlange den Weg! ” schrie es. “Bereitet den
    Weg der großen Madam.” “Wir sind bereit” schrie es zur

    Antwort “wir sind bereit.” Und wir Wegbereiter, vielgerühmte Steinzerklopfer, marschierten aus dem Busch. “Los” rief unser immer fröhlicher Kommandant “los ihr Schlangenfraß. ” Daraufhin hoben wir unsere Hämmer und meilenweit begann das fleißigste Geklopfe. Keine Pause wurde gestattet, nur Händewechsel. Schon für abend war die Ankunft unserer Schlange angesagt, bis dahin mußte alles zu Staub zerklopft sein, unsere Schlange verträgt auch das kleinste Steinchen nicht. Wo findet sich gleich eine so empfindliche Schlange. Es ist eben auch eine einzige Schlange, unvergleichlich verwöhnt ist sie durch unsere Arbeit, daher auch bereits unvergleichlich geartet. Wir verstehn es nicht, wir bedauern es, daß sie sich noch immer Schlange nennt. Zumindest Madam sollte sie sich immer nennen, trotzdem sie natürlich auch als Madam unvergleichlich ist. Aber das ist nicht unsere Sorge, unsere Sache ist es Staub zu machen.
      Hoch die Lampe gehalten, Du vorn! Ihr andern

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