Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tagebücher 1909-1923

Tagebücher 1909-1923

Titel: Tagebücher 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
Vom Netzwerk:
kommen. Der Feldherr wollte dieses Spiel nicht länger dulden, lauerte auf den nächsten Soldaten, riß vor ihm das Fenster auf und packte den Mann an der Brust.
    "Herein mit Dir" sagte er und ließ ihn durch das Fenster einsteigen. Dort trieb er ihn vor sich in eine Ecke, stellte sich vor ihn und fragte: "Wer bist Du?" "Nichts" sagte ängstlich der
    -561-

    Soldat. "Das ließ sich erwarten" sagte der Feldherr. "Warum hast Du hereingeschaut?" Um zu sehn ob Du noch hier bist.
    In seiner Hand hielt er einen Brief
    11 (Februar 1922) Drei Sporne meines Lebens
    12 (Februar 1922) Die abweisende Gestalt, die ich immer traf, war nicht die welche sagt: Ich liebe Dich nicht, sondern welche sagt: "Du kannst mich nicht lieben, so sehr Du es willst, Du liebst unglücklich die Liebe zu mir, die Liebe zu mir liebt Dich nicht. " Infolgedessen ist es unrichtig zu sagen, daß ich das Wort
    "Ich liebe Dich" erfahren habe, ich habe nur die wartende Stille erfahren, welche von meinem "Ich liebe Dich" hätte unterbrochen werden sollen, nur das habe ich erfahren, sonst nichts.
    Die Angst beim Rodeln, die Ängstlichkeit des Gehens auf glattem Schneeboden, eine kleine Geschichte, die ich heute gelesen habe, bringt wieder den lange unbeachteten, immer naheliegenden Gedanken herauf, ob nicht doch nur der irrsinnige Eigennutz, die Angst um mich undzwar nicht die Angst um ein höheres Ich, sondern die Angst um mein gemeines Wohlbefinden die Ursache meines Niederganges war, so freilich, daß ich aus mir selbst den Rächer geschickt habe (ein besonderes: die-rechte-Hand-weiß-nicht-was-die- linke-tut). In meiner Kanzlei wird immer noch gerechnet, als finge mein Leben erst morgen an, indessen bin ich am Ende.
    13 (Februar 1922) Die Möglichkeit aus voller Brust zu dienen 14 (Februar 1922) Die Macht des Behagens über mich, meine Ohnmacht ohne das Behagen. Ich kenne niemanden, bei dem beide so groß wären. Infolgedessen ist alles was ich baue, luftig, ohne Bestand, das Stubenmädchen, das mir früh das warme Wasser zu bringen vergißt, wirft meine Welt um. Dabei verfolgt mich das Behagen seit jeher und hat mir nicht nur die Kraft genommen anderes zu ertragen, aber auch jene das Behagen
    -562-

    selbst zu schaffen, es schafft sich um mich von selbst oder ich erreiche es durch Betteln, Weinen, Verzicht auf Wichtigeres.
    15 (Februar 1922) Ein wenig Gesang unter mir, ein wenig Türenzuschlagen auf dem Gang und alles ist verloren.
    16 (Februar 1922) Die Geschichte von der Gletscherspalte 17 (Februar 1922) (von Spindelmühle zurückgekommen.
    Germanistin)
    18 (Februar 1922) Teaterdirektor, der alles von Grund auf selbst schaffen muß, sogar die Schauspieler muß er erst zeugen.
    Ein Besucher wird nicht vorgelassen, der Direktor ist mit wichtigen Teaterarbeiten beschäftigt. Was ist es? Er wechselt die Windeln eines künftigen Schauspielers.
    19 (Februar 1922) Hoffnungen?
    Weg zu L. Zurückdrängen!
    20 (Februar 1922) Unmerkliches Leben. Merkliches
    Mißlingen.
    21 (Februar 1922) Gang durch die Straßen am Abend. Das Hin und Her der Frauen
    22 (Februar 1922) In den Gassen. Ein Gedanke
    23 (Februar 1922)
    24 (Februar 1922) Hilflosigkeit. Der Hund an der Kette, der Rückblick zum dunklen Haus
    25 (Februar 1922) Ein Brief
    26 (Februar 1922) Ich gebe es zu – wem gebe ich es zu? dem Brief? – daß es in mir Möglichkeiten gibt, nahe Möglichkeiten, die ich noch nicht kenne, aber nur den Weg zu ihnen finden und wenn ich ihn gefunden habe, wagen! Dieses bedeutet sehr viel: es gibt Möglichkeiten, es bedeutet sogar, daß aus einem Schuft ein ehrenhafter Mensch werden kann, ein in Ehrenhaftigkeit glücklicher Mensch.
    Deine Halbschlafphantasien in letzter Zeit.
    -563-

    27 (Februar 1922) Ein schlechter Nachmittagsschlaf, alles verändert, die Not wieder an den Leib gerückt
    28 (Februar 1922) Blick auf den Turm und den blauen Himmel. Ruhend.
    1 III (1922) Richard III. Ohnmacht
    5 III (1922) Drei Tage im Bett. Kleine Gesellschaft vor dem Bett. Umschwung. Flucht. Vollständige Niederlage. Immer die in Zimmern eingesperrte Weltgeschichte.
    6 III (1922) Neuer Ernst und Müdigkeit
    7 (März 1922) Gestern der schlimmste Abend, so als sei alles zu ende
    9 (März 1922) Das war aber nur Müdigkeit, heute aber neuer den Schweiß aus der Stirn treibender Angriff. Wie wäre es wenn man an sich selbst erstickte? Wenn durch drängende Selbstbeobachtung die Öffnung durch die man sich in die Welt ergießt, zu klein oder ganz geschlossen würde? Weit bin ich zu Zeiten davon

Weitere Kostenlose Bücher