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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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schaut und sich am Block festhält.

    Trostloser Abend heute in der Familie. Die Schwester weint wegen Ihrer neuen Schwangerschaft, der Schwager braucht Geld für die Fabrik, der Vater ist aufgeregt wegen der Schwester, wegen des Geschäfts und wegen seines Herzens, meine unglückliche zweite Schwester, die über alles unglückliche Mutter und ich mit meinen Schreibereien.

    22. Mai (1912) Gestern wunderschöner Abend mit Max. Wenn ich mich liebe, liebe ich ihn noch stärker. Lucerna. Madame, la mort von Rachilde. Traum eines Frühlingsmorgens. Die lustige Dicke in der Loge. Die wilde mit der rohen Nase, dem aschebestaubten Gesicht, den Schultern die sich aus dem übrigeng nicht dekolltierten Kleide drängten, dem hin und her gezerrten Rücken, der einfachen weißgetupften blauen Bluse, dem Fechterhandschuh, der immer zu sehen war, da sie die Rechte meistens auf dem rechten Schenkel der neben ihr sitzenden lustigen Mutter ganz oder auf den Fingerspitzen ruhen ließ. Die über den Ohren gedrehten Zöpfe, nicht das reinste hellblaue Band 132
    auf dem Hinterkopf, das Haar vorn im dünnen aber dichten Büschel geht rund um die Stirn und vorn weit über sie hinaus. Ihr warmer, faltiger, leichter, nachlässig vor lauter Schmiegsamkeit hängender Mantel, als sie bei der Kassa unterhandelte.

    23 (Mai 1912) Gestern: hinter uns fiel ein Mann vor Langweile vom Sessel. Vergleich von Rachilde: die sich an der Sonne freuen und von den andern Freude verlangen, sind wie Betrunkene die in der Nacht von einer Hochzeit kommen und ihnen Entgegenkommende zwingen, auf das Wohl der unbekannten Braut zu trinken.

    Brief an Weltsch, ihm das Du angetragen

    Gestern guter Brief an Onkel Alfred wegen der Fabrik. Vorgestern Brief an Löwy Jetzt abends vor Langweile dreimal im Badezimmer hintereinander mir die Hände gewaschen.

    Angst vor dem Alleinsein am Pfingstsonntag und Montag mit der unglaublichen Begründung, daß die Eltern nach Franzensbad fahren.

    Das Kind mit den zwei kleinen Zöpfchen, bloßem Kopf, losen weißpunktierten rotem Kleidchen, bloßen Beinen und Füßen, das mit einem Körbchen in der einen, mit einem Kistchen in der andern Hand zögernd den Fahrdamm beim Landesteater berschritt.

    Das anfängliche Rückenspiel in Madame la mort nach dem Grundsatz: Der Rücken eines Dilettanten ist unter gleichen Verhältnissen so schön wie der Rücken eines guten Schauspielers.
    Die Gewissenhaftigkeit der Leute!

    In den letzten Tagen ausgezeichneter Vortrag von Davis Trietsch über Kolonisation in Palästina.

    25 (Mai 1912) Schwaches Tempo, wenig Blut.

    27 (Mai 1912) Gestern Pfingstsonntag, kaltes Wetter, nicht schöner Ausflug mit Max und Weltsch.

    Abend Kaffeehaus, Werfel gibt mir "Besuch aus dem Elysium"

    Ein Teil der Niklasstraße und die ganze Brücke dreht sich gerührt nach einem Hund um, der laut bellend ein Automobil der Rettungsgesellschaft begleitet. Bis der Hund plötzlich abläßt, umkehrt und sich als ein gewöhnlicher fremder Hund zeigt, der mit der Verfolgung des Wagens nichts besonderes meinte.

    1 Juni 1912 Nichts geschrieben.

    2 Juni (1912) Fast nichts geschrieben.

    Gestern Vortrag Dr. Soukup im Repräsentationshaus über Amerika [Die Tschechen in Nebraska, alle Beamten in Amerika werden gewählt, jeder muß einer der drei Parteien (republikanisch, demokratisch, socialistisch) angehören, Wahlversammlung Roosevelts, der einen Farmer, welcher einen Einwand macht, mit seinem Glas bedroht, Straßenredner die als Podium eine kleine Kiste mit sich tragen] dann Frühlingsfest, Paul Kisch getroffen der von seiner Dissertation "Hebbel u. die Tschechen" erzählt. Sein fürchterliches Aussehn. Auswüchse hinten auf dem Hals. Der Eindruck, wenn er von seinen Liebchen spricht.

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    6 Juni (1912). Donnerstag Frohnleichnam

    wie von zwei Pferden im Lauf das eine den Kopf für sich und aus dem Lauf heraus senkt und gegen sich mit der ganzen Mähne schüttelt, dann ihn aufrichtet und jetzt erst scheinbar gesünder den Lauf wieder aufnimmt, den es eigentlich nicht unterbrochen hat.

    Jetzt lese ich in Flauberts Briefen:

    Mein Roman ist der Felsen, an dem ich hänge und ich weiß nichts von dem was in der Welt vorgeht. - Ähnlich wie ich es für mich am 9 V eingetragen habe

    Gewichtlos, knochenlos, körperlos zwei Stundenlang durch die Gassen gegangen und überlegt, was ich nachmittag beim Schreiben überstanden habe.

    7 Juni (1912). Arg. Heute nichts geschrieben. Morgen keine Zeit.

    Montag 6 (8. ) Juli 1912 Ein wenig

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