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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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darin ihr Gebot wirkt, nichts über sie zu sagen (ich habe es streng, fast ohne Mühe gehalten) dann wäre ich zufrieden, aber es ist nichts als Unfähigkeit. Was meine ich übrigens dazu, daß ich heute abend eine ganze Wegstrecke lang darüber nachdachte was ich durch die Bekanntschaft mit der W. an Freuden mit der Russin eingebüßt habe, die mich vielleicht, was durchaus nicht ausgeschlossen ist, nachts in ihr Zimmer eingelassen hätte, das schief gegenüber dem meinigen lag. Während mein abendlicher Verkehr mit 187
    der W. darin bestand, daß ich in einer Klopfsprache, zu deren endgiltiger Besprechung wir niemals kamen, an die Decke meines unter ihrem Zimmer liegenden Zimmers klopfte, ihre Antwort empfing, mich aus dem Fenster beugte, sie grüßte, einmal mich von ihr segnen ließ, einmal nach einem herabgelassenen Bande haschte, stundenlang auf der Fensterbrüstung saß, jeden ihrer Schritte oben hörte, jedes zufällige Klopfen als ein Verständigungszeichen irriger Weise auffaßte, ihren Husten hörte, ihr Singen vor dem Einschlafen.

    21. (Oktober 1913) Verlorener Tag. Besuch der Ringhofferschen Fabrik Seminar Ehrenfels, bei Weltsch, Nachtmahl, Spaziergang, jetzt 10 Uhr' hier. Ich denke immerfort an den Schwarzkäfer, werde aber nicht schreiben.

    Im kleinen Hafen eines Fischerdorfes wurde eine Barke zur Fahrt ausgerüstet. Ein junger Mann in Plunderhosen beaufsichtigte die Arbeiten. Zwei alte Matrosen trugen Säcke und Kisten bis zu einer Anlegebrücke, wo ein großer Mann mit auseinandergestemmten Beinen alles in Empfang nahm und irgendwelchen Händen überantwortete, die sich aus dem dunklen Innern der Barke ihm entgegenstreckten. Auf großen Quadersteinen, die einen Winkel des Quais umfaßten saßen halb liegend fünf Männer und bliesen den Rauch ihrer Pfeifen nach allen Seiten. Von Zeit zu Zeit kam der Mann in Plunderhosen zu ihnen, hielt eine Ansprache und klopfte ihnen auf die Knie.
    Gewöhnlich wurde hinter einem Stein eine Weinkanne, die dort im Schatten aufbewahrt wurde, hervorgeholt und ein Glas mit undurchsichtigem roten Wein wanderte von Mann zu Mann.

    22. (Oktober 1913) zu spät. Die Süßigkeit der Trauer und der Liebe. Von ihr angelächelt werden im Boot. Das war das Allerschönste. Immer nur das Verlangen zu sterben und das Sich-noch-halten, das allein ist Liebe.

    Gestrige Beobachtung. Die für mich passendste Situation: Einem Gespräch zweier Leute zuhören, die eine Angelegenheit besprechen, die sie nahe angeht, während ich an ihr nur einen ganz fernen Anteil habe, der überdies vollständig selbstlos ist.

    26. (Oktober 1913) Die Familie saß beim Abendessen. Durch die vorhanglosen Fenster sah man in die tropische Nacht.

    Es war ein stiller warmer Abend. Die Dorfstraße war ganz vom Mond

    Die Familie saß beim Abendessen. Durch die vorhanglosen Fensterlöcher sah man in die tropische Nacht hinaus.

    "Wer bin ich denn?" fuhr ich mich an. Ich erhob mich von dem Kanapee, auf dem ich mit hochgezogenen Knien gelegen war, und setzte mich aufrecht. Die Tür die gleich vom Treppenhaus in mein Zimmer führte, öffnete sich und ein junger Mann mit gesenktem Gesicht und prüfendem Blick trat ein. Er machte, soweit es im engen Zimmer möglich war, einen Bogen um das Kanapee und blieb in der Ecke neben dem Fenster im Dunkel stehn. Ich wollte nachsehn, was das für eine Erscheinung war, gieng hin und faßte den Mann beim Arm. Es war ein lebendiger Mensch. Er sah -
    ein wenig kleiner als ich - lächelnd zu mir hinauf, schon die Sorglosigkeit mit der er nickte und sagte "Prüfen Sie mich nur" hätte mich überzeugen sollen. Trotzdem ergriff ich ihn vorn bei der Weste und hinten beim Rock und schüttelte ihn. Seine schöne starke goldene Uhrkette fiel mir auf, ich packte sie und zerrte sie herunter, daß das Knopfloch zerriß, an dem sie befestigt war. Er duldete es, sah nur auf den Schaden hinunter und versuchte nutzlos den Westenknopf in dem zerrissenen Knopfloch festzuhalten. Was tust Du? sagte er endlich und zeigte mir die Weste. "Nur Ruhe! " sagte ich drohend.

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    Ich fieng an im Zimmer herumzulaufen, aus Schritt kam ich in Trab, aus Trab in Galopp, immer wenn ich den Mann passiert, erhob ich gegen ihn die Faust. Er sah mir gar nicht zu sondern arbeitete noch immer an seiner Weste. Ich fühlte mich sehr frei, schon meine Atmung gieng in außergewöhnlicher Weise vor sich, meine Brust fühlte nur in den Kleidern ein Hindernis sich riesenhaft zu heben.

    Schon viele Monate beabsichtigte

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