Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
Decke.
    »Keine Erdrutsche mehr, oder?«, erkundigte sich Duke. »Zack meint, sie hätten aufgehört. Er meint, wir könnten die Herde durchbringen, immer nur ein paar Tiere auf einmal. Nachdem wir meinen Pa rausgeholt haben. Ob er wohl Recht hat?«
    »Wer ist dieser Zack?«, fragte Yorkey. »Woher habt ihr ihn?«
    »Zack, der ist von hier. Der Verwalter der Big Run hat ihn mit meinem Pa bekannt gemacht. Er soll uns helfen, ist selbst ein Boss. Hat eine große Station namens Black Wattle. Yorkey, ich sage dir, es ist ein Riesenglück, dass er mitgekommen ist. Ich hätte nicht gewusst, was ich machen soll. Stell dir vor, er hatte sogar eine Flasche Whisky in der Satteltasche. Guter Tropfen, hat er auf der Big Run bekommen, aber jetzt stillt er damit Pas Schmerzen.« Duke war den Tränen nahe. »Verdammt anständig von ihm, was?«
    Yorkey nickte. Duke machte auf ihn den Eindruck, als habe er selbst einen großen Schluck davon genommen. Aber was hatte er da eben gesagt? Von dieser Viehstation? Black Wattle, wieder ein Weißenname für schwarzes Land. Er zog den Tabaksbeutel aus der Hüfttasche und rollte langsam eine Zigarette, während er den Namen in seinem Kopf drehte und wendete und bruchstückhafte Erinnerungen heraufbeschwor.
    »Wir sind früher zur Zeit der Wanderung in die Schlucht gegangen, von der Station aus, von der Black Wattle Station … Ich war dort Hausmädchen, die Missus … sie …«
    Yorkey zuckte die Schultern. Vielleicht war es so gewesen. Vielleicht auch nicht. Egal, an Netta würde sich niemand mehr erinnern. Oder an einen umherziehenden Burschen namens Jimmy Moon. Es war zwanzig Jahre her. Eine neue Generation von Schwarzen war nachgewachsen. Er drehte sich vom Feuer weg und starrte in die Dunkelheit, fragte sich, weshalb ihm diese nutzlosen Dinge überhaupt durch den Kopf gingen.
    Wenn du wirklich zurück willst, sagte er sich, musst du nur nach dem Volk der Waray fragen; sie werden leicht zu finden sein, und zwar in dem Land, durch das du soeben geritten bist. Westlich der Schlucht. Die Weißen leben ihr eigenes Leben. Doch worin läge der Sinn? Was würdest du tun, wenn du Verwandte fändest? Dich hinsetzen und sie anglotzen? Auch du lebst in einer anderen Welt. Gehörst nicht mehr zu ihnen.
    Zu niemandem.
    Er blieb die ganze Nacht unruhig. Träumte, döste, sah seine Mutter weinen, doch es war nicht Netta, sondern eine Weiße, die herzzerreißend schluchzte. Er riss sich von ihr los. Wachte auf. Durchgefroren. So war es mit den Träumen. Alles geriet durcheinander. Sogar schwarz und weiß.
    Die Dämmerung war kaum hereingebrochen, als Yorkey sich leise aus dem Lager stahl, da ihm vom Gestank des verlöschenden Feuers ganz schlecht war. Er bespritzte sein Gesicht mit kristallklarem Wasser, das in einer Felssenke stand, und ging in Richtung Schlucht, auf den Spuren ihres gefährlichen Hinwegs.
     
    Ein Arzt war nicht aufzutreiben, aber es kam ein Wagen, der Paddy zum nächsten Wohnhaus bringen sollte, das nur vierzig Meilen entfernt lag. Nachdem sich herumgesprochen hatte, dass Treiber in Not geraten waren, ritten von allen Seiten freiwillige Helfer herbei. Bald schon hatte Duke so viele Männer beisammen, dass es für eine doppelt so große Herde gereicht hätte.
    Der Gedanke, noch einmal die Schlucht zu durchqueren, machte ihn nervös, dennoch schloss er sich der allgemeinen Ansicht an, dass ihnen keine andere Wahl blieb. Im Norden ballten sich bereits Wolken am blassen Himmel zusammen. Der Erdrutsch war zufällig entstanden, vielleicht auch durch ein leichtes Erdbeben ausgelöst worden. Einige vermuteten Schwarze dahinter, doch die meisten verwarfen den Gedanken. Wenn dies von Schwarzen geplant gewesen wäre, hätten sie deutlich mehr Schaden angerichtet. Sie hatten schlicht und einfach Pech gehabt.
    Als alle Tiere durch waren, lächelte Duke.
    »Mein Gott, Yorkey, ich wünschte, Paddy könnte das sehen. Diese Jungs haben unsere Herde durchgelotst, als wäre sie aus Porzellan. Verdammt anständig von ihnen.«
    »Ja, es ist wirklich gut gelaufen. Wie ich höre, reiten einige von ihnen mit dir nach Pine Creek?«
    »Stimmt. Freunde von Paddy. Sie wollen uns sicher ans Ziel bringen.«
    »Gut. Ich glaube, ich könnte eine Pause vertragen, Duke. Mich in dieser Gegend ein bisschen umsehen.«
    »In der Regenzeit wirst du nicht weit kommen.«
    »Ich kann immer auf einer Station unterkommen. Eine Zeit lang mit dem Vieh arbeiten.«
    »Geht in Ordnung, Yorkey. Wir haben ohnehin keine Arbeit, bis

Weitere Kostenlose Bücher