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Tal der Träume

Tal der Träume

Titel: Tal der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Essen gewöhnungsbedürftig war. Lange würde er es hier jedenfalls nicht aushalten.
    Eine Greisin kam zu ihm, eine Frau, die andere kommandierte und die er folglich für die Matriarchin des Clans hielt. In einigen Clans vererbte sich die Macht über die weibliche Linie.
    Sie sprach ihn in ihrer eigenen Sprache an und war überrascht, als er sie nicht verstand. Dann versuchte sie es mit Englisch.
    »Leute sagen, du bist Waray-Mann. Kennst du nicht deine Sprache?«
    »Hab sie nie gelernt. Ich habe immer bei den Weißen gelebt.«
    Sie zischte missbilligend, streckte die Hand aus und befühlte sein Gesicht, als traue sie ihren tränenden Augen nicht. Sie berührte sein langes, glattes Haar, das mit einer Kordel zusammengebunden war, dann kehrten die rauen Hände in sein Gesicht zurück, zur Stirn, der scharf geschnittenen Nase, dem entschlossenen Kinn, und strichen über seine Lippen.
    »Kein Waray-Gesicht, Mister. Nein. Wir sind Waray. Wir.«
    Wütend schob Yorkey sie beiseite. »Ich auch. Meine Mutter war eine Waray.«
    Sie grinste und entblößte ihre zerbrochenen Zähne. »Waray-Mutter, aber falsches Gesicht. Auch kein weißer Mann drin zu sehen. Dein Daddy war von welchem Stamm?«
    Yorkey nahm seinen Mut zusammen. »Whadjuck. Aus dem Süden. Weit weg.«
    »Ah.« Kein Zeichen von Begreifen oder Interesse. »Guter Junge. Gutes Gesicht, egal woher. Verheiratet?«
    »Nein.«
    Ihr Gesicht leuchtete auf, und Yorkey ahnte allmählich den Grund ihres Besuchs.
    »Ja, guter Bursche. Großer, guter Mann. Hab ein Mädchen für dich, gute Frau, hübsch …« Sie riss begeistert die Arme hoch.
    »Ihr macht schönste Babys, abwarten.«
    Yorkey begriff, dass seine Tage hier tatsächlich gezählt waren. Er wechselte das Thema, wollte eine Frage formulieren, ohne die Regel zu brechen, nach der es in manchen Stämmen als Verbrechen galt, Tote beim Namen zu nennen. Vielleicht reichte ja der Weißen-Name.
    »Ich glaube, meine Mutter hat mal hier im Haus gearbeitet. Sie nannten sie Netta. Kennst du sie?«
    Sie schüttelte ungeduldig den Kopf. »Dieses Mädchen meine Verwandte. Hat dich gesehen. Schüchtern. Sagt, du bist hübsch.«
    »Mutter«, erwidert er sanft, »ich kann nicht bleiben. Ich muss bald weiter, kann ich über meinen Daddy sprechen?«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Meine Mutter sagt, er war ein großer Held. Ich habe ihn nie kennen gelernt. Er wurde irgendwo hier draußen getötet.«
    Die Frau gluckste mitfühlend. Endlich hatte er ihre Aufmerksamkeit geweckt.
    »Er war ein schwarzer Mann, trug aber einen Weißen-Namen. Sie nannten ihn Jimmy Moon. Hast du je von ihm gehört?«
    Er sah das Erkennen in den alten Augen, dann wandte sie sich ab und blickte zu Boden. Kurz darauf schaute sie ihn wieder an, verschleiert, ängstlich.
    »Kenn ihn nicht! Redest altes Zeug!«
    Yorkey gab sich unbekümmert. »Das stimmt. Aber du bist eine gute alte Frau. Ich weiß, du kennst viel altes Zeug.«
    »Vergiss es.«
    »Aber du kanntest Jimmy Moon.«
    »Nie!«, entgegnete sie zornig. »Du gehst. Wir wollen keinen Ärger.«
    Sie stand überraschend schnell auf und humpelte davon, ohne sich umzudrehen. Yorkey war wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte sie irgendwie beleidigt, vielleicht durch die Erwähnung der Namen oder weil er sich nicht für die angebotene Braut interessierte, doch was sollte die Bemerkung über den Ärger bedeuten? Er hatte nicht vor, jemandem Ärger zu bereiten. Gewiss durfte sich ein Mann nach seinen Eltern erkundigen. Ob sie Jimmy Moon gekannt hatte? Schwer zu sagen. Weshalb sollte sie lügen? Er wanderte zu dem Pfad, der zum Wohnhaus von Black Wattle führte.
    »Ich sollte wohl morgen hingehen«, murmelte er bei sich. »Mich umsehen. Hören, wie es Zack inzwischen geht.«
    Doch er hatte noch etwas im Lager zu erledigen. Die Reaktion der alten Frau hatte ihn neugierig gemacht. In den nächsten Tagen würde er einen der alten Männer ansprechen, wenn sie nicht in der Nähe war. Vielleicht erinnerte sich einer von ihnen an den Helden Jimmy Moon oder an Netta. Er fragte nur aus Interesse, wollte niemanden in Schwierigkeiten bringen. Denkbar, dass die Greisin nicht mehr ganz richtig im Kopf war.

5. Kapitel
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    D er Postbote kam und brachte Zeitungen, die letzten kleinen Bestellungen und Päckchen für die Leute auf den Stationen mit, bevor er seinen Wagen in einem Schuppen hinter der Bahnstation von Pine Creek unterstellte. Danach machte er, wenn möglich, seine Runden auf einem Packpferd,

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