Talker (German Edition)
Toilette zu ertragen.
Eine ganze Zeit lang beobachtete er die Leute und fragte sich was mit ihm verkehrt war, warum er sich an dem Tanz nicht beteiligen konnte. Er mochte seine Dinge einfach, dachte er und betrachtete die Massen ohne Leidenschaft. Er mochte sein einfaches Apartment (obwohl er gegen eine etwas bessere Version von "einfach" nichts einzuwenden gehabt hätte). Er mochte die Routine die darin lag zur Schule zu gehen und zu arbeiten. Er mochte es, dass seine Leidenschaft Dingen galt die er alleine machen konnte oder mit den ein oder zwei Menschen die ihm etwas bedeuteten. Tatsächlich war Tate Walker das einzig schwierige in seinem Leben und er fand es gut, dass die sonstige Einfachheit ihm die Stärke gab, genau das zu sein was Talker brauchte.
Mit einem Seufzen wendete er sich von der Menge ab und seinem Abendessen zu. Als er damit fertig war gab er dem Barkeeper seine Teller, ließ sich einen Stift geben und wendete seine Aufmerksamkeit dem Stapel Servietten zu die vor ihm lagen. Er verbrachte eine Stunde mit dem vergeblichen Versuch aufzuschreiben was er sagen wollte, aber er war noch nie gut mit Worten gewesen. Das einzige was er erfolgreich zu Papier brachte war Ich liebe dich, und er war sich ziemlich sicher dass bereits erwiesen war dass diese einfache Wahrheit ihm nicht weiterhelfen würde.
Er hatte immer mal wieder Blicke auf Tate erhascht der durch die Menge lief. Einmal war er ohne seinen üblichen Container mit Gläsern und Tellern unterwegs und sofort entführten ihn einige Leute auf die Tanzfläche. Tate verbrachte einige Momente dort, verloren in "Neutral Milk Hotel“ und "Song against Sex". Eine Zeitlang verschwand er, gestattete seinem Körper sich mit denen der anderen zu bewegen, umgeben von Leuten die sich an ihm rieben, und obwohl Brian sich vorstellen konnte dass das etwas war das ihm vor der "Verabredung" Spaß gemacht hatte, war sein Gesicht angespannt als er sich schließlich aus der Menge herauskämpfte.
Oh, Talker – kein Wunder dass du immer so erschöpft bist.
Brian hatte seinen Freund schon für furchtlos gehalten als Tate sich das erste Mal neben ihn setzte und begann über Placebo und Rufus Wainwright und The Doves zu reden. Nun kannte er das wahre Ausmaß von Talkers Mut und seine eigene Feigheit schlug ihre Klauen in seine Brust, so dass er innerlich schrie.
Es tut mir leid, Tate. Ich hätte mehr wie du sein sollen.
Aber heute Nacht würde er es gut machen.
Er arbeitete in einem Restaurant – er erkannte die Anzeichen einer endenden Schicht, das Auffüllen von Salz und Pfeffer, das Aufräumen der kleinen Ecken die eindeutig Eigentum des Angestellten X an Station Y waren. Brian beendete seinen Versuch etwas Schlaues zu Papier zu bringen und beobachtete wie Tate seine abschließenden Arbeiten mit der Effizienz eines Zombies durchführte. Er schlich von Ort zu Ort, räumte auf was in seine Zuständigkeit fiel, aber… aber Brian dachte mit Schmerzen in der Brust dass einfach die Musik fehlte. Tate, der früher selbst in der Stille der Dusche die Musik in seinem Kopf gehört hatte, konnte jetzt noch nicht einmal die Musik hören die durch seine Füße dröhnte, mitten in einem Club der sich der Musik verschrieben hatte.
Er beobachtete wie Tate hinter der Bar verschwand, sah ihn ohne seine Schürze wiederkommen und in Richtung der Toiletten gehen. Er brauchte nicht mehr hinsehen als Jed mit einem Schild "Für Reinigungszwecke geschlossen" vor die sich schließende Tür trat um zu wissen dass das sein Zeichen war.
Niemand hatte ihn bemerkt als er dort in der Ecke saß und nun achtete er auf niemanden als er die Tanzfläche wie ein gefiederter, pinkfarbener Pfeil in Richtung Toiletten überquerte, aber offensichtlich waren dort Leute, denn als er an der Toilette ankam blickte Jed finster auf die Phantome hinter ihm und schüttelte seinen Kopf.
„Mann“, murmelte Jed als er auf ihn zuging, „wir müssen dich wirklich irgendwie wieder hier rauskriegen, Heteroboy – jeder will heute Nacht ein Stück von dir.“
„Jed?“, sagte Brian und verzog die Lippen.
„Ja?“
„Du weißt dass ich nicht hetero bin.“
Jed nickte. „Dann geh rein und beweise es“, sagte er und winkte Brian in den Toilettenraum als wäre es der große Ballsaal des fantastischen schwulen Königreichs.
Es war ein Toilettenraum. Nach dem dunklen, zuckenden Regenbogenlicht im Club ließ das grelle Licht ihn blinzeln, aber abgesehen davon? Kleine beige Fliesen, vier Kabinen und ein langes
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