talon014
entgegen. Doch in dem Augenblick, in dem er sie ermahnen wollte, gellte ein Schrei hinter ihm auf.
„Stirb!“, schrie eine helle Stimme, dann bohrte sich etwas glühend heiß in seine linke Seite. Der Hüne schrie auf und fuhr herum. Seine Linke tastete nach der Stelle, in die eine der Frauen das Messer gestoßen hatte, das noch immer in seinem Rücken steckte.
Sie blickte ihn aus großen Augen an. Ihre Mundwinkel zuckten unkontrolliert. Abwehrend hob sie ihre Hände. Jetzt griffen auch drei weitere der Umstehenden unter ihre Kleidung und brachten Messer zum Vorschein, von denen sich manche bestenfalls für die Arbeit in der Küche eigneten. Die Aktion der Frau hatte ihnen Mut gemacht, und so sprangen sie auf Eser Kru zu, der einen Moment lang zurücktaumelte.
Eine Klinge, die er mit dem Arm abwehrte, hinterließ eine lange, blutige Spur auf seinem Unterarm. Ein zweites Messer fuhr in seinen Oberschenkel. Der Mann drehte es in der Wunde herum, um die Verletzung noch zu vergrößern. Noch blieben die anderen abseits stehen und warteten ab, wie sich die Lage entwickelte.
Doch Eser Kru war längst nicht mehr bereit, sich weiter zurückdrängen zu lassen. Er packte den Mann, der das Messer noch immer nicht losgelassen hatte, am Hals und riss ihn empor. Knirschend brach das Genick in der prankenhaften Umklammerung. Wie eine leblose Puppe schleuderte der Hüne den Mann in die übrige Gruppe. Kreischend sprangen die Menschen zur Seite.
Er zog das kleine Messer aus der heftig blutenden Wunde an seinem Rücken und warf es wütend beiseite. In diesem Augenblick bohrte sich eine weitere Klinge zwischen seine Rippen. Eser Kru legte sein ganzes Gewicht gegen den Stoß und spürte, wie der Stahl noch tiefer in sein Fleisch eindrang. Doch damit trieb er die Angreiferin in die Enge, die nicht mehr ausweichen konnte. Seine Faust warf ihren Kopf nach hinten und schleuderte den Körper mit ganzer Wucht gegen eine der Wände. Die Frau sackte an der Stelle zusammen und kippte dann noch vorne über, während sich unter ihrem Kopf eine dunkle Blutlache sammelte.
Er umfasste das Messer am Griff und zog es langsam aus seiner Seite.
Entsetzt sahen die Menschen, die sich um ihn versammelten, dabei zu. Sein Gesicht verzog sich wie das einer Hyäne zum Grinsen, als er ihnen die blutverschmierte Waffe entgegenschleuderte.
Noch bevor sich der Bann löste und in ihnen der Wunsch lebendig wurde zu fliehen, grollte Eser Krus Stimme durch den Saal. Seine Beschwörungen riefen einen Wind herbei, der sich aus dem Nichts löste und die Menschen erfasste wie Blätter welken Laubs. Voller Wucht wurden sie von dem Strudel emporgerissen und durch die Luft geschleudert. Hart prallten ihre Körper gegen die Wände, doch noch immer ließ der Sog nicht nach. Je fester er sie gegen den Stein drückte, desto mehr nahm er an Intensität zu.
Der Hüne stand am anderen Ende des Saals und lachte auf, während der Wind den Menschen das Leben vom Leib riss. Die Schreie der sechs überlebenden Attentäter hallten durch die weiten Räume und schwollen noch weiter an, je mehr der Wind ihre Haut aufriss und jede Faser ihres Lebens aus ihnen peitschte.
Eser Kru sah nur die Energie, die der Wind ihm zutrug und damit die schweren Wunden an seinem Körper heilte. Er nahm alles in sich auf, was die sterbenden Leiber loslassen mussten. Als er sich genesen fühlte, beendete er den Zauber mit einer gleichgültigen Handbewegung. An den Wänden glitten die Überreste dessen herab, was vor wenigen Minuten noch atmende Menschen gewesen waren.
Jetzt erst drangen von draußen mehrere Befehle in den Saal. Etwa ein Dutzend Männer stürmte in den großen Raum. Unter ihnen war einer der wenigen, denen Eser Kru überhaupt traute. Amoshe Lwende war ein drahtiger Mann Anfang Dreißig, dem er die Leitung der Wachen im Freien übertragen hatte. Als der Mann mit dem Kinnbart sah, dass der Hüne unverletzt war, verschaffte er sich einen kurzen Überblick und nahm das, was er entdeckte, ungerührt zur Kenntnis.
Er befahl mehreren Männer, die Leichen fortzuschaffen und kommandierte dann vier von ihnen ab, die Eser Kru in seine Gemächer begleiten sollten. Dieser nickte ihm zufrieden zu und überließ Lwende das weitere Vorgehen.
Wie viele mochten es noch sein, die ihm nach dem Leben trachteten? Sie konnten ihm nicht ernsthaft gefährlich werden, dennoch beunruhigte ihn der Gedanke. Er strauchelte auf dem Weg in seine Gemächer mehrmals und musste sich von den Wachen stützen lassen.
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