Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
strömte Mondlicht herein, dennoch blieb der Gang schattig und kalt. Arkoniels Gemächer befanden sich am fernen Ende, und Tobin spähte unwillkürlich mit einem Auge zu der dicken, verriegelten Tür gegenüber seinem Arbeitszimmer – der Tür zum Turm.
Er fragte sich, ob er dort, unmittelbar auf der anderen Seite, immer noch den zornigen Geist seiner Mutter spüren würde, wenn er hinginge. Doch stattdessen hielt sich Tobin dicht an der rechten Wand.
Hinter Arkoniels Schlafzimmertür erhielt er keine Antwort, aber unter der Tür des Arbeitszimmers daneben lugte Licht hervor. Tobin hob den Riegel an und ging hinein.
Überall brannten Lampen, verbannten die Schatten und erfüllten die große Kammer mit Licht. Arkoniel saß am Tisch unter den Fenstern, hatte den Kopf auf eine Hand gestützt und betrachtete ein Pergament. Als Tobin eintrat, zuckte er leicht zusammen, dann erhob er sich, um ihn zu begrüßen.
Tobin überraschte, wie abgehärmt der junge Zauberer wirkte. Unter seinen Backenknochen zeichneten sich dunkel eingefallene Wangen ab, und seine Züge sahen verkniffen aus, als wäre er krank. Sein allzeit unbändiges, lockiges, schwarzes Haar stand in Strähnen vom Kopf ab, und sein Hemd war zerknittert und fleckig vor Schmutz und Tinte.
»Endlich wach«, meinte er, wobei er versuchte, sich herzlich anzuhören, was ihm kläglich misslang. »Hat Iya schon mit dir geredet?«
»Ja. Sie hat gesagt, ich darf niemandem davon erzählen.« Tobin berührte seine Brust, da er das verhasste Geheimnis nicht laut aussprechen wollte.
Arkoniel seufzte tief und sah sich abwesend im Raum um. »Es war schrecklich, dass du es auf diese Weise herausfinden musstest, Tobin. Beim Licht, es tut mir leid. Niemand von uns hat damit gerechnet, nicht einmal Lhel. Es tut mir so entsetzlich leid …« Seine Stimme verlor sich. Immer noch sah er Tobin nicht an. »Es hätte nie so geschehen sollen. Nichts davon.«
Tobin hatte den jungen Zauberer noch nie so bestürzt erlebt. Zumindest hatte Arkoniel versucht, ihm ein Freund zu sein. Im Gegensatz zu Iya, die nur auftauchte, wenn es ihr behagte.
»Danke, dass du Ki geholfen hast«, sagte er, als sich das Schweigen zwischen ihnen unangenehm lange hinzog.
Arkoniel zuckte zusammen, als hätte Tobin ihn geschlagen, dann entfuhr ihm ein hohles Lachen. »Gern geschehen, mein Prinz. Was hätte ich sonst tun sollen? Hat sich sein Zustand verändert?«
»Er schläft noch.«
»Er schläft also.« Arkoniel kehrte zum Tisch zurück, berührte einige Gegenstände, hob sie auf und legte sie zurück, ohne sie anzusehen.
Tobins Furcht breitete sich wieder in ihm aus. »Wird Ki wieder gesund? Er hatte nie richtiges Fieber. Warum ist er noch nicht aufgewacht?«
Arkoniel fingerte an einem Holzstab herum. »Es braucht Zeit, um von einer solchen Wunde zu genesen.«
»Tharin meinte, du denkst, Bruder hat ihn verletzt.«
»Bruder war bei ihm. Vielleicht wusste er, dass wir die Puppe brauchen würden – ich habe keine Ahnung. Er könnte Ki verletzt haben. Ich weiß allerdings nicht, ob er es wollte.« Abermals begann er, sich an Dingen auf dem Tisch zu schaffen zu machen, als hätte er vergessen, dass Tobin noch zugegen war.
Schließlich ergriff er das Schriftstück, das er zuvor gelesen hatte, und hielt es hoch, sodass Tobin es sehen konnte. Die Siegel und die blumig geschwungene Handschrift waren unverkennbar. Es handelte sich um das Werk des Schreibers von Fürst Orun.
»Iya fand, ich sollte derjenige sein, der es dir beibringt«, sagte Arkoniel bedrückt. »Das hier ist gestern eingetroffen. Du sollst nach Ero zurückkehren, sobald du in der Lage bist zu reisen. Orun ist natürlich außer sich vor Zorn. Er droht, erneut dem König zu schreiben und zu verlangen, dass du dir einen anderen Knappen nimmst.«
Tobin sank auf einen Stuhl am Tisch. Seit ihrem ersten Tag in Ero hatte Orun versucht, Ki auszutauschen. »Aber warum? Es war nicht Kis Schuld!«
»Ich bin sicher, das ist ihm einerlei. Er sieht darin eine Gelegenheit zu bekommen, was er von Anfang an wollte – jemanden, der dich für ihn im Auge behält.« Arkoniel rieb sich die Lider und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, wodurch er es nur noch mehr zerzauste. »Eines steht fest: Er wird nicht zulassen, dass du noch einmal so davonläufst. Du musst ab jetzt äußerst vorsichtig sein. Gib Orun, Niryn oder sonst jemandem nie Grund zu vermuten, du wärst mehr als der verwaiste Neffe des Königs.«
»Das hat Iya mir bereits erklärt. Ich
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