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Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Tobin die Hand nach ihr aus, aber die seltsame Erscheinung wich zurück und schrumpfte, bis er nur noch ihr Gesicht sehen konnte.
    »Nein! Nicht anfassen«, warnte sie. »Arkoniel dich bringt. Lass Ki ruhen.«
    Damit verschwand sie und ließ Tobin auf die Stelle starrend zurück, an der sie sich befunden hatte. Er hatte keine Ahnung, was er soeben bezeugt hatte. »Ich bin bald zurück«, sagte er zu Ki, dann folgte er einer Eingebung, bückte sich und küsste ihn leicht auf die verbundene Stirn. Ob seiner eigenen Torheit errötend, eilte er hinaus und rannte die Treppe zu Arkoniels Zimmer zwei Stufen auf einmal nehmend hinauf.
    Bei Tageslicht wirkte der Gang sicher und gewöhnlich, und die Turmtür war lediglich eine weitere Tür. Jene zum Arbeitszimmer stand offen, und Tobin hörte darin Iya und Arkoniel miteinander reden.
    Arkoniel wob gerade ein Lichtmuster über dem Tisch, als Tobin eintrat. Etwas prallte dicht neben Tobins Kopf gegen die Wand und schlitterte über den Boden. Erschrocken blickte er hinab und stellte fest, dass es sich bloß um eine gescheckte, trockene Bohne handelte.
    »Und genau so weit bin ich bisher damit gekommen«, sagte Arkoniel, wobei er sich enttäuscht anhörte. Er sah immer noch müde aus, und als er Tobin erblickte, vertieften sich die Sorgenfalten um seinen Mund. »Was ist denn los? Ist Ki …«
    »Er schläft. Ich möchte jetzt Lhel besuchen. Sie sagte, ich sollte zu ihr kommen. Und sie sagte, du würdest mich hinbringen.«
    »Sie sagte …« Arkoniel wechselte einen Blick mit Iya, dann nickte er. »Ja, ich bringe dich hin.«
     
    Draußen schneite es, genau wie in der Vision, die er von Lhel gehabt hatte. Die dicken, nassen Flocken schmolzen, wenn sie den Boden berührten. Auf den Ästen der Bäume hingegen blieben sie wie Zucker haften. Tobin konnte seinen Atem in der Luft sehen. Laub bedeckte die Straße hinter der Feste wie ein verblasster Teppich mit Gelb- und Rottönen, der unter Gosis Hufen knirschte. Vor ihnen zeichneten sich die Gipfel weiß glitzernd gegen den stumpfgrauen Himmel ab.
    Während sie ritten, versuchte er, Arkoniel den seltsamen Besuch zu erklären.
    »Ja, sie nennt das ihren Fensterzauber«, sagte der Zauberer, der sich nicht im Mindesten überrascht anhörte.
    Bevor Tobin ihm weitere Fragen stellen konnte, trat die Hexe zwischen den Bäumen hervor, um sie in Empfang zu nehmen. Sie wusste immer, wann sie kamen.
    Schmutzig und zahnlückig, gekleidet in ein formloses, braunes, mit polierten Rehzähnen verziertes Kleid, glich Lhel eher einer Bettlerin als einer Hexe. Mit zusammengekniffenen Augen schaute sie zu ihnen auf, dann schüttelte sie den Kopf und grinste. »Ihr Keesas nicht habt frühstücken. Kommt, ich euch füttere.«
    Als wäre es ein gewöhnlicher Tag und nie etwas Seltsames zwischen ihnen geschehen, drehte sie sich um und stapfte zurück zwischen die Bäume. Tobin und Arkoniel banden die Pferde an und eilten zu Fuß hinter ihr her. Ein weiterer der eigenartigen Zauber der Hexe beschützte ihr Lager. In all der Zeit, die Tobin sie kannte, hatte sie nie zweimal denselben Weg dorthin eingeschlagen, und ihm und Ki war es nie gelungen, auf eigene Faust zu ihr zu finden. Er fragte sich, ob Arkoniel wusste, wie es ging.
    Nach zahlreichen Kehren und Wenden gelangten sie auf die Lichtung, auf der ihr Eichenheim stand. Er hatte fast vergessen, wie riesig es war. Großmutter Eiche, nannte es Lhel. Der Stamm war breit wie eine kleine Hütte, und ein natürlicher Sprung hatte im Inneren einen großen Raum ausgehöhlt, ohne den Baum dadurch umzubringen. Ein paar ledrige, kupferfarbene Blätter flatterten noch an den oberen Ästen, und den Boden darunter übersäten Eicheln. Nahe der niedrigen Öffnung, die Lhel als Tür diente, knisterte ein Feuer. Sie verschwand einen Augenblick hinein, ehe sie mit einer Schale voll Dörrfleischstreifen und runzligen Tafeläpfeln zurückkehrte.
    Tobin stand nicht der Sinn nach Essen, aber Lhel drückte ihm die Schale in die Hände und wollte kein weiteres Wort sprechen, bevor er und Arkoniel getan hatten, was sie von ihnen verlangte.
    »Du jetzt kommen«, sagte sie schließlich und ging zurück zur Eiche. Arkoniel erhob sich, um ihnen zu folgen, doch sie gebot ihm mit einem Blick Einhalt.
    Im Inneren brannte ein weiteres kleines Feuer in einer Grube mitten im Boden aus festgetretener Erde. Lhel zog die aus einem Rehfell bestehende Türklappe herab und setzte sich auf die pelzbedeckte Pritsche neben dem Feuer, dann klopfte sie

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