Tanz der Aranaea (German Edition)
es in der Südsee eine Insel gibt, da fressen die Eingeborenen anschließend dieses Zeug!«
»Iehhh - Igitt, Frantschi, du bist eine kleine rosiges Trüffelschwein!«
Der arme Taxifahrer bekam knallrote Ohren und ließ uns bei Baur au Lac, aussteigen. Ich war mir sicher, dass er Zouzous Gelächter sein Leben lang nicht mehr vergessen wird. Nach dem Essen fuhren wir nach Küsnacht, zu meinem neuen Appartement. Zouzou war sichtlich begeistert und durfte sich nach freier Wahl ihr Zimmer aussuchen. Natürlich nahm sie sich das beste Zimmer - das mit Seeblick!
»Ach, Frantschi, ich möchte für immer bei dir bleiben können!«
»Kannst du ja!«
»Kann ich nicht Frantschi und werde ich nicht. Ich dachte, dass hättest du endlich gefressen!«
»Mir ist es lieber, du kannst nicht wenn du willst, als wenn du willst und du kannst es nicht!«
»Deine Grammatik springt auch von die Schaufel runter manchmal, mein lieber süßer Frantschi. Nicht nur meine Grammatik!«
»Hast du eigentlich eine Tante in Grenoble, Zouzou?«
»Ich habe viele Tanten, mein Herr. In Limoges, Vichy, Paris, St. Etienne und in Toulouse. Ach ja, eine halbe Tante habe ich noch am Genfer See, in Nyon. Mit der ist ein gewisser Blaubart in die Federn gegangen und sie hat sich mit ihm unglücklich gemacht. Ich glaube, Vancelli hieß der Böse. In Grenoble habe ich keine Tante wohnen.«
»Ich dachte nur, Zouzou. Weil ich vor mehr als zwanzig Jahren ein Mädchen aus Grenoble kennen lernte, die so aussah wie du, und auch deine Wesenszüge trug. Ich war mit ihr sechs Monate verheiratet und dann ist sie mir abgehauen! Mit einem Algerier! Sie heißt Bijou.«
»Ich trage keine Wesenszüge, Frantschi. Ich habe so schon genug zu tun. Du kannst und darfst nicht mit allen Tanten die mir gehören in die Federn steigen und nicht glücklich machen. Das ist keine gute Anstand und eine Tante Bijou habe ich auch nicht. Und wenn es so wäre, Frantschi, dann wärst du eine Verwandtschaft von mir. Ein Onkelchen, jawohl. Ein richtiger Tonton!«
»Ich will nicht dein Onkel sein. Das lehne ich entschieden ab! Ich bin noch viel zu jung für so was!«
»Das ist es, Frantschi, du bist meine süße liebe kleine Tonton, die ich gerne zum Fressen habe!«
»Ist ein Tonton so etwas wie ein Toutou?«
»Quatsch, Tonton! Ein Tonton ist ein Tonton, an dem sich die kleine Zouzou ankuscheln darf, und an seine breite Brust weinen kann, wenn seine Zouzou einmal großen Kummer hat. Ein Tonton muss immer für mich da sein, und muss für mich durch die dicke und die dünne „Merde“ gehen.«
»Darf ein Tonton seiner Nichte die sie nicht ist auch einmal an die Wäsche gehen?«
»Niemals, Tonton! Ein Tonton ist ein Grandseigneur! Er geht nie an die Wäsche seiner Nichte! Ein Tonton ist kein Mann!«
»Wie dein kastrierter französischer Grandseigneur Willy!«
Sie schaute mich dabei seltsam an mit einer kleinen strengen Falte zwischen ihren Augenbrauen an.
»Mon Tonton, also du…, bist nie eine Willy. Willys sind immerhin noch eine Köter!«
»Ich sage dir, Zouzou, ein richtiger Tonton, wie ich, dass ist das beste was es gibt. Ich bin stolz ein Tonton zu sein. Kein gewöhnlicher ordinärer Onkel, dass kann jeder sein. Nein, Tonton ist eine Berufung, ein edles Handwerk für Edelmänner!«
»Du spinnst, Tonton, wie immer!«
»Eine Frau sollte fünf Männer besitzen, Zouzou!«
»Hä - jetzt hast du aber eine ganz große Knall in die Hirn drin, Tonton!«
»Doch ehrlich, Zouzou. Hör mal zu. Du, oder besser alle Frauen sollen einen Ehemann bekommen. Einen braven Schweizer, der die Sore heranschafft und für den Nachwuchs sorgt. Dann muss sie noch einen lasziven Latino besitzen, für die blauen Stunden am Abend. Dazu einen graumelierten englischen Gentleman, für in die Oper und für zum Essen zu gehen. Weiterhin noch eine echte französische Schwuchtel, die sie in Mode Angelegenheiten berät und der mit ihr zum Shopping geht. Und zum Schluss als Krönung einen Tonton wie mich, bei dem sie sich anlehnen und ausweinen kann, und sich über die anderen vier ausgiebig beschweren kann!«
»Du bist der verrückteste Tonton, den es je gab, und den es je geben wird. Es ist so!«
»C'est cela, Zouzou! So ist es!«
***
Marseille, Sonntag, den 8. Dezember 1963
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