Tanz der Dämonen
Mänteln, fromme Leute, die zu den Heiltümern von Köln unterwegs waren, obwohl es ganz gewiss keine gute Jahreszeit für eine Wallfahrt war. Andere mochten reisende Scholaren sein, Burschen mit bunten Jacken, großen Gesten und viel Spottlust. Ein paar Mönche hielten sich abseits, einige von ihnen aßen schweigend, einer hielt einen Rosenkranz. Den Ton gab eine Gruppe wandernder Handwerksburschen an,ungenierte Kerle mit lauten Stimmen, die sich offenbar mit Witzereißen unterhielten und sich dabei alle Augenblicke ausgelassen auf ihre Schenkel schlugen. Der Rest war eher zwielichtiges Volk – ich hatte in den letzten Wochen und Monaten, seit ich mit Ahasver und seiner Truppe in den verschiedensten Gegenden von Dorf zu Dorf umhergezogen war, ganz gut gelernt, Menschen einzuschätzen und ihren Stand zu erkennen.
Es waren die Handwerker, die uns mit Zurufen begrüßten. »Seht doch«, hörte ich als Erstes, »die unheiligen drei Könige!«
Daran war allerdings etwas Wahres: Ahasver, der alte König, Pietro, der junge, und Sambo, der schwarze, der nicht nur durch seine Hautfarbe besonders auffiel, sondern auch deshalb, weil er so groß war, dass er sich bücken musste, um nicht an die Balkendecke zu stoßen.
Mich übersah man wie üblich. Aber das war mir ganz recht. Meine Scheu vor fremden Menschen war immer noch stark, und ich war nicht gerne ihren Blicken ausgesetzt.
»Sie werden den Unterschied schon merken«, flüsterte Pietro mir ins Ohr. »Wir bringen keine Gaben, sondern nehmen meistens was mit.«
Der Wirt, ein bulliger Kerl mit finsterer Miene, wies uns nach kurzem Abschätzen an einen Tisch in einem finsteren Winkel, an dem schon einige eingeschüchtert aussehende Männer und Frauen mit Pilgerzeichen am Gewand saßen; die machten nun mühsam für uns Platz und starrten dabei mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination auf Sambo.
Hier wird Ahasver nicht lange bleiben, dachte ich. Mit so einem Platz gibt er sich nicht zufrieden.
Wir bekamen heiße Suppe und Gerstengrütze. Das tat gut nach diesem zermürbenden Tag. Wenn auch ein gutes Stück Fleisch besser gewesen wäre. Mir taten alle Glieder weh, und die nasse Kälte war mir bis in die Knochen gedrungen. So ging ich nach dem Essen zu unserem Karren hinaus, der zwischen dem Wirtshaus und den Stallungen abgestellt war, und kroch unter die Plane, um mir eineandere Hose anzuziehen. Seit dem Sonnenuntergang lag Frost in der Luft.
Wenig später begannen meine Gefährten in der Wirtsstube mit ihrem Gewerbe. Zuerst Pietro. Sambo und ich blieben am Tisch zurück. Unsere Truppe hatte zahlreiche, meist nicht besonders ehrenwerte Erwerbsarten in petto. Aber keine, die wir beide beherrschten, wäre in dieser Umgebung angebracht gewesen. Also verhielten wir uns unauffällig.
Bevor Pietro oder Ahasver in Aktion traten, sah ich, wie die Eingangstür geöffnet wurde. Es kamen noch zwei Männer nach uns an.
Sambo beugte sich zu mir und raunte: »Da. Die zwei, die uns gefolgt sind.«
»Gefolgt?«, fragte ich erstaunt.
»Ja, heute, den ganzen Tag. Die zwei.«
Er blieb dabei sehr gleichmütig, aber ich erschrak. Ob das stimmte? Waren wir verfolgt worden? Ich erinnerte mich an Ahasvers Blick, als er auf mich gestützt hierher zur Herberge geschlurft war. Hatte auch er es bemerkt? Aber warum sollte jemand uns verfolgen, ein paar arme Schlucker vom fahrenden Volk?
Ich besaß zum Glück Geistesgegenwart genug, um nur ganz unauffällig zu den Kerlen hinüberzusehen. Einer war sehr hager, und der andere trug eine Augenklappe. Unangenehme Gesichter. Ob das Räuber waren?
Pietro war indessen schon bei der Arbeit. Er mischte sich unter die Kartenspieler, und bald bemerkte ich, dass er Gewinne machte. Er und erst recht Ahasver, der schließlich sein Lehrmeister gewesen war, verstanden sich auf Karten- und Würfelspiele so gut, dass es für Uneingeweihte an Zauberei grenzte. Andere Spieler waren gegen sie wie unerfahrene Kinder. Ich glaube, sie kannten jeden Trick und scheuten auch vor blankem Betrug nicht zurück. Dabei ließen sie jedoch stets Vorsicht walten. Es gehört nämlich zu dieser Kunst, nie zu viel Geld auf einmal einzustreichen und vor allem bisweilenzu verlieren, besonders am Anfang, aber immer wieder auch zwischendurch. Am Ende standen sie jedes Mal mit einem wohlkalkulierten Gewinn vom Spieltisch auf.
Sambo und ich hatten im Augenblick nichts zu tun. Unsere Talente waren eben von anderer Art. Wenn wir in ein Dorf kamen, hatte Sambo gewöhnlich die
Weitere Kostenlose Bücher