Tanz der Gefuehle
noch einen Besuch abstatten? Sie wollte James gerade fragen, sah aber an seinem Gesichtsausdruck, dass er genauso überrascht war wie sie. Er erwartete also keinen Besuch. »Bin gleich wieder da«, sagte er und verließ das Zimmer. Emma wickelte sich den Bademantel um und folgte ihm bis zum Fuße der Treppe. »Du hast die Schlösser austauschen lassen«, erklang eine vorwurfsvolle Männerstimme vom Erdgeschoss her. »Was machst du hier?«, hörte sie James wenig begeistert fragen. »Ich habe dich auch vermisst, Bruderherz.« Bruder? Emma eilte ins Zimmer zurück und nahm ihre Sachen von der Heizung. Sie waren bereits getrocknet, also schlüpfte sie hinein, machte ihre Haare zurecht und lief hinunter.
»Na, wenn das kein schöner Anblick ist«, sagte der Bruder an Emma gewandt und trat ein. Er war etwas kleiner als James, aber dennoch groß, hatte dunkelbraunes mittellanges Haar, das bewusst wirr gestylt war und himmelblaue Augen. Emma entdeckte keinerlei Ähnlichkeiten zwischen den beiden, wie es bei Geschwistern üblich war, aber in puncto unverschämt gut aussehen, stand er James in nichts nach. James Bruder war sehr dunkel gekleidet. Schwarze Hose, schwarzes Shirt, schwarze Schuhe und einen Mantel in derselben Farbe. Dennoch sah er nicht gruftig aus, eher wie ein Mafiamitglied. »Ich bin Eric, James heiß geliebter Bruder«, sagte er und gab ihr einen Handkuss. »Halbbruder«, verbesserte James und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er sah nicht glücklich aus. Eric ließ von ihr ab und klopfte James auf die Schulter. »Jetzt sei doch nicht so, Brüderchen. Sonst denkt deine Freundin noch, wir verstehen uns nicht.« »Ähm« Ich bin nicht seine Freundin, wollte sie sagen, verstummte dann aber. Wie hätte sie sich sonst vorstellen sollen? Als James Betthäschen? Eric zog Mantel und Schuhe aus, legte beides neben einer großen Sporttasche ab und schlenderte zur Bar. »Also, was gibt’s Neues?«, fragte er und schenkte sich Whiskey ein. Er bot ihr auch ein Glas an, doch Emma lehnte höflich ab. Sie kam sich ein bisschen verloren vor, wie sie da an der Treppe stand. James gesellte sich zu seinem Bruder und schenkte sich ebenfalls ein, dann ließen sich beide auf dem Sofa nieder, wobei James seinen Bruder unfreundlich ansah. »Was willst du hier, Eric?«, fragte er erneut.
Weil Emma die Situation unangenehm war, ging sie in die Küche und presste sich einen Orangensaft. So würde sie etwas zu tun haben und den beiden zumindest den Anschein von Privatsphäre geben. Sie nahm sich drei Orangen aus dem Obstkorb, halbierte sie und drückte sie mithilfe der Saftpresse aus. »Was denn, darf ich dich nicht mal besuchen?« »Du kommst unangekündigt und in der Regel bedeutet das, du hast entweder Ärger oder steckst in irgendeiner Sache drin.« Sie sah, wie Eric beleidigt die Arme verschränkte. »Ich versichere dir, dass ich nur in guten Absichten komme.« In diesem Moment ging Erics Blick zu Emma, woraufhin sie den ihren senkte. »Wer ist deine hübsche Freundin?« Emma hatte Mühe, den Blick unten zu halten, denn sie hätte zu gern James Gesicht gesehen. Stattdessen räumte sie die ausgequetschten Orangenschalen weg und säuberte die Arbeitsplatte. James senkte die Stimme, dennoch konnte sie jedes Wort verstehen. »Halt dich von ihr fern. Sie ist tabu.« Eric verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lachte. »Ganz locker, Bruder. Ich habe nur gefragt.« Emma war in der Küche fertig und wollte mit dem Glas nach oben gehen, als James sie zurückrief: »Wo willst du hin?« Sie drehte sich um. »Ich bin oben. Ihr habt bestimmt viel zu bereden.« »Unsinn. Setz dich zu uns«, sagte Eric und winkte sie heran. Emma warf einen Blick auf James, der ihr aufmunternd zunickte. Also gut. Sie setzte sich neben James und nippte an ihrem Orangensaft. Eric beobachtete sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. »Und? Wo habt ihr zwei Turteltäubchen euch kennengelernt?», wollte er wissen. James öffnete den Mund, doch Emma kam ihm zuvor. »In einem Club.«
James sah sie mit einem keine-Sorge-ich-werde-schon-nichts-verraten Blick an, woraufhin sie entschuldigend die Schultern hob. »Verrätst du mir nun, was du hier willst?«, fragte James und wandte sich wieder seinem Bruder zu. »Nein, aber ich würde hier gern übernachten, wenn es dir nichts ausmacht.« James sah ihn böse an. »Hab ich denn eine Wahl?« »Nein«, antwortete Eric grinsend und exte sein Glas. Emma konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Wow, ihr beiden
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