Tanz des Verlangens
da eigentlich? Wenn du nicht so stolz und dickköpfig wärst, wärst du nicht Conrad Wroth.“ Mit diesen Worten verschwindet er.
Kurz darauf erscheint Sebastian und schaltet das Licht ein. Im grellen Schein der Glühbirne verschwindet sie.
„Mach es aus!“
„Was? Wieso?“
„Es tut meinen Augen weh. Tu es.“
Sebastian zuckt die Achseln und drückt noch einmal auf den Schalter. Dann setzt er sich vor ihn hin, die langen Beine ausgestreckt.
„Ich verstehe die Wut, die du für Nikolai und Murdoch empfindest“, beginnt Sebastian bedächtig. „Ich hasste sie ebenfalls, weißt du. Ich habe mich so lange nach Rache gesehnt. Aber das Leben kann wieder gut sein. Sogar besser als je zuvor.“
„Behauptest du! Mit meinem Leben ist alles in Ordnung.“ Nichts ist in Ordnung mit meinem Leben … Wie lange noch, bis ich sie sehen kann?
„Dann wird es dir sogar noch besser gefallen, wenn du es mit der Braut teilst, die das Schicksal dir zugewiesen hat“, fährt Sebastian fort. „Sie wird dich beruhigen und dir helfen, Klarheit zu finden. Ich stand selbst kurz vor dem Abgrund, bevor ich meine Braut traf. An dem einen Tag hatte ich nichts, kein Zuhause, keine Freunde, keine Familie. Und dann, sobald ich in ihr die Meine erkannte, taten sich mit einem Mal so viele Möglichkeiten auf.“
Offensichtlich denkt Sebastian in genau diesem Moment über sie nach, seine Miene strahlt so eine Zufriedenheit aus … Ekelhaft . „Ich möchte, dass du Kaderin bald kennenlernst. Sobald du dich erholt hast.“
Die tun so, als ob es eine Tatsache wäre, dass ich geheilt werde.
Unmöglich. Er würde es wissen, wenn es eine Möglichkeit gäbe, die Blutgier zu überwinden. Es ist noch niemandem gelungen – keinem Einzigen. Aber die Zuversicht seiner Brüder macht ihn nachdenklich.
„Kaderin hat … na ja, ihre Erfahrungen mit gefallenen Vampiren sind ziemlich umfangreich, selbst für eine Walküre.“
„Kaderin die Kaltherzige?“, fragt er mit einem langsamen Nicken. „Eine Assassine wie ich. Es heißt, sie reißt den abgeschlagenen Vampirköpfen die Fangzähne raus und reiht sie zu einer Kette auf, für ihre Sammlung. Das klingt wirklich verdammt beruhigend, Bastian.“
Draußen wird es dunkler … Die Frau scheint von einer schillernden Lichtquelle erleuchtet zu werden. Noch kann er ihre Gesichtszüge nicht erkennen, aber die Konturen ihrer Gestalt. Seine Lippen öffnen sich. Ihre Brüste.
Sebastian zuckt mit den Schultern. „Wie ich schon sagte, Kaderin hat einiges mit ihnen durchgemacht. Was bedeutet, dass wir auf derselben Seite kämpfen. Wer weiß, vielleicht ist deine Braut auch eine Walküre.“
Immer dunkler. Walküren sind eigenartige Frauen, im Aussehen den Feen ähnlich. Viel zu stark für ihre zierlichen Körper. Ohne zu zögern, stürzen sie sich in Schlachten oder beginnen Kriege. Wenn eine von ihnen seine Braut sein sollte, würde er der Morgendämmerung mit Freude entgegensehen.
Dunkel.
Da ist die Frau.
Auch wenn ihr Bild flackert und ohne jegliche Farbe ist, wie bei einem alten Schwarz-Weiß-Film, kann er ihr Kleid erkennen, ihre bloßen Arme und Schultern. Sie scheint auf der Bank, die unter dem Fenster eingebaut ist, zu hocken und hat den Kopf abgewandt, als ob sie ihn gegen die Fensterscheibe gelehnt hätte. Dann erkennt er langsam, dass sie nicht gänzlich farblos ist. Ihre Fingernägel, Halskette und die Schleifen an ihrem Mieder sind von einem tiefen Karmesinrot.
Sind das rote Blütenblätter, die sich in ihrem ungebärdigen Haar verfangen haben?
Je besser er ihre verschwommene Gestalt erkennen kann, umso besser gefällt sie ihm. Sie ist eher klein, aber mit üppigen Brüsten ausgestattet. Wieder ballt er die Hände hinter seinem Rücken zu Fäusten, seine Fänge sehnen sich danach, sich in dieses feste Fleisch zu senken. Er hat noch nie von einer Frau getrunken … Warum zum Teufel hat er noch nie von einer Frau getrunken?
Jetzt nimmt er den Glanz ihrer Fingernägel wahr sowie das Schimmern der Schuhbänder, die sich um ihre Waden schlingen. Der Schlitz in ihrem Kleid reicht bis zu ihrem Oberschenkel und enthüllt ein Strumpfband.
Aus irgendeinem Grund hebt er bei diesem Anblick die Augenbrauen. Einem Vampir, der seiner Braut noch nicht begegnet ist, fehlt die Fähigkeit, den sexuellen Akt zu vollziehen, und er hat auch gar nicht das Verlangen danach. Ihre Brüste und Strumpfhalter sollten ihn nicht im Geringsten interessieren, nicht mehr als gewöhnliche Nahrungsmittel.
Aber sie tun
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