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Tanz des Verlangens

Tanz des Verlangens

Titel: Tanz des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kresley Cole
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seine Brüder kommen, verschwindet sie. Ihm ist klar geworden, dass die unbedeckte neue Glühbirne über ihm zu hell ist. Das unnatürliche Licht verbirgt sie, in der Dunkelheit würde sie sich ihm offenbaren.
    Es war nicht im Licht der Blitze gewesen, dass er sie in jener ersten Nacht gesehen hatte. Es war in den tiefschwarzen Momenten dazwischen.
    Die Dämmerung kommt. Was bedeutet, dass er sich mit jeder Minute dem Augenblick nähert, in dem er entdeckt, wie sie aussieht – falls sich seine Brüder fernhalten. Er verzehrt sich nach ihrem Anblick, seine hinter dem Rücken gefesselten Hände ballen sich unaufhörlich zu Fäusten und öffnen sich dann wieder.

 
    5
    „Bilde ich mir das nur ein oder scheint es ihm besser zu gehen?“, fragte Nikolai, nachdem sich die drei ins Zimmer transloziert hatten.
    „Er scheint nicht mehr so … durcheinander zu sein“, sagte Sebastian.
    So als ob er ihnen das Gegenteil beweisen wollte, begann Conrad in einer Sprache, die Néomi noch nie gehört hatte, unverständlich vor sich hin zu murmeln, und sein Blick schoss zum Fenster.
    „Warum versuchst du nicht mal, allein mit ihm zu reden?“, fragte Murdoch. Auf Nikolais Nicken hin verließen Murdoch und Sebastian das Zimmer.
    Nikolai stellte die Thermosflasche auf den Nachttisch, zog sich einen Klappstuhl heran und drehte ihn um, sodass er sich rittlings darauf setzen konnte. Néomi liebte es, wenn Männer sich auf diese Weise hinsetzten. Mit leiser Stimme begann er zu sprechen.
    „Wo bist du gewesen, Bruder?“
    Bruder. Die Vorstellung, dass Conrad ein Teil dieser Familie war, erstaunte sie nach wie vor. Sebastian schien so entschlossen und lernbegierig, Murdoch war ruhig und geheimnisvoll, und Nikolai war so respekteinflößend wie der General, der er tatsächlich war. Im Gegensatz dazu war der Wahnsinnige aggressiv und erschien ihr unehrenhaft, wie jemand, der in einem Duell zwischen Gentlemen seinem Gegner Dreck in die Augen schleudern würde.
    „Was willst du von mir?“, stieß Conrad mit krächzender Stimme hervor. „Warum habt ihr mich nicht getötet?“
    Von dieser Reaktion offensichtlich überrascht, sagte Nikolai: „Das ist nicht unsere Absicht.“
    „Was dann? Mich unter Drogen zu setzen und verhungern zu lassen?“
    Nikolai erhob sich mit einem Ruck und griff nach der Thermoskanne. „Ich habe hier Blut. Willst du trinken?“ Rasch öffnete er den Deckel und goss etwas davon in die daran befestigte Tasse.
    Néomi sah die zähflüssige dunkle Flüssigkeit. Als sie das glucksende Geräusch hörte, fragte sie sich, ob es ihr wohl möglich wäre, sich zu übergeben.
    „Du gibst mir Blut zu trinken.“ Conrads Stimme war schneidend. „Aber das ist ja nichts Neues.“
    Nikolai schien bei diesen Worten nur mit Mühe ein Zusammenzucken unterdrücken zu können, doch dann hielt er Conrad die Tasse an die Lippen.
    Trinken. Blut. Conrad akzeptierte es folgsam und nahm einen tiefen Schluck.
    Ich möchte mich übergeben.
    Er spuckte es Nikolai mitten ins Gesicht. Dann lachte er, ein rauer, unheilvoller Laut. In seinen roten Augen stand ein derart beißender Hass, dass ihn wohl nur der Tod beenden könnte, dachte Néomi.
    Nikolai wischte sich das Gesicht mit einem Hemdzipfel ab. Seine fast schon überirdische Geduld schien keine Grenzen zu kennen. Néomi fühlte mit ihm. Wie sehr musste ihm sein Bruder am Herzen liegen, um etwas Derartiges zu erdulden. Nikolai schien ihr nicht gerade der friedfertigste Mann auf Erden zu sein.
    Natürlich gab Néomi sich keine Mühe, ihre angewiderte Miene zu verhehlen. Seltsam … Als Conrads Blick in ihre Richtung zuckte, hätte sie schwören können, dass seine Unruhe noch weiter anwuchs. Dann wanderte sein Blick wieder zum Fenster.
    „Blut aus dem Beutel ist alles, was du bekommen wirst“, sagte Nikolai. „Wenn du es nicht trinkst, musst du eben ohne auskommen.“
    „Ich jage. Ich trinke direkt aus der Ader. Im Gegensatz zu euch entmannten Verrätern“, stieß Conrad hervor, der seinem Bruder jetzt wieder das Gesicht zuwandte. „Ich weiß, dass ihr mich vor eurem König versteckt. Eurem russischen König. Er wird dich dafür hinrichten lassen – Lieblingsgeneral hin oder her.“
    „Schon möglich. Dann kennst du also das Risiko, dass wir eingehen.“
    „Warum?“
    „Wir möchten dir helfen …“
    „So wie das letzte Mal!“, brüllte Conrad. Er bäumte sich wild in den Ketten auf, die ihn ans Bett fesselten, seine unglaublichen Muskeln zum Zerreißen

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