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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Gefühl, fiktiven Menschen fingiertes Zeug zu erzählen. Und wenn ich mir die Geschichten von andern anhörte, erschien es mir, als würde jeder über eine fremde Person sprechen. Wir erhalten uns am Leben, indem wir in einer eingebildeten Welt eingebildete Luft atmen.
    Trotzdem werde ich etwas über mich erzählen. Alles beginnt damit, dass ich etwas über mich erzähle. Der erste Schritt sozusagen. Ob es stimmt oder nicht, darüber kann man später befinden. Entweder ich oder jemand anders. Jedenfalls ist es jetzt an der Zeit, etwas über mich zu erzählen. Außerdem muss ich das üben.
    Inzwischen schmeckt mir Käse. Ich weiß nicht, seit wann, aber irgendwann war es eben so. Mein Hund war in dem Jahr, als ich auf die Mittelschule kam, an einer Lungenentzündung, die er sich im Regen geholt hatte, gestorben. Seitdem habe ich keinen mehr. Schwimmen tue ich immer noch gern.
    Das wär’s.
    Doch so einfach ist die Angelegenheit nicht erledigt. Wenn man etwas vom Leben verlangt (gibt es überhaupt Menschen, die nichts fordern?), verlangt das Leben auch weitere Fakten von einem selbst. Um eine klare Figur zeichnen zu können, braucht man viel mehr Anhaltspunkte. Sonst bekommt man kein Feedback.
    Wegen unvollständiger Angaben nicht zu beantworten. Bitte drücken Sie die Löschtaste!
    Ich drücke die Löschtaste. Der Bildschirm ist leer. Im Klassenzimmer schmeißen sie Sachen nach mir. Los, erzähl! Wir wollen mehr hören. Raus mit der Sprache! Der Lehrer runzelt die Stirn. Mir fehlen die Worte. Wie versteinert stehe ich am Pult.
    Also erzähle ich. Sonst kann nichts beginnen. Und auch noch möglichst lang und breit. Ob es stimmt oder nicht, darüber kann man sich später den Kopf zerbrechen.
    Manchmal hat sie bei mir übernachtet. Morgens haben wir gemeinsam gefrühstückt. Dann ist sie zur Arbeit gefahren. Auch sie hat eigentlich keinen Namen. Was einfach daran liegt, dass sie in dieser Geschichte keine Hauptfigur ist. Sie wird gleich wieder verschwinden. Um also keine Verwirrung zu stiften, lasse ich ihren Namen fort. Dennoch liegt es mir fern, ihre Existenz zu entwerten. Ich habe sie sehr gemocht und tue es noch immer, auch nachdem sie fort ist.
    Wir waren sozusagen befreundet. Zumindest hielt ich es bei ihr für möglich, sie als die einzige Vertraute zu betrachten. Außer mir gab es noch einen anderen, einen richtigen Liebhaber. Sie war beim Fernmeldeamt beschäftigt, wo sie per Computer Telefonrechnungen erstellte. Ich habe mich nie ausführlich nach ihrer Tätigkeit erkundigt, und auch sie hat nicht weiter davon gesprochen, aber im Großen und Ganzen war das ihr Job. Für jeden Privatanschluss die anfallenden Telefongebühren ermitteln und Rechnungen erstellen. Deshalb hatte ich jedes Mal wenn ich die monatliche Abrechnung im Briefkasten fand, das Gefühl, einen persönlichen Brief zu erhalten. Sie hatte damit aber nichts zu tun. Sie schlief mit mir. Etwa zwei, drei Mal im Monat. Sie hielt mich für einen Mondmenschen. »Na, willst du nicht zum Mond zurück?«, neckte sie mich kichernd, wenn wir nackt im Bett kuschelten und sie ihre Brüste an meinen Bauch schmiegte. Oft haben wir bis in die Morgenstunden so herumgealbert. Draußen toste unentwegt die Autobahn. Im Radio lief ein monotones Stück von Human League. Human League. Idiotischer Name! Wer denkt sich bloß so einen Schwachsinn aus. Früher haben sich die Bands seriösere Namen gegeben: Imperials, Supremes, Flamingos, Impressions, Doors, Four Seasons, Beach Boys.
    Sie lachte mich dann immer aus. Ich würde mich schon ändern. Fragt sich nur, in welcher Hinsicht. Ich selbst hielt mich für einen ganz manierlichen Menschen mit ganz manierlichen Ansichten. Human League.
    »Ich mag dich«, sagte sie. »Manchmal bin ich richtig verrückt nach dir. Zum Beispiel wenn ich bei der Arbeit bin.«
    »Hm«, sage ich.
    »Na ja, manchmal« , betont sie nachträglich. Eine halbe Minute später ist der Human League-Song zu Ende. Es folgt ein Stück von einer Gruppe, deren Name mir nichts sagt.
    »Das ist genau dein Schwachpunkt«, fährt sie fort. »Ich verbringe gerne Zeit mit dir, aber ich kann mir nicht vorstellen, jeden Tag von morgens bis abends mit dir zusammenzuleben. Weshalb wohl?«
    »Hm«, mache ich.
    »Ich will nicht sagen, dass ich es beklemmend finde, mit dir zusammen zu sein. Aber manchmal, weißt du, habe ich das Gefühl, dass die Luft immer dünner wird. Wie auf dem Mond.«
    »Das sind eben die ersten Schrittchen …«
    »Hör mal, ich sage das nicht

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