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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Islam! Weil sie immer mehr Zuspruch erhält und immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen Islam und Christentum entdeckt, beschließt Sabine schließlich zu konvertieren.
    Heute sagt sie darüber: »Ich war fest davon überzeugt, das Richtige zu tun.« Sie deutet auf eine durchsichtige Flasche mit einem roten Deckel. »Wenn dir alle Welt sagt, diese Flasche sei unten rot, dann fängst du irgendwann auch an zu sehen, wie der rote Deckel auf die Flasche runterstrahlt.«
    Der Tag, an dem sie konvertiert, ist für Sabines ägyptische Familie ein Freudentag. Plötzlich genießt Sabine eine Art Heldenstatus. Sie ist die Auserwählte, mit der Gott etwas Besonderes vorhat, während alle anderen ja nur ganz normal in den Islam hineingeboren wurden. Ihre ägyptische Familie befindet: »Du bist rein wie ein neugeborenes Kind!« Menschen halten auf der Straße an, um ihr ausführlich zu gratulieren. Und Sabine fühlt sich, als sehe sie nun alles in Farbe, wo sie vorher nur schwarz-weiß gesehen hatte. Alles scheint jetzt Sinn zu machen. Als äußerliches Zeichen ihres neuen Glaubens trägt sie Kopftuch – allerdings weiterhin mit moderner Kleidung und auch mal mit 60er-Jahre-Sonnenbrille. In dieser Zeit lernt sie auch andere gläubige Frauen kennen, die einen moderneren Islam leben. »Die durften sich kleiden wie sie wollten und gehen wohin sie wollten, weil sie sehr gut informiert waren«, sagt Sabine. »Mit denen habe ich mich gut verstanden.«
    Doch nach einiger Zeit merkt sie, wie fremd ihr der Islam noch immer ist. Zwar betet sie zum selben Gott, zwar glaubt sie auch jetzt an einen Propheten – »aber ich habe zunehmend gedacht: Hey, du bist Christin, und das aus tiefstem Herzen!« Das Problem: Ein Moslem kann den Islam nicht straflos verlassen. Als Christin wurde sie toleriert – würde sie aber vom Islam zum Christentum zurückkehren, wäre das, als würde sie sich von der Wahrheit abwenden. Sabine hält ihren Sinneswandel deshalb geheim. Nur das Kopftuch legt sie wieder ab. Im Stillen betet sie nun wieder, wie sie es als Christin gelernt hat. Erzählen kann sie davon aber niemandem.
    Dabei hat sie eigentlich schon genug Probleme – denn nach der Euphorie über ihre Konvertierung schwindet der Rückhalt in Walids Familie allmählich. Die Erste, die eine Wandlung durchmacht, ist ihre Schwiegermutter. Als Sabine wieder einmal eine Woche nach Deutschland reist, lässt sie ihren kleinen Sohn daheim und bittet Walids Mutter, sich um ihn zu kümmern. Die Mutter darf in dieser Woche im Haus ihres Sohnes wohnen, mit all den Hausangestellten. Sie bekommt mehr Geld zum Einkaufen und ist glücklich, wenn sich Walid die Zeit für einen abendlichen Strandspaziergang mit ihr nimmt. »In dieser Woche hat sie gemerkt: Sie ist der Mittelpunkt des Universums, wenn ich nicht da bin und das Kind bei ihr ist«, sagt Sabine. Dass die Schwiegermutter dem kleinen Aron erzählte, seine Mama würde nie wiederkommen, erfährt sie erst viel später – und seitdem ist das Verhältnis vergiftet. Die Familie steht dabei auf der Seite von Walids Mutter. Sie beginnen, in Sabines und Walids Geschäfte reinzureden, wollen teilhaben am Wohlstand. »Da hatte ich kein Stimmrecht mehr«, sagt Sabine. Eines Tages bekommt sie auch noch mit, wie die Familie versucht, ihrem Mann eine andere Frau zu vermitteln. Eine, die sich besser einfügt in ihre Rolle als Hausfrau und Mutter. Sabine ist schockiert, traurig, noch einsamer – und wird langsam depressiv.
    Und dann kommt der Tag, an dem Walid völlig ausrastet. Sie streiten wieder einmal, und in seiner Wut greift Walid zum Nächstbesten, um es in ihre Richtung zu schleudern. Es ist eine Schere. Sie verfehlt Sabines Auge nur um wenige Zentimeter. Mit einer Platzwunde steht sie vor ihm, kann es kaum glauben, weint.
    Auch Walid ist plötzlich still. Er weiß, dass er zu weit gegangen ist. Sein Bruder hat den Vorfall mitbekommen, packt Sabine ins Auto und herrscht Walid an: »Du fährst sie nicht ins Krankenhaus!« Alle in der Familie sind schockiert von Walids Gewaltausbruch, auch die Schwiegermutter.
    Für Sabine ist das der Tag, an dem Ägypten für sie stirbt. Und in gewisser Weise stirbt auch ihre Liebe zu Walid.
    Obwohl ihr Ehemann sich reumütig zeigt, nimmt Sabine ihren Sohn und auch die mittlerweile geborene Tochter, steigt in ein Flugzeug und zieht zurück

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