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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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langweilig. Einmal wird sie von der Frau eines Geschäftspartners ihres Mannes nach Hause eingeladen. Sabine freut sich riesig, schließlich hätte sie so gern eine Vertraute unter den ägyptischen Frauen. Nach dem ersten Treffen ruft sie wieder und wieder bei der vermeintlichen neuen Freundin an – und die lässt sich immer wieder entschuldigen. Heute ahnt Sabine: »Für die Frau war es offenbar eine Genugtuung, dass da ständig diese Deutsche anruft und sie sie abblitzen lassen kann. So hat sie ihren Status erhöht.«
    Weil sie mit den Frauen so gar nicht warm wird, liegt Sabine in diesen ersten ein, zwei Jahren nachts oft wach und weint. »Warum hast du das nur gemacht?«, fragt sie sich dann. Sie vermisst ihre Freunde, die Familie, die Eltern. Nur die Liebe zu Walid lässt sie das alles aushalten – und die Momente, in denen sie doch einmal ein kurzes gutes Gespräch führen oder auf ein tolles Fest gehen kann. Als etwa der damalige deutsche Weltmeister im Springreiten nach Ägypten kommt, da freuen sich alle im Reitclub, dass sie eine deutsche Frau aufbieten können, die den Gast zu Empfängen begleitet.
    Doch innerlich erdrücken Sabine die Erwartungen, die die ägyptische Gesellschaft an sie stellt. Denn die potenzieren sich noch einmal, als sie Mutter wird. Sie heißt nun für viele nur noch »Umm Aron«, »Mutter von Aron« – in Ägypten gilt das als eine Art Ehrentitel, man würdigt damit Sabines Mutterschaft. Doch mit der Ehre kommen auch die Pflichten, und die lauten: daheim bleiben, sich um die Kinder kümmern, den Haushalt vorbildlich führen, dem Willen des Mannes folgen. »Sobald ein Kind da ist, wird man von der Außenwelt kritischer beobachtet«, sagt Sabine. »Man steht mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit.« Diesen Druck spürt auch Walid. Ihm wird es deshalb immer wichtiger, den Regeln des Islams zu folgen, als guter Gläubiger zu leben – kurz: ein Vorbild für seinen Sohn zu sein.
    Â»Geschlagen werden, das fand ich fast schon normal«
    Elisabeth Reif kennt dieses Phänomen: »Viele Menschen verhalten sich plötzlich strenger als zuvor, wenn ein Kind auf die Welt kommt. Das sorgt häufig für Konflikte, etwa wenn es darum geht, wie oft das Kind in die Kirche oder die Moschee mitgenommen werden soll.« Die Mediatorin vermittelt zwischen Österreichern und ihren ausländischen Partnern. Dabei erlebt sie immer wieder, dass Gläubige weitergeben möchten, was sie selbst in ihrer Kindheit erfahren haben. »Als Erwachsener geht man vielleicht Kompromisse ein, hält sich dem Partner zuliebe zurück«, sagt Elisabeth Reif. »Aber den Kindern möchte man ein gutes Vorbild sein. Da tritt bei der Kindererziehung das religiöse Element oft viel stärker hervor als im eigenen Leben.« Das kann dann etwa so aussehen, dass die Christin plötzlich regelmäßig vor dem Essen betet, der Moslem völlig auf Alkohol verzichtet, der Jude sich streng an den Sabbat hält – obwohl sie das alles vorher nicht so wichtig genommen haben.
    Solche Rückbesinnungen erleben natürlich auch Menschen, die nicht gläubig sind: Fast jeder macht sich vor der Geburt eines Kindes Gedanken, welche Werte und Grundsätze er ihm mitgeben möchte. Da können die Meinungen zwischen den Eltern schnell auseinandergehen.
    Auch bei Sabine und Walid kommt es immer öfter zu Streit, nachdem der kleine Aron auf der Welt ist. Etwa, wenn sie wieder einmal das Haus verlässt, ohne ihn vorher zu fragen. Aber sie will sich nicht einsperren lassen, nicht jede Bewegung mit ihrem Mann abstimmen – sie will atmen können. Also fährt sie zu den Pferden, zum Strand und zu Terminen. Dann kann es passieren, dass Walid bei der Arbeit einen Anruf bekommt und jemand scheinbar beiläufig sagt: »Ich habe deine Frau heute Mittag im Reitclub gesehen.« Natürlich tut Walid dann so, als wüsste er von dem Ausflug – schließlich will er nicht als ein Mann dastehen, der seine Frau nicht unter Kontrolle hat. Zu Hause aber macht er Sabine Vorwürfe. »Für meinen Mann war es ein Albtraum, dass ich so mobil war«, sagt sie. Manchmal fragt Walid auch den kleinen Sohn, wo die Mama denn tagsüber gewesen sei. Sabine ist ihm noch heute dankbar, dass Aron damals zu ihr hält und sogar lügt. Denn Walids Ausraster werden zunehmend aggressiver. Schließlich kommt der

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