Tapas zum Abendbrot
persönlichen Zeremonie, ohne Beamtensprech. Deshalb ist der Einsatz unserer Freunde gefragt. Nicole wird auf Deutsch moderieren, mein zukünftiger Schwager auf Spanisch, die Trauzeugen werden in beiden Sprachen einige Worte sagen, und auch wir zwei wollen zueinander sprechen, ebenfalls zweisprachig. Unsere Hochzeit wird also genauso maÃgeschneidert sein wie mein Brautkleid und Robertos Anzug.
Wieder blinkt es auf dem Bildschirm.
NICOL E _ IN _ DENMARK: Die Rede? Geht so. Ich komme mir bestimmt blöd vor, wenn ich spreche und weiÃ, dass die Hälfte mich nicht versteht.
MARIKE80: Halb spanisch, halb deutsch, das ist der Deal. Ist ja auch gerecht: Jeder versteht 50 Prozent. Ist eben eine ganz besonders moderne Hochzeit! Wer im 21. Jahrhundert noch jemanden von nebenan heiratet, ist doch total von gestern.
NICOLE_IN_DENMARK: Früher konnte ich mir das ja gar nicht vorstellen, dass man mit jemandem aus Spanien oder sonst woher glücklich sein kann. Allein die Frage, wie man miteinander spricht. Als ich euch kennengelernt habe, hab ich mich gefragt, wie das geht: in einer fremden Sprache eine Beziehung führen. Da war ich echt skeptisch, das muss ich jetzt mal gestehen.
Ich grinse, klicke auf »Anrufen« und setze meine Kopfhörer auf. Es klingelt zweimal, dann höre ich Nicoles Stimme. »Na?« Sie klingt, als säÃe sie im Nachbarzimmer.
»Das solltest du in deine Rede schreiben«, sage ich. »Dass du einer zweisprachigen Beziehung damals keine Chance gegeben hättest.« Ich lache.
»Man lernt ja auch dazu«, sagt Nicole. »Mit Morten spreche ich schlieÃlich jeden Tag Englisch. Ich merke das mittlerweile gar nicht mehr. Aber damals fand ich eben, dass Roberto irgendwie traurig aussah. Ein sonnenverwöhnter Spanier, gestrandet in der steifen Hamburger Brise. Der Arme. Und dann konnte er noch nicht mal in seiner Muttersprache sprechen. Da habe ich mich echt gefragt, wie man sich überhaupt nah sein kann.«
»Kann man. Jetzt weiÃt duâs ja aus eigener Erfahrung.«
»Schon komisch«, sagt Nicole und hält kurz inne. »Vor 40, 50 Jahren wären wir Exoten gewesen. Und heute sind wir ganz normal. Erst neulich habe ich wieder ein internationales Paar auf einer Hochzeit getroffen. Und kurz danach auf einer Zugfahrt. Da war einer, der sich gerade von seiner amerikanischen Freundin getrennt hatte.«
»Gibt ja auch genug Probleme zu bewältigen in solchen Beziehungen.«
»Hey, du heiratest in einer Woche!« Nicole lacht. »Solltest du nicht optimistischer sein?«
»Bin ich doch«, beruhige ich sie. »An uns sieht man schlieÃlich, dass es funktionieren kann! Trotz unterschiedlicher Muttersprachen.«
Nicole seufzt. »Obwohl das manchmal echt kompliziert sein kann, das mit der Sprache.«
»Ach was«, sage ich. »Wir haben es ja noch gut! Bei uns geht es schlieÃlich hauptsächlich darum, die Worte des anderen richtig zu verstehen. Aber stell dir vor, es kommt noch die Metaebene dazu!«
»Metaebene?«
»Na ja, eben Unausgesprochenes. Habe ich dir denn noch nie von Manoj und Sonja erzählt?«
Wer Türen knallt, reicht die Scheidung ein
Rumms! Mit einem lauten Knall fällt die Tür ins Schloss. Sonja ist aus der Küche gestürmt, hat noch einmal »Mach den Scheià doch alleine« geblafft und dann die Tür hinter sich zugeworfen. Zurück bleibt Manoj, den Kochlöffel in der rechten Hand, die Augen erschrocken geweitet. Sonja und er haben zusammen gekocht, oder, wie Sonja wohl sagen würde: Sie hat gekocht, und er hat alles besser gewusst. Wenn er ihr ständig reinredet, findet sie, dann soll er es doch selbst machen.
Doch Manoj blafft nicht zurück. Er holt seinen Koffer aus einer Ecke, legt ihn aufs Bett und beginnt Hemd für Hemd, T-Shirt für T-Shirt, seine Kleidung darin zu stapeln. Warum er das mache, fragt Sonja. Manoj schweigt. Dass er nicht so übertreiben solle, versucht Sonja es noch einmal. Doch ihr Freund will nicht reden, will ihre Entschuldigungen nicht hören, nichts ausdiskutieren. Er will zurück nach Singapur, wo er sich vor ein paar Monaten in ein Flugzeug gesetzt hat, um mit ihr zusammen sein zu können. Mehrere Monate haben sie in einem einzigen Zimmer in Sonjas Wohngemeinschaft gelebt, ausgerechnet im beschaulichen Konstanz. Singapur hat 4,8 Millionen Einwohner, Konstanz 84000. Manoj macht das nichts, Manoj ist flexibel. Aber
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