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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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fünf jungen Männer auf der Suche nach Allah, all das kam mir vor wie aus einem Film … und vielleicht war das ja der Grund, warum Allah uns erschaffen hatte, damit Er es sich mit einer Schüssel Popcorn auf dem Sofa bequem machen konnte, um seinen kleinen Ameisen dabei zuzusehen, wie sie sich auf die Suche nach Ihm machten … aber das war ja albern. Jehangir nahm die Ausfahrt 46 zum Vorort Henrietta, der, wie er uns erklärte, nach der Tochter von Sir William Pulteney benannt war. Dann nahmen wir die 390 nach Norden. Die dritte Ausfahrt brachte uns auf die 252 nach Osten und nach etwa einem Kilometer waren wir in der richtigen Straße. Und da war sie. Als Umar den Schlüssel umdrehte, beschlich mich das Gefühl, dass wir etwas Unerlaubtes taten. Wir hatten einen betrunkenen Hurenbock mit einem Iro dabei, einen Kiffer, auch mit Iro, einen Homosexuellen, und dann war da noch ich, was immer ich auch war. Umar war der einzige richtige Muslim unter uns, der einzige, der in die alten Zeiten von Mohammeds Hidschra und der Schlacht von Badr gepasst hätte; selbst wenn er lauter dämliche Tattoos hatte, die jeder Schriftgelehrte als haram bezeichnen würde, ganz gleich, wofür sie standen.
    Ich achtete darauf, mit dem rechten Fuß zuerst einzutreten. Gleich zu unserer Linken waren Fächer an der Wand angebracht, in die wir unsere Schuhe stellten. Rechts befand sich das abgeschlossene Büro. Umar zog sich Pantoffeln an und ging in den Waschraum. Die Restlichen von uns gingen direkt auf die Glastüren und den unbeleuchteten Gebetsraum zu, wobei wir auch hier darauf achteten, mit dem rechten Fuß zuerst einzutreten.
    Dann hatten wir die Moschee für uns. Sie war weiträumig, und um sie zu durchqueren, musste man eine ordentliche Strecke zurücklegen. Die extrem hohen Wände ließen sie noch größer erscheinen. Ich warf einen Blick auf die verrückten Frisuren und Jehangirs nietenbesetzte Lederjacke. Invasion der Taqwacores. Ich stellte mir vor, wir wären vor 1400 Jahren in der Kaaba gewesen, eine Armee von Verrückten und Rowdys, die mit Baseballschlägern Steinskulpturen der Göttinnen al-Lat und al-Uzza zerschlugen, mit kräftigen, beidhändig geführten Schlägen.
    »Seht mal, wie sauber es hier ist«, bemerkte Jehangir und sah sich die Wände an. Zuerst kam es mir so vor, als spräche er ungewohnt laut, doch dann fiel mir auf, dass es an der Akustik des Raums lag; und es machte sowieso nichts, weil niemand außer uns da war.
    »Deshalb liebe ich Moscheen. Wenn du in eine Kirche gehst, wirst du mit Bildern von Christus und Maria und was weiß ich bombardiert. In einem buddhistischen Tempel haben sie einen goldenen Buddha, der den ganzen Raum ausfüllt und alles dominiert. Aber in einer Moschee, Bruder, gibt es nur kahle Wände und geschwungene Kalligrafie, die so kompliziert ist, dass man sie nicht mal lesen kann, und es ist ganz unwichtig, wer du bist. Dir steht nichts im Weg, und dir wird nichts aufgezwungen.«
    »Das Einzige, was ich in Moscheen jemals unangenehm fand, waren die Menschen «, sagte Muzammil. »Wenn sie leer sind, ist es viel besser.« Fasiq ging zum Bücherregal, sah die Korankommentare durch, bis er den Dschuz Amma fand, nahm ihn mit und setzte sich mit dem Rücken zur Wand, um zu lesen – im Dunklen, bis Umar kam und das Licht anmachte. Zuerst gingen alle Lampen an, dann knipste er ein paar wieder aus.
    »Wir sollten zwei Nafl-Rakat machen«, verkündete er. »Aus Ehrfurcht vor der Moschee.« Wir stellten uns jeder in eine Ecke des weitläufigen Raums. Umar betete in der Mitte, direkt unter den Lampen. Jehangir stand an der linken Wand. Ich stellte mich dorthin, wo bei der Dschuma die erste Reihe gewesen wäre. Fasiq und Muzammil standen im Dunklen. Dann sagte Umar so laut, dass man es im ganzen Raum hören konnte: »Nun macht euch bereit, Ischa nach der Sunna zu beten.« Also taten wir das. Ich glaube, wir alle. Ich fühlte mich dazu verpflichtet, weil mein Bruder Umar mich dazu ermahnte. Dann stand Jehangir auf, ging hinüber zum Mihrab und betätigte einen Schalter an der Wand, um das Mikrofon einzuschalten.
    Er sang los wie ein betrunkener Sinatra, machte dazu das passende Gesicht und nahm die entsprechende Pose ein.
    »Allaaaaaaaaaaaaahu Akbarullaaaaaaaaaaaaaaaaahu Akbar; Allaaaaaaaaaaaaahu Akbarullaaaaaaaaaaaaaaaaahu Akbar!« Umar war wahrscheinlich kurz davor, ihm an den Hals zu springen, aber er sagte nichts und sprach die Worte nur lautlos mit.
    Unser Ischa wurde wunderschön. Jehangir

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