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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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leitete uns. Ich betete zwischen Umar und Muzammil und hatte keine Sekunde lang das Gefühl, dass irgendetwas zwischen ihnen stand. Wir waren Brüder mit bloßen Füßen.
    »Sieh mal, da oben«, sagte Fasiq. »Die Empore für die Frauen. Den Scheiß sollten wir uns mal anschauen.« Wir gingen zur Tür. »Astaghfirullah«, fügte er hinzu, als er bemerkte, dass er in einer Moschee ›Scheiß‹ gesagt hatte. Wir verließen den Raum mit dem linken Fuß zuerst, gingen die Treppe hinauf und betraten einen großen offenen Raum; lange Tische lehnten mit eingeklappten Beinen an der Wand, davor ein Haufen Klappstühle. Es gab mehrere Tafeln und ein Podium. »Hier finden die Sonntagsschule und die Festessen statt«, sagte Fasiq. Dann gingen wir durch eine weitere Glastür und kamen auf die Empore. »Von hier könnten wir auf Umar runterspucken … Astagfirullah.«
    »Salam aleikum«, rief ich unseren Brüdern unten zu.
    »Wa aleikum assalam, Schwestern«, witzelte Jehangir.
    Im Obergeschoss gab es auch eine Küche, doch im Kühlschrank fanden wir bloß eine Tüte mit Chapati und eine mit Alufolie abgedeckte Schüssel mit irgendetwas Undefinierbarem, das Fasiq als »sauscharfen Mist« identifizierte.
    »Du stehst wohl nicht auf südasiatische Küche?«, fragte ich lächelnd.
    »Mann, ich weiß nicht, wie ihr das aushaltet.«
    Wir gingen wieder nach unten. Jehangir hatte sich in den Mihrab gesetzt, die Arme auf den Knien. Muzammil lehnte an der Wand und dachte über irgendetwas nach. Umar war ganz in sein Dhikr oder Du’a versunken. Ich blickte wieder zu Jehangir. Aufgestellter gelber Iro, Nieten, Hosen mit rotem Schottenkaro. So saß er in dem gekachelten Mihrab auf seinem Gebetsteppich.
    »Komm mal her, Bruder«, sagte er und wies mit dem Kopf auf das Bücherregal, stand auf und ging hinüber. Er griff in die Innentasche seiner Lederjacke und zog ein dünnes Buch mit einem gelben Umschlag heraus, der etwas verknickt war und Eselsohren hatte.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Meine Gabe an die Moschee«, antwortete er flüsternd.
    Jehangir hielt das Buch so, dass ich die Vorderseite sehen konnte und den muffigen Geruch bemerkte, den es ausströmte. The Punk . »Es ist ein Roman«, erklärte er. »Der erste Punkroman. Ein Typ namens Gideon Sams hat ihn mit vierzehn geschrieben. Er arbeitete in der Pizzeria seines Vaters und träumte davon, Gehirnchirurg zu werden. Seine Hausaufgaben machte er in einer Billardhalle. Er wollte ein Skateboard entwickeln, auf dem man Pogo tanzen kann. Sieh dir mal den Umschlag an: Romeo und Julia mit Sicherheitsnadeln. Haha. Scheiße. Dieses Buch liest sich, als wäre es von den alten Gefährten Mohammeds geschrieben worden, Mann.«
    Jehangir schob das dünne Buch zwischen die Korankommentare im Regal, die Fasiq vorher durchgesehen hatte. »Irgendjemand wird es schon finden«
    »Ja«, sagte ich.
    »Hoffentlich jemand, der cool ist.«
    »Hat der Typ noch was anderes geschrieben?
    »Scheich Sams? Ich glaube nicht. Er starb mit sechsundzwanzig. Ich glaube nicht mal, dass er mit dem Buch irgendwas erreichen wollte, er hat es einfach nur so geschrieben. Alaihi salam.«
    Ich sah ihm nach, als er wegging, um einen Platz zu finden, wo er sich hinlegen konnte.
    »Bruder«, sagte Umar freundlich, aber bestimmt. »Man sollte sich so hinlegen, dass der Kopf in Richtung Qibla weist.«
    »Stimmt«, antwortete Jehangir ohne eine Spur von Feindseligkeit und drehte sich um. So eine gute Nacht war das.
    Zwischen den ganzen Koranen, Korankommentaren und Hadithsammlungen entdeckte ich eine Zeitschrift, die von einem bekannten amerikanischen Muslimverband herausgegeben wurde. Ich nahm sie und blätterte sie durch: große farbige Werbeanzeigen für Korane auf CD -Rom und islamische Videos für Kinder, irgendetwas über Tschetschenien, über Bush und den Irak, über Allahs Namen in einer Wassermelone, und Heiratsannoncen. Islamische Heiratsannoncen. Brüder suchen Schwestern. Schwestern suchen Brüder. Eltern suchen Brieffreund für ihre Salafi-Tochter (arabischer Herkunft), möglichst einen sehr frommen Salafi mit Bart, der überzeugter Muslim arabischer Herkunft sein sollte …; Eltern suchen Brieffreund für Tochter, die im letzten Jahr Softwareentwicklung studiert, 1,68 Meter groß, helle Haut, trägt Hidschab …; Eltern aus Gujarat suchen Brieffreund für Tochter, die im letzten Jahr Medizin studiert, 28, 1,65 Meter, schlank, hellhäutig, hübsch. In den USA geboren, nach orientalischen sowie westlichen Werten

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