Taran Bd 3 - Die Prinzessin Von Llyr
Reise dachte und wünschte, sie möge niemals enden.
Er hatte soeben ein Tau aufgewickelt, als Kaw vom Mast herunterstieß und unter aufgeregtem Gekrächze seine Kreise zog; einen Augenblick später rief der Ausguck »Land in Sicht«. Die Gefährten eilten zum Heck und erstiegen das flache Dach der Kabine. Im Glanz der Morgensonne sah Taran die Berge von Mona über dem Horizont auftauchen. Das Schiff näherte sich rasch der weit geschwungenen Hafenbucht von Dinas Rhydnant, wo an den Dämmen und Molen dicht gedrängt die Schiffe lagen. Unmittelbar dahinter ragten steile Felsen empor und auf dem höchsten erhob sich stolz eine stattliche Burg, auf deren Zinnen die Banner des königlichen Hauses von Rhuddlum im frischen Morgenwind wehten. Das Schiff glitt in einer sanften Kurve an die Anlegestelle. Die Matrosen warfen die Taue aus und sprangen an Land. Die Gefährten, voran Prinz Rhun, wurden von der königlichen Garde in Empfang genommen und ehrenvoll zur Burg hinaufgeleitet.
Doch selbst auf diesem kurzen Weg gab es einen Zwischenfall. Der Prinz riss sein Schwert aus der Scheide, um den Gruß des Gardehauptmanns zu erwidern; er tat es mit einer so weit ausholenden Geste, dass sich die Schwertspitze in Tarans Mantel verfing. »Oh, das tut mir aber leid!«, rief Rhun und untersuchte eingehend den langen klaffenden Schlitz, den er mit seiner Klinge gerissen hatte.
»Mir auch, Prinz von Mona«, brummte Taran wütend, denn er dachte daran, welchen Eindruck er mit seinem zerrissenen Mantel auf den König und die Königin machen musste. Er sagte nichts weiter, sondern biss die Zähne zusammen und hoffte nur, dass man den Schaden nicht bemerken würde.
Der Zug durchschritt die Tore der Burg und gelangte in einen weiten Hof. Mit einem fröhlichen »Hallo, hallo!«, lief Prinz Rhun auf seine Eltern zu, die hier warteten. König Rhuddlum hatte das gleiche runde, freundliche Vollmondgesicht wie Prinz Rhun. Er empfing die Reisegefährten mit herzlichen Worten, wobei er sich mehrfach wiederholte. Mit keiner Miene verriet er, ob er den Riss in Tarans Mantel bemerkte. Dann aber trat Königin Teleria vor.
Die Königin war eine stattliche, gut aussehende Frau, die sich in wallenden, weißen Gewändern gefiel. Ein goldener Reif schmückte ihr reiches strohblondes Haar, das Prinz Rhun von ihr geerbt hatte. Sie überschüttete Eilonwy mit Küssen, umarmte Taran, der immer noch verlegen war, und stutzte erstaunt, als sie Gurgi bemerkte; aber dann umarmte sie auch ihn.
»Herzlich willkommen, Tochter der Angharad«, hob die Königin an. »Deine Gegenwart ehrt – aber Kind, was zappelst du denn? Bleib doch ruhig stehen! – ehrt unser königliches Haus.«
Die Königin unterbrach sich plötzlich und fasste Eilonwy bei den Schultern. »Ach du lieber Llyr!«, rief sie aus. »Wo hast du denn diese schrecklichen Kleider her? Na, es ist allerdings höchste Zeit, dass Dallben dich aus dieser verborgenen Geborgenheit im Urwald entließ.«
»Verborgene Geborgenheit, allerdings«, erwiderte Eilonwy. »Ich hänge sehr an Caer Dallben. Und Dallben ist ein großer Zauberer.«
»Gewiss, gewiss«, sagte Königin Teleria, »aber er hat mit seinen Zaubersprüchen und all dem Kram so viel im Kopf, dass er dich wie Unkraut aufwachsen ließ!« Sie wandte sich an König Rhuddlum. »Habe ich nicht recht, mein Lieber?«
»Genau. Wie Unkraut«, bestätigte der König und betrachtete aufmerksam den Raben Kaw.
Der Rabe spreizte seine Schwingen, öffnete den Schnabel und krächzte zu des Königs unaussprechlicher Freude laut und vernehmlich: »Rrrhuddlum!«
Königin Teleria hatte indessen Taran und Gurgi gemustert. »Oh, seht doch, dieser jämmerlich zerfetzte Mantel! Ihr müsst beide neue Kleider haben«, erklärte sie. »Neue Jacken, neue Sandalen, alles neu. Glücklicherweise haben wir jetzt einen ganz hervorragenden Schuster hier auf der Burg. Eben ging er – aber Kind, mach doch nicht einen solchen Schmollmund! Das gibt nur Blasen – ging er vorüber. Wir haben ihm allerlei zum Flicken gegeben. Unser Haushofmeister soll sich darum kümmern. Magg!«, rief sie. »Magg? Wo ist er denn?«
»Stets zu Euren Diensten«, antwortete der Haushofmeister, der die ganze Zeit unmittelbar neben der Königin Teleria gestanden hatte. Er trug einen wunderschönen, wahrhaft königlichen Mantel mit unbeschreiblich kostbaren Stickereien. In der Hand hielt er einen mehr als mannshohen Stab aus glatt poliertem Holz. An seinem Hals hing eine schwere silberne Kette und an
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