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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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KAPITEL EINS
    E ine Weile waren die Häuser links und rechts von uns leer. Dann wurden ungefähr gleichzeitig die ZU VERKAUFEN-Schilder weggenommen, und Leute zogen ein. Wir wohnen dazwischen, in einem (gerade so) freistehenden Haus, von dem ich inzwischen annehme, vielleicht meine Frau ebenfalls, daß wir den Rest unseres Lebens darin verbringen werden ... Na ja, irgendwo muß man ja anfangen, und wenn es nur auf irgendeinem alten Fetzen Papier ist. Ich weiß nicht so recht, was das eigentlich werden soll. Wir werden sehen müssen. Es kann ziemlich lange dauern.
     
    Webb, unser Nachbar auf der einen Seite, leidet an zu großer Neugier, aber ich bin sicher, daß keine Bosheit dahintersteckt. Auf der anderen Seite leben ein Mann namens Hamble und seine Frau, die in ihrem Verhalten ein beständiges, aber geduldig ertragenes Leiden demonstrieren, das, wie ich vermute, für beide eine ziemliche Strapaze darstellt, wenn sie miteinander allein sind. Auch Webb ist verheiratet. Seine Frau ist eine blasse, geduckte Brillenträgerin und hält sich eher im Hintergrund, als wäre sie schon zu oft das Objekt der Neugier gewesen.
    Oft, allerdings nicht allzu oft, wünsche ich mir, wir könnten es uns leisten, ohne nahe Nachbarn zu leben, anstatt in dieser nichtssagenden Londoner Vorstadt, wo man Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn man versucht, für sich zu bleiben. Schon an meinem Arbeitsplatz wird mir zuviel Nachbarschaftlichkeit aufgezwungen, da muß ich sie in den langen Zeitspannen dazwischen nicht unbedingt auch noch haben. Meine Frau würde solche Theorien (wenn überhaupt) als antisozial betrachten. Sie ist das genaue
Gegenteil davon. Die Gesellschaft im allgemeinen und das Soziale im besonderen liegen ihr sehr am Herzen, zumindest hat sie Theorien darüber — sowohl über die Gesellschaft, die existiert, wie auch über die bessere, an deren Entstehung wir alle arbeiten sollten. Sie praktiziert, was sie predigt — und umgekehrt ebenso, was andere durchaus als, nun ja, benutzen wir das Wort einfach, antisozial betrachten könnten. Ich tue es nicht. Ich bewundere sehr, was sie tut, nämlich Gutes in einem anderen Viertel, wobei sie sich hin und wieder fragt, Gott sei Dank nur in der Theorie, ob sie dafür wirklich bezahlt werden sollte. Man könnte also sagen, daß wir beide an der Erschaffung einer besseren Welt, einer breiteren Nachbarschaftlichkeit arbeiten. Zumindest ist das die Theorie, und die lasse ich nicht zwischen uns kommen.
    Wenn sie die Webbs oder die Hambles sieht, winkt sie ihnen flott zu, ohne zu unterbrechen, was sie gerade tut — meistens resolut unseren Gartenpfad hinauf- oder hinuntergehen –, und sie antwortet auf Webbs Fragen mit einem seitlichen Verziehen einer Mundhälfte, was nur Webb für ein Lächeln halten kann. Meine Frau hat keine Lust auf Diskussionen über unsere Nachbarn, da es doch viel schwerwiegendere Themen zu besprechen gibt, wie zum Beispiel die Entwicklung und das wachsende soziale Bewußtsein unserer Kinder, meinen totalen Mangel an beidem (über den nur in Andeutungen gesprochen wird) und den Zustand der Welt, der immer irgendwo dazwischen liegt.
     
    Meiner Frau wäre es ziemlich egal, wo wir wohnen, natürlich innerhalb gewisser Grenzen; ich glaube, ihr wäre es lieber, in größerer Armut und Beschwerlichkeit zu leben, als sich noch offensichtlicher zu den Privilegierten zählen zu müssen. Deshalb bin ich ebensooft froh, genau da zu leben, wo wir sind, irgendwo in der Mitte also, soll heißen nicht zu verwahrlost, aber auch nicht zu sehr gequält von ihrem Gewissen. In dem Viertel, in dem sie arbeitet, gibt es sehr viel Verwahrlosung, und wenn sie davon erzählt, mache ich »Ts ts«, schüttle den Kopf, suhle mich in stummer Dankbarkeit für das, was ich habe, und sage nichts. Wir sind im Augenblick in den frühen Siebzigern, und die Lage scheint
immer schlimmer zu werden, was sie für sie immer besser macht, zum Glück (oder leider).
     
    Bis zu einem gewissen Punkt stelle ich mir gern vor, daß Webb seine Frau aus reiner Neugier geheiratet hat, um herauszufinden, wie die Intimitäten des ehelichen Lebens mit jemand so Schüchternem aussehen könnten, oder weil sie so gefügig wirkte, daß man mit ihr vermutlich viel experimentieren konnte. Ich stelle mir außerdem vor, daß er auch neugierig ist auf meine Intimitäten mit meiner Frau, wobei er ahnen dürfte, daß sie ihn nicht unendlich neugierig auf mehr machen würden. Eine meiner Spekulationen geht dahin, daß er,

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