Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Individuum an einem zufälligen Ort. b Die Nachkommen des ersten Individuums besiedeln das Biotop in unmittelbarer räumlicher Nähe. c Weiteres Fortschreiten dieses autokorrelierten Besiedlungsprozesses kann zu Klumpen führen.
4.1.3 Zeitliche Struktur von Gemeinschaften
Sukzession beschreibt die Entwicklung von Biozönosen in der Zeit. Die Biozönosen primärer Sukzessionsstadien besiedeln freie Flächen – entweder nach deren Entstehung oder nach der Zerstörung einer vorhergehenden Biozönose. Die Kombination der Faktoren Kolonisierungsfähigkeit, Ressourcenverfügbarkeit, biotische Interaktionen und abiotische Bedingungen bestimmt nun, welche Arten eine Fläche besiedeln. Durch diese Besiedlung kommt es zu einer Veränderung der Faktoren, wodurch neue Arten einwandern können und das folgende Sukzessionsstadium bilden. Folgende Sukzessionsstadien lassen sich normalerweise unterscheiden (Abb. 4. 3 ):
Abb. 4. 3 Sukzession. Vergleicht man die zeitlich veränderten Biomasse- und Produktionsdaten in einer Phytoplanktonkultur ( a ) und einem Wald ( b ), so ergibt sich ein weitgehend übereinstimmendes Sukzessionsmuster: Im Initial- und Folgestadium wächst die Biomasse und erreicht im Reifestadium ein Plateau. Aufbau und Abbau von Biomasse sind jetzt ausgeglichen. Die Nettoprimärproduktion (P N ) steigt im Initialstadium, erreicht im Folgestadium die höchsten Werte und sinkt im Reifestadium wieder ab. Die Nettoprimärproduktion ergibt sich als Differenz zwischen gemessener Bruttoprimärproduktion (P B ) und Respiration (R), also als schattierte Fläche zwischen (P B )- und (R)-Kurve. Auf das Reifestadium kann ein Zerfallsstadium folgen und die Sukzession startet neu. (Nach a: Cooke, 1967; b: Kira, 1967.)
Im Initialstadium treffen kurzlebige Pionierarten ein, die sich stark vermehren und die Biomasse schnell vergrößern. Bei diesen Arten handelt es sich meist um typische r-Strategen.
Im Folgestadium werden die Pioniere durch konkurrenzfähigere, langlebige Arten verdrängt. Es wird mehr Biomasse gebildet als abgebaut, dadurch können sich Konsumenten ansiedeln, die durch ihre Fraßaktivität einen Eintritt in das Reifestadium verzögern oder verhindern können.
Im Reifestadium (Endphase, Klimax) einer Sukzession sind Aufbau und Abbau von Biomasse in etwa ausgeglichen. Es besteht ein weitgehendes Fließgleichgewicht zwischen Verlusten und Zuwächsen, die Produktion ist vergleichsweise gering, und K-Strategen überwiegen.
Im Zerfallsstadium bricht die Biozönose zumindest lokal zusammen, wodurch ein erneuter Sukzessionsstart mit dem Initialstadium ermöglicht wird.
Klimax-Konzepte: Nach dem Monoklimax-Konzept gehen alle Sukzessionen auf ein einziges Klimaxstadium zu, das nur von der jeweiligen geographischen Region abhängt. So ist das Klimaxstadium in mitteleuropäischen Lagen der Rotbuchenwald, und sowohl die Sukzessionen an Land (Xeroserien) als auch die im Wasser (Hydroserien) entwickeln sich letztlich dorthin. Nach dem Polyklimax-Konzept sind auch bei gegebenen großklimatischen Bedingungen verschiedene Endstadien denkbar, örtliche Bodenverhältnisse und lokalklimatische Bedingungen beeinflussen das Endstadium der Vegetation. Da das Erreichen des Klimaxstadiums in sehr langfristigen klimatischen Zeiträumen stattfindet, entziehen sich Mono- und Polyklimax-Konzept einer verifizierbaren Analyse. Als Planungsgrundlage für Naturschutz und Landschaftspflege werden vielfach kartographische Darstellungen der potenziellen natürlichen Vegetation herangezogen. Im Gegensatz zum Klimaxstadium entwickelt sich die potenzielle natürliche Vegetation nicht allmählich, sondern ist ein abstrakter hypothetischer Vegetationszustand. Ausgangspunkt sind die gegebenen Standortbedingungen, die zum Teil irreversibel durch Versiegelung, Aufspülung, Abtorfung und andere Einflüsse des Menschen verändert sind. Die potenzielle natürliche Vegetation gibt den gedachten Landschaftszustand an, der sich unter den aktuellen Umweltbedingungen einstellen würde, sobald alle unmittelbaren, reversiblen anthropogenen Nutzungen, z. B. Mahd, Düngung, Beweidung, ausgeschlossen werden. Diese potenzielle natürliche Vegetation wird der realen Vegetation gegenübergestellt und ist damit ein Maß für das biotische Potenzial eines Standortes.
Verschiedene Konzepte betonen, ob Sukzessionen in einem Reifestadium (Klimax) enden oder zyklisch verlaufen und vom Reifestadium über ein Zerfallsstadium wieder in das Initialstadium führen. Diese
Weitere Kostenlose Bücher