Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Hochrechnungen liefern, sodass a priori eine Methode ausgewählt werden muss. Zum Vergleich der Artenzahl von Biozönosen können Intrapolationen durch Rarefaction benutzt werden, bei denen die Arten-Individuen-Kurven (Artenzahl in Abhängigkeit von der gesammelten Individuenzahl) auf eine einheitliche (minimale) Individuenzahl reduziert werden (Abb. 4. 6a ). Der Verlust an Information und die Unschärfe der Methode bei sich schneidenden Arten-Individuen-Kurven limitieren den Wert von Rarefaction-Analysen.
Abb. 4. 6 Bestimmung von Artenzahlen. a Mit zunehmender Sammelintensität nehmen die Zahl der gefundenen Individuen und der gefundenen Arten zu (Sammelkurven). Rarefaction-Analysen standardisieren die Individuenzahlen aller Biozönosen auf einen einheitlichen Wert: die Individuenzahl der individuenärmsten Biozönose. Die Artenzahlen auf den Sammelkurven bei diesen standardisierten Individuenzahlen werden zum Vergleich der Biozönosen genutzt. Da sich die Sammelkurven oft schneiden, ist diese Methode stark abhängig von der Sammelintensität in der individuenärmsten Biozönose. b Hochrechnungen (hier am Beispiel des Jacknife-Hochrechners zweiter Ordnung) extrapolieren die gemessenen Artenzahlen in einer Sammlung auf höhere Sammelintensitäten. Sie erlauben die Abschätzung der wahren Artenzahlen, aber sie können die Artenzahlen auch überschätzen. (Nach Colwell, 1994.)
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4.2.2 Diversitäts-Indizes
Konzeptionell ist die Diversität einer Gemeinschaft hoch, wenn die Wahrscheinlichkeit zweier gesammelter Individuen zu einer Art zu gehören gering ist. Diese Wahrscheinlichkeit sinkt mit zunehmender Artenzahl und abnehmender Gleichverteilung ( evenness ). Je größer deshalb die Anzahl der Arten und je gleichmäßiger die Individuen auf diese Arten verteilt sind, umso größer ist die Diversität: Eine Biozönose aus zwei Arten zu je 50 Individuen ist diverser als eine Biozönose mit ebenfalls zwei Arten, bei der aber von einer Art nur ein Individuum, von der anderen 99 Individuen vorkommen. Dieses Prinzip nutzen verschiedene aus der Informationstheorie entlehnte Indizes , um die Diversität von Biozönosen zu quantifizieren (Tab. 4. 1 ).
Tab. 4. 1 Gebräuchliche Diversitäts- und Similaritätsindizes.
Die α -Diversitäts-Indizes hängen sowohl von der Artenzahl als auch von der Evenness der Abundanzverteilung in der Biozönose ab. Ein höherer Diversitätsindex in einer Biozönose kann also nicht eindeutig einem dieser beiden Faktoren zugeordnet werden. Deshalb erfordert eine detaillierte Diversitätsanalyse eine gesonderte Betrachtung beider Faktoren.
Ein häufig benutzter α-Diversitätsindex ist der Shannon-Wiener-Index (Tab. 4. 1 ). Eine Biozönose a enthält drei Arten mit den Individuenzahlen ni (18, 1, 1, Abb. 4. 7a ). Der Shannon-Wiener-Index für die Biozönose a beträgt 0,39 bei einer Evenness von 0,35. Eine zweite Biozönose b enthält sechs Arten mit den Individuenzahlen ni (15, 1, 1, 1, 1, 1, Abb. 4. 7b ). Der Shannon-Wiener Index für die Biozönose b beträgt 1,1 bei einer Evenness von 0,6. Bei einer ähnlich ungleichen Verteilung der Individuen und Dominanz einer Art ist der Shannon-Wiener-Index für die artenreiche Biozönose b (H S = 1,1) also höher als der für die artenarme Biozönose a (H S = 0,39). Eine Biozönose c enthält drei Arten mit den Individuenzahlen ni (6, 7, 7, Abb. 4. 7c ). Der Shannon-Wiener-Index für die Biozönose c beträgt 1,1 bei einer Evenness von 1. Bei einer gleichen Anzahl von drei Arten hat die Biozönose c mit der gleichmäßigen Verteilung der Individuen auf die Arten (E = 1) eine höhere Shannon-Wiener-Diversität (H S = 1,1) als die Biozönose a mit der ungleichmäßigen Verteilung der Individuen (E = 0,35). Der Shannon-Wiener Index steigt demnach sowohl mit der Artenzahl als auch mit der Evenness.
Abb. 4. 7 Diversität und Evenness von drei Biozönosen.
In den meisten natürlichen Biozönosen existieren einige Arten mit hohen Abundanzen, einige mit mittleren Abundanzen und viele Arten mit geringen Abundanzen ( Siehe hier ). Anthropogene Störungen eines Ökosystems wie die Einleitung von Schadstoffen oder die Düngung können die Artenzahlen und die Evenness reduzieren, sodass es zu einer niedrigeren α-Diversität kommt. Im Gegensatz dazu existieren auch in vielen natürlichen Ökosystemen Biozönosen geringer Evenness (tropische Regenwälder, Korallenriffe) oder geringer Artenzahl (alpine und arktische Lebensgemeinschaften). Diese Zusammenhänge
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