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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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irgendetwas davon eine Kugel in den Kopf eingebracht. Hier ist alles drauf, in einzeilig getippten Artikeln.«
    »Aber sie sind alle veröffentlicht, nicht wahr? Es gibt nichts Neues?«
    »Das Notizbuch. Das Notizbuch ist neu. Nur habe ich es nicht. Ich habe all diese Daten, die zur Spitze der Pyramide führen, doch ich kann die Spitze nicht erreichen, ohne zu wissen, was Grischa getan hat, und das steht im Notizbuch. Ich weiß, wer, aber ich weiß nicht, was. Ihre Experten könnten wissen, was es ist, nur würden sie nicht wissen, wer dahintersteckt. Erzählen Sie mir von den Leuten, die daran arbeiten. Sind es Linguistikexperten oder militärische Analysten?«
    »Nur zwei Kinder, die Schach spielen.«
    Sie sank zurück. »Das ist alles?«
    »Ja. Sie kennen sich gut mit Spielen aus.«
    »Wirklich Kinder?«
    Arkadi nickte.
    »Joseph …« Sie musste lachen. »Joseph war sicher, dass das Notizbuch unmöglich zu entziffern wäre, weil man sein Leben gelebt haben musste, um sein persönliches Vokabular zu verstehen. Seine anspruchsvolle Musik, Bücher, Filme und so weiter.«
    »Um ein Schweizer mittleren Alters zu sein, der vermutlich Mozart verehrte? Nein. Er kann von Glück sagen, diese beiden zu haben.«
    »Armer Joseph. Er steckte zu tief drin.«
    »Und Sie haben ihn da reingeritten.«
    »Ja, das stimmt«, erwiderte sie nach kurzem Nachdenken. »Glauben Sie, ich habe Sie auch reingeritten?«
    »Zweifellos.«
    Viktor verschob einen Sessel so, dass er die Eingangstür von Arkadis Wohnung im Blick hatte. Jeder, der hereinkam, würde zuerst an ihm vorbeimüssen. Alle paar Minuten sah er auf sein Handy, falls Arkadi eine SMS geschickt oder eine Nachricht hinterlassen hatte. Viktor konnte das Internet nicht ausstehen.
    »Erzähl’s ihm«, drängte Lotte.
    »Da geht es um was Nautisches«, sagte Schenja. »Marine, Schiff, U-Boot, Torpedo, Wasser, Meer.«
    »Ich sag dir, worum es geht«, meinte Viktor. »Viel Geld, das den Besitzer wechselt, und lauter Ganoven, die sich gegenseitig im Auge behalten. Keiner vertraut keinem. Darum treffen sie sich.«
    »Erklär es ihm«, drängte Lotte wieder.
    »Ja, bitte«, sagte Viktor.
    »Meiner Meinung nach steht Folgendes im Notizbuch: ›Die Werft Rote Dämmerung in China stimmt zu, Russland zwei Milliarden zu zahlen, um ein U-Boot zu reparieren und seetüchtig zu machen. Vielleicht fünfzig Prozent an das russische Verteidigungsministerium und fünfzig Prozent an anonyme Partner von … ‹ «
    »Irgendwas mit Bernstein«, warf Lotte ein. »Das muss es sein.«
    Schenja war irritiert, fuhr jedoch fort: »Und es wird nicht öffentlich verbucht werden. Die Beteiligten werden sich auf dem Schiff Natalja Gontscharowa treffen.«
    »Damit meinst du Grischas Jacht.«
    »Nehme ich an.«
    »Nur ist Grischa tot, und die Notizen sind zwei Wochen alt.«
    »Dann treffen sie sich noch mal, alle bis auf Grischa«, sagte Schenja.
    »Wer trifft sich?«, fragte Viktor.
    »Das wissen wir nicht«, gab Lotte zu.
    Viktor schnippte eine weitere Fanta-Dose auf. »Amateure.«

28
    A rkadi und Tatjana saßen auf der Veranda und sahen zu, wie schaumige Wellen auf den Strand rollten. Am Dachsims blähten sich Spinnennetze im Wind. Tatjanas Stift flog regelrecht über das Papier ihres Blocks. Sie sah so schmächtig aus, eine Motte im Lampenlicht, und man konnte sich nur schwer vorstellen, dass sie unter bewaffneten Männern Wut und Furcht verbreitete.
    »Darf ich mir die Frage erlauben, was Sie da schreiben?«
    »Ein Opus horribilis . Oder eine Chronik der Korruption, wie immer Sie es nennen wollen. Korruption taucht in so vielen Formen auf, dass man kaum weiß, wo man anfangen soll. Stellen Sie sich einen Rüstungskonzern vor, der drei Milliarden Rubel aus seinem Budget zum Bau von Docks für Atom-U-Boote unterschlägt. In echtem Geld sind das hundert Millionen Dollar, die in Immobilien investiert wurden. Als die Polizei die Wohnung eines der an der Unterschlagung Beteiligten durchsuchte, fand sie Kunstwerke, Schmuck und, wer hätte das gedacht, den Verteidigungsminister persönlich, mit seiner Geliebten.
    Aber das ist nichts im Vergleich zum Abzweigen von sieben Milliarden Rubel von unserem Satellitennavigationssystem, was für die Fehlstarts unserer Satelliten verantwortlich sein könnte. Die Liste ist endlos. Der Verteidigungsminister gibt zu, dass ein Fünftel des Militäretats gestohlen wird. Kaum vorstellbar, was bei einer unabhängigen Ermittlung herauskommen würde.«
    Sie schrieb mühelos, doch ihm fiel

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