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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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1
     
    11. August 2375
    Irgendwo im Ultraraum
     
    Lorie, ich weiß beim besten Willen nicht, wann dir dieser Hörbrief zu Ohren kommen wird. Wenn überhaupt jemals. Ich meine, ich könnte einfach zu dem Entschluß kommen, den Nachrichtenwürfel zu löschen, nachdem ich diese Aufzeichnung zu Ende gebracht habe. Oder vielleicht vergesse ich ganz einfach, ihn dir zu geben, wenn ich nach alledem nach Hause komme.
    Es ist nicht nur einfach so, daß ich eine Art wankelmütiger Sonderling bin, was natürlich stimmt. Doch bis zu dem Zeitpunkt, da ich dir irgendeine Nachricht übergeben kann, werden ein paar Jahre vergehen, und was ich dir jetzt sagen möchte, mag dann nicht mehr wichtig oder interessant sein. Aber ich habe eben diese Nachrichtenwürfel. Und gerade jetzt scheint es eine gute Idee zu sein, alles für dich festzuhalten, eine Aufzeichnung dessen anzufertigen, was ich tue und hier draußen erlebe.
    Ich glaube, am besten wäre es, wenn ich dich heute abend über das galaxisweite Telepathen-Verbindungsnetz anriefe und uns herzliche Glückwünsche zum Geburtstag übermittelte, uns beiden, die wir heute zweiundzwanzig Jahre alt geworden sind. (Hört sich das nicht uralt an? Wir werden zu Fossilien!) An ihrem Geburtstag sollte ein junger Bursche wie ich Verbindung aufnehmen mit seiner Zwillingsschwester, auch wenn sie daheim auf der Erde und er eine ganze Handvoll Lichtjahre entfernt ist.
    Aber es würde so um eine Milliarde Krediteinheiten kosten, eine wirkliche und simultane Kopf-zu-Kopf-Verbindung herzustellen. Nun, vielleicht nicht ganz soviel. Aber was immer es auch kosten würde, es ist mehr Kohle, als ich auf meinem Daumenkonto habe. Und ein R-Gespräch wage ich nicht, auch wenn die Gebühren unserem Herrn und Meister nicht viel ausmachen würden. Wenn ich daran denke, wie die Dinge zwischen Vater und mir standen, als ich auf diese Tour ging, dann habe ich einfach nicht den Schneid, es zu versuchen.
    Bist du also hiermit zufrieden? – Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebste Schwester, von deinem einzigartigen und unersetzlichen Bruder Tom, weit, weit entfernt. Via Nachrichtenwürfel und einige Jahre nach dem Ereignis sende ich dir einen bescheidenen und brüderlichen Kuß.
    Wo ich jetzt bin, das ist genau die Frage, die alle beschäftigt. Nach Flugplan sollen wir in drei Erd-Standardtagen auf Higby V landen, und Higby V ist – was? Sechzig, achtzig oder neunzig Lichtjahre von der Erde entfernt? Doch wie du sicher weißt, gibt es keine Eins-zu-eins-Korrelation zwischen der Dauer des Fluges im Ultraraum und der zurückgelegten Distanz. Bei einer Reise über zehn Lichtjahre braucht das Raumschiff vielleicht, sagen wir: zwei Monate, um ein Viertel der Strecke zurückzulegen, und den Rest bewältigt es dann in anderthalb Stunden. Es hat etwas mit der Raum-Zeit-Krümmung zu tun. Als sie es uns Laien erklärten, sollten wir uns eine Nadel vorstellen, die durch ein zusammengeknülltes Blatt Papier sticht und dabei mehrere Schichten auf einmal durchdringt. Höhere Physik von dieser Art ist eigentlich nie ganz mein Fall gewesen, und ich werde auch jetzt nicht versuchen, mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich liefe Gefahr, die nützlicheren Dinge der anderen Wissenschaften zu vergessen, jene Dinge, die ich zu erlernen versuche und die mehr mit Archäologie zu tun haben. Und die Archäologie geht vor.
    Es ist so, wie der Assyrologe Professor Steuben zu sagen pflegte. Während des ganzen Semesters nannte er mich Mr. Barley {1} , und ich interpretierte es als seine Art zu scherzen. Bis ich herausfand, daß er wirklich davon überzeugt war, dies sei mein Name. Ich sagte ihm also, ich hieße Rice {2} , und am nächsten Tag nannte er mich Mr. Oats {3} . Erneut sagte ich ihm, ich hieße Rice. Daraufhin richtete er sich zu seiner ganzen Größe von drei Metern auf und erwiderte: „Mr. Rice, sind Sie sich darüber im klaren, daß ich jedesmal, wenn ich mir den Namen eines Studenten einpräge, ein unregelmäßiges Verb vergesse? Man muß Prioritäten setzen!“ Er kehrte zu seiner alten Gewohnheit zurück, mich Barley zu nennen, machte aus dem ‚e’ der letzten Silbe aber ein ‚a’, und so hatte ich nicht mehr allzuviel an ihm auszusetzen.
    Professor Steuben sollte mich nun sehen, jetzt, da ich kurz davorstehe, mich durch die bedeutendste archäologische Fundstätte der Galaxis zu graben. Ich fühle mich, als ginge endlich der Vorhang für mich auf. Erinnerst du dich daran, wie wir darüber sprachen, daß das

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