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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Titel: Tausend strahlende Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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sicher. Wahrscheinlich in Rawalpindi.«
    Zalmai, der fast eingeschlafen war, hat sich aufgerichtet und reibt sich die Augen mit geballten Fäusten.
    Zwei Tage später, als sie gerade ein Gästezimmer aufräumen, werden unten im Hotel plötzlich Rufe laut. Tarik lässt den Besen fallen und eilt aus dem Zimmer. Laila folgt ihm.
    Die lauten Stimmen kommen aus dem Foyer. Rechts neben der Rezeption befindet sich die Lounge mit einer sandfarbenen Sitzgarnitur aus mehreren Ledersesseln und zwei Sofas. In der Ecke steht ein Fernsehgerät, vor dem sich Sajid, der Portier und mehrere Gäste versammelt haben. Laila und Tarik drängen sich in den Raum.
    Im Fernseher läuft eine Nachrichtensendung der BBC. Auf dem Bildschirm ist ein Wolkenkratzer zu sehen; aus den oberen Etagen steigt schwarzer Rauch auf. Tarik und Sajid wechseln gerade ein paar Worte, als am Rand des Bildschirms ein Flugzeug auftaucht. Es stürzt in den benachbarten Turm und explodiert in einem Feuerball, der so gewaltig ist, dass Laila ihren Augen nicht traut. Alle, die im Foyer sind, schreien auf.
    In weniger als zwei Stunden brechen beide Türme in sich zusammen.
    Bald ist auf allen Fernsehkanälen nur noch die Rede von Afghanistan, den Taliban und Osama bin Laden.
    »Hast du gehört, was die Taliban sagen?«, fragt Tarik. »Über bin Laden?«
    Aziza sitzt ihm auf dem Bett gegenüber und blickt aufs Spielbrett. Tarik hat ihr das Schachspielen beigebracht. Sie runzelt die Stirn und tippt mit dem Zeigefinger auf die Unterlippe, was sie sich von ihrem Vater abgeschaut hat, der, wenn er nachdenkt, eine ähnliche Miene aufsetzt.
    Zalmai hat sich von seiner Erkältung fast erholt. Laila reibt ihm Wick auf die Brust. Er ist dabei eingeschlafen.
    »Ja«, antwortet Laila.
    Die Taliban haben verlauten lassen, dass sie bin Laden nicht ausliefern werden, weil er ein mehman sei, ein Gast, der in Afghanistan Zuflucht gesucht habe. Das Paschtunwali , der Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen, verbiete die Auslieferung eines Gastes. Tarik lacht spöttisch, und Laila hört seinem Lachen an, dass er empört ist über diese abwegige Auslegung einer ehrenhaften paschtunischen Sitte.
    Wenige Tage nach dem Anschlag sind Laila und Tarik wieder im Foyer des Hotels. Im Fernsehen hält George W. Bush eine Ansprache. Hinter ihm ist das amerikanische Sternenbanner zu sehen. Plötzlich gerät seine Stimme ins Stocken, und Laila glaubt, dass er gleich zu weinen beginnt.
    Sajid spricht Englisch und erklärt, dass Bush gerade den Krieg erklärt hat.
    »Wem?«, fragt Tarik.
    »Erst einmal eurem Land.«
    »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht«, sagt Tarik.
    Sie haben sich gerade geliebt. Sein Kopf liegt auf ihrer Brust; mit dem Arm hält er ihren Leib umschlungen. Bei den ersten Versuchen, miteinander zu schlafen, hat es Schwierigkeiten gegeben. Tarik geriet immer wieder in Verlegenheit, und es half nichts, dass Laila ihm gut zusprach. Schwierigkeiten gibt es immer noch, aber keine körperlichen mehr, sondern logistische. Die Hütte, die sie mit den Kindern teilen, ist sehr klein. Die Kinder schlafen im Etagenbett unter ihnen. Mit Rücksicht auf die Kinder lieben sich Laila und Tarik meist lautlos und mit zurückgenommener Leidenschaftlichkeit, vollständig bekleidet unter der Decke. Sie hüten sich davor, Laken rascheln oder Bettfedern knarren zu lassen. Doch Laila nimmt die widrigen Umstände gern in Kauf, um nur mit Tarik zusammen sein zu können. In seinen Armen fühlt sie sich sicher und geborgen. Ihre Sorge, das gemeinsame Glück könne nicht von Bestand sein und bald wieder enden, wie auch die Angst vor Trennung ist dann verflogen.
    »Was soll das heißen?«, fragt sie jetzt.
    »Vielleicht hat das, was zu Hause passiert, sein Gutes.«
    In der Heimat fallen wieder Bomben, diesmal von amerikanischen Flugzeugen abgeworfen. Bilder davon sieht Laila jeden Tag im Fernsehen, beim Bettenmachen oder Staubsaugen. Die Amerikaner haben die Stammesführer aufgerüstet und unterstützen die Nordallianz in ihrem Kampf gegen die Taliban und bei dem Versuch, bin Laden ausfindig zu machen.
    Tariks Worte tun ihr weh. Sie stößt ihn von sich.
    »Nicht so schlecht? Dass Menschen sterben? Frauen, Kinder, alte Leute? Dass wieder Häuser zerstört werden? Nicht so schlecht?«
    »Pst. Du weckst die Kinder.«
    »Wie kannst du so etwas sagen, Tarik?«, sagt sie aufgebracht. »Nach dem sogenannten Versehen in Karam? Über hundert unschuldige Menschen! Du hast die Toten mit eigenen Augen gesehen.«
    »Nein«,

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