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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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wieder in Gnaden gewogen, wiewohl sich mein gefaßter Verdacht mit Gewißheit bestätigt hat. Ich dachte sogleich, es müßte ein außerordentliches Geschöpf gewesen sein, dem es gelang, einen Kopf wie deinen, o Ebaseid, in helle Flammen zu setzen. Ich dachte, dies müßte nur meiner Delfa möglich sein, und so ist es, Delfa ists, die du gesehen hast, mein Liebling Delfa, von der mit Recht der Dichter gesungen:
    Delfa, du bist ein einziger Rubin aus Bedachschans Minen – Der aus dem Säckel das Geld fürstlichen Käufern entlockt.
    Tausendmal tausend und mehr geb ich für dich mit Vergnügen – Liebst du nur immer auch mich, den, der am teuersten zahlt.
    Immer von Liebe beseelt wird dir ein ewiges Leben – Denn der Haß allein wird von dem Grabe gedeckt.«
    Abulfaredsch von Ispahan erzählt, daß unter der Regierung des Kalifen Hischam, des Sohnes Abd al-Maliks, der Schreiber Junis eine sehr schöne Sklavin kaufte. Nachdem er sie in allem, was den Geist und den Körper bildet, hatte unterrichten lassen, war sie wenigstens hunderttausend Dirhems wert. Er zog mit ihr gegen Damaskus, und die Karawane machte an einem nicht fern von der Stadt gelegenen Orte ihren gewohnten Halt. Ein junger und wohlgebildeter Mann kam von der Stadt geritten, grüßte den Schreiber und begehrte zu essen und zu trinken als sein Gast.
    Er blieb bis gegen Abend und fragte endlich, warum Junis mit der Karawane gen Damaskus gezogen sei? »Um meine Sklavin zu verkaufen!« »Wie teuer?« »Hunderttausend Dirhems.« Der junge Mensch handelte bis auf die Hälfte herunter, verpflichtete sich, das Geld am nächsten Morgen zu bringen, und sprach dem Schreiber mit so vieler Wohlredenheit zu, daß er ihm die Sklavin auf der Stelle übergab. Sobald sie aber abgeführt war, reute es ihn des dummen Streiches, seinen Schatz einem Unbekannten auf sein bloßes Gesicht und ohne andere Sicherheit übergeben zu haben. Er durchwachte die ganze Nacht in der größten Ungeduld.
    Mit Tagesanbruch erschienen zwei Sklaven, die nach ihm fragten. Sie sagten ihm, der junge Mensch, der gestern gekommen sei, sei Walid ibn Jesid, der Thronerbe des Kalifats. Junis folgte den beiden Sklaven in den Palast Walids. Der Prinz fragte, ob es ihn nicht schon gereut, seine Sklavin einem Unbekannten verkauft zu haben? Junis, der nichts Beleidigendes antworten wollte, erwiderte, er habe in den Edelmut und Hochsinn, den des Prinzen Gesichtszüge aussprächen, festes Vertrauen gesetzt; »das nicht betrogen werden soll«, fiel ihm der Prinz ein. »Wenn es dich nicht gereuet, deine Sklavin einem Unbekannten anvertraut zu haben, so hat es mich schon zehnmal seit gestern gereut, daß ich mit ihr so davongeeilt bin. Nun wollen wir den Kauf mit etwas kälterem Blute schließen.« Junis dachte, der Prinz würde ihm die Sklavin zurückgeben. »Du läßt sie mir für fünfzigtausend Dirhems, wie gestern, nicht wahr?« »Ja.« »Hier ist das Geld, und hier für die Unruhe, die ich dir durch ihre vorschnelle Entführung hätte verursachen können, fünfzigtausend andere Dirhems.« Der Schreiber kehrte zufrieden aus Damaskus zurück.
    Mansur ließ einen rechtlichen Mann, der angegeben wurde, als verhehle er Schätze und Waffen, die dem Stamme der Umaijaden gehörten, vor sich rufen, und befahl ihm, dieselben dem Staate zu überliefern. »Bist du, o Fürst der Rechtgläubigen, der Erbe des Stammes der Umaijaden?« »Ich bin es nicht.« »So hast du kein Recht, was meinen Händen anvertraut worden ist, abzufordern.« »Aber die Fürsten aus dem Stamme der Umaijaden waren Tyrannen, die sich mit dem Hab und Gut der Diener Allahs bereicherten.« »Je nun, da ist erst zu beweisen, daß die mir anvertrauten Schätze ein Teil des mit Unrecht erpreßten Raubes sind, denn die Söhne der Umaijaden waren reich an eigenem Vermögen!«
    Mansur blieb lange in stilles Nachdenken versunken, endlich fragte er den Beklagten: »Hast du nichts nötig von mir?« »Ja, o Herr! ich begehre eine Gnade.« »Rede!« »Ich bitte, daß der Ankläger, der mich beschuldigt, Schätze der Söhne der Umaijaden zu verhehlen, vor meinen Augen erscheine, denn ich schwöre dir, daß ich keinen Dirhem habe. Die Antwort aber, die ich gab, kam aus dem lebendigen Gefühle von Recht und Billigkeit, das allen meinen Worten und Taten zur Richtschnur dient und den deinigen zur Richtschnur dienen soll.«
    Der Ankläger erschien. »Dieser Mensch ist mir Geld schuldig,« rief der Angeklagte, »hier ist sein Schuldschein, den er sich einzulösen

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