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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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aus dem alle übrigen Meere ausfließen. Dieses Meer ist aber auch bewohnt; so befindest du dich vor einer runden Insel, die zwischen zwei unermeßlich hohen Bergen liegt, an deren Gipfeln sich ein Schloß mit goldenen Mauern erhebt, das im Sonnenschein wie ein Stern leuchtet. Auf dieser Insel wächst das beste Aloeholz, und entspringt eine Quelle von dunkelblauem, wohlriechendem Wasser, in der sich Fische von den verschiedensten Farben aufhalten, ohne Gräte, mit goldgelben Augen und spitzigen schneidenden Ohren, mit denen sie den härtesten Felsen zersplittern können. Auch sammelt sich zuweilen ein dichter Schaum auf dieser Quelle, den der Wind häufig, an den zwei Bergen vorüber, ins Meer treibt, wo ihn Kaufleute auffangen und unter dem Namen Ambra verkaufen. Die Stadt, welche auf dieser Insel liegt, übertrifft an Glanz und Reichtum alle Städte der Welt und heißt auch darum Asaf, weil ein jeder bei ihrem Anblick ausruft: Asaf (Wehe!) über die ganze übrige Welt! Sie ist von goldenen Mauern umgeben, mit Zinnen aus Rubinen, und von Reitern bewacht, welche große silberne Lanzen mit smaragdenen Spitzen in der Hand tragen. Mitten in der Stadt erhebt sich ein Schloß, dessen Inneres und Äußeres mit den kostbarsten Edelsteinen überschüttet ist, und dessen wundervolle Einrichtung ich gar nicht beschreiben kann; es enthält unter anderem einen viereckigen Saal, der auf vier goldenen Pfeilern ruht, in dessen Mitte ein Springbrunnen aus rotem Korall ein Meer von Wohlgerüchen verbreitet. Auch hängen in diesem Saal viele goldene Käfige mit silbernem Schloß und smaragdenem Schlüssel, aus denen die süßesten Töne das Ohr entzücken. An der Spitze dieses Saales sitzt auf einem Thron, von grüner Seide überzogen, das schönste Mädchen, das der Herr geschaffen, die mächtige Königin Turaja, Tochter des Königs Farkad, von vielen Menschen und Genien umgeben.«
    »Nicht weit von der Insel, auf welcher die Königin Turaja regiert, liegt aber noch eine größere, sehr völkerreiche Insel, deren König Kanas heißt; er hat eine Tochter, weiche unter dem Namen »die blaue Königin« bekannt ist und in der Zauberkunst den höchsten Grad erreicht hat. Sie liebt fremde Männer aufs leidenschaftlichste, und hat daher auf allen Seiten dieses Meeres ihre Spione, die, sobald sie einen schönen Mann sehen, ihr Nachricht davon geben; sie läßt ihn dann durch einen ihr ergebenen Geist zu sich bringen, unterhält sich mit ihm, solange es ihr Freude macht, dann bringt sie ihn um oder verzaubert ihn in irgendein vierfüßiges Tier, oder in einen Vogel. Die Königin Turaja hat daher, um zu verhüten, daß nicht jeder Verunglückte in die Gewalt der abscheulichen blauen Königin falle, dieses Schloß, mitten auf dem Meer, an der Grenze ihres Reichs bauen lassen, und Gott sei gedankt, daß du auf diese Weise gerettet worden.« Die Sklavinnen führten mich dann in einem zierlichen Nachen mit den feinsten Teppichen belegt nach der Stadt Asaf, und brachten mich in ein für Fremde bestimmtes Hotel, das der mächtigste Sultan bewohnen dürfte, so schön war dessen Bauart und innere Einrichtung, und so vortrefflich war es mit allen Annehmlichkeiten des Lebens versehen. Es war Nacht, als wir in das Hotel kamen, und ich wurde in ein Zimmer geführt, in welchem unzählbare Wachslichter mit Aloeholz besteckt in goldenen Leuchtern brannten; ein mit den schmackhaftesten Speisen und Getränken beladener Tisch stand vor einem höchst bequemen und reichgeschmückten Divan. Die Sklavinnen bedienten mich noch bei Tisch, dann zogen sie sich zurück, und ich legte mich auf den Divan und schlief die ganze Nacht. Als ich am folgenden Morgen erwachte, sah ich ein wunderschönes Mädchen in einem golddurchwirkten mit Perlen verziertem Kleid vor mir; ich sagte ihr: »Bist du, Teure, die Königin Turaja?« – »Wo denkst du hin, blödsinniger Mensch?« sagte sie; »ich bin die geringste ihrer Sklavinnen, die Dienerin dieses Gemachs, und harre deiner Befehle.« – »Wann wird denn die Königin Turaja hierherkommen?« – »Ich glaube, du bist von Sinnen, wenn du dir einbildest, die Königin Turaja werde dich hier besuchen. Nach drei Tagen wird sie dich rufen lassen und dich fragen, wer du bist und wieso du hierher gekommen, und dich dann nach deinem Rang behandeln, hüte dich aber nur, ihr etwas von deinen Umständen zu verbergen, denn sie erfährt durch ihre Geister doch alles, und findet sie dich als einen Lügner, so bist du verloren.« Während mir

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