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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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Abschied von euren Freunden und betet zu Gott um Verzeihung eurer Sünden, denn heute ist der letzte Tage auf dieser und unser erster auf jener Welt.« Die Tiere hatten das Schiff schon von allen Seiten umzingelt und waren schon im Begriff hinaufzuspringen, als auf einmal ein heftiger Wind sich erhob, der das Schiff wie einen fliegenden Stern über sie wegtrieb; da jubelte alles, was auf dem Schiff war, und der Hauptmann warf, vor Freude außer sich, seinen Turban in die Höhe. Wir setzten nun bei immer günstigem Wind, klarem Himmel und ruhiger See unsere Reise dreißig Tag lang fort: Der eine sang, der andere rezitierte Gedichte, der dritte erzählte Märchen, so daß uns die Zeit recht angenehm verstrich. Am einunddreißigsten Tag aber bemerkten wir am Himmel einen schwarzen Punkt, nicht größer als ein Drachmen, und bald darauf wehte eine schneekalte Luft, so daß wir alle unsere Winterkleider anzogen. Der schwarze Punkt dehnte sich indessen immer mehr aus, bis er zuletzt sich über den ganzen Himmel verbreitete und man den Auferstehungstag nahe glaubte. Bald blitzte und donnerte es von allen Seiten her, die Wolken vergossen Tränen wie aus Wasserschläuchen, die See kochte und schäumte und trieb das Schiff im Kreis umher. Wir waren alle beschäftigt, das Wasser aus dem Schiff zu schöpfen, das der offene Himmel und das aufbrausende Meer zugleich füllten, aber bald fiel ein so zerschmetternder Hagel, daß wir nicht mehr auf dem Verdeck bleiben konnten, und kaum waren wir heruntergestiegen, als vier Wellen, wie die höchsten Berge von verschiedenen Seiten her gegen das Schiff schlugen und es so zerschmetterten, daß das größte Brett nur die Größe einer Schiefertafel behielt; alles, was auf dem Schiff war, sank in den Abgrund, nur ich hielt mich an einem Sack Mehl fest, das bekanntlich (?) vierzig Tag lang sich auf der Oberfläche des Wassers erhält, und schwamm darauf zwei Tage und zwei Nächte umher, von den Wellen manchmal bis zu den Sternen hinauf und wieder bis in den Abgrund hinuntergeschleudert. Aber am dritten Tage war ich so sehr von Hunger und Durst geschwächt und von der Nässe und Kälte erstarrt, daß ich nicht mehr Kraft genug hatte, mich an dem Mehl festzuhalten. Indessen hielt ich mich doch mit Hilfe der Wellen noch bis gegen Abend auf der Oberfläche des Wassers, da ich aber nicht mehr hoffen konnte, die Nacht zu überleben, hörte ich auf zu schwimmen und wollte durch einen schnellen Tod meinem Leiden ein Ende machen, als ich auf einmal etwas wie ein großes Feuer mitten auf dem Meer vor mir sah, Jetzt strengte ich von neuem alle meine noch übrige Kraft an, um mich dem Feuer zu nähern. Bald bemerkte ich aber, daß ich ein großes goldenes Schloß, von vier riesenhaften Genien getragen, für ein Feuer gehalten, denn es war so hell beleuchtet und so reich mit funkelnden Edelsteinen verziert, daß es über das ganze Meer wie die reinste Mittagssonne ein blendendes Licht verbreitete. Als ich nur noch ein paar Schritte davon entfernt war, hörte ich, wie jemand rief: »Nehmet den Verunglückten auf!« und sogleich flog ein Genius aus dem Schloß zu mir und trug mich hinein.
    Ali fuhr fort: »Ich fiel in Ohnmacht, als der Genius mich aus dem Wasser hob, und kam erst am folgenden Morgen wieder zum Bewußtsein. Da befand ich mich auf einem Bett von rotem Atlas überzogen, vor mir lag ein grünes golddurchwirktes seidenes Kleid, und auf dem Marmorboden stand eine Kohlenpfanne, auf der Aloeholz brannte, daneben ein Tisch, mit den ausgesuchtesten Speisen der Luft, des Wassers und der Erde gefüllt. Sobald ich mich aus dem Bett erhob, kamen zwei Diener, welche an der Türe standen, auf mich zu, wuschen mich mit Rosenwasser und zogen mich an. Ich setzte mich ganz ausgehungert an den Tisch, bis ich satt war. Dann brachten die Diener allerlei Früchte und Süßigkeiten, und zuletzt wieder Wasser mit wohlriechender Seife. Hierauf verschwanden sie und es traten vier Mädchen wie der Mond zu mir herein und fragten mich, wer ich sei und wie ich auf dieses Meer gekommen? Als ich ihnen meine ganze Geschichte erzählt hatte, sagten sie: »Danke dem Schöpfer, daß dich die Wellen zu uns hergetrieben, denn hier harret deiner nur Glück und Freude.« Ich bat sie dann, mir zu sagen, wo ich mich eigentlich befinde? Was dieses Schloß mitten auf dem Meer bedeute, wer es gebaut und bewohne? Da sagte eine von ihnen: »Wisse, mein Freund, du befindest dich hier auf dem großen Ozean, der die ganze Welt umgibt, und

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