Tausend und eine Nacht, Band 4
Rückkehr in meine Heimat finde. Es dauerte in der Tat nicht lange, da kam ein Schiff mit Segeln, die den Flügeln eines großen Vogels glichen, wie ein Pfeil daher geschossen und lief in den von Genien erbauten Hafen ein. Als aber die Kaufleute ans Land stiegen, erschraken sie vor meinem Vater, der mit seinem langen Bart, Schnurrbart und Nägeln eher einem wilden Tier, als einem Menschen gleich sah. Einer von ihnen sagte: »Das ist gewiß der Djinn dieser Insel!« ein anderer entgegnete aber: »Nein, er hat Menschenfüße, es ist vielleicht ein Verunglückter; ich will im Vertrauen auf Gott mich ihm einmal nähern.« Er nahm sein Schwert zur Hand, ging auf meinen Vater zu und sagte ihm: »Bist du ein Djinn, so ziehe dich zurück vor dem heiligen Namen Gottes, bist du aber ein Mensch, so sei mir gegrüßt!« Mein Vater erwiderte seinen Gruß und sagte. »Warum hältst du mich für einen Djinn? Ich bin ein Mensch aus Damaskus!« – »So komme mit mir auf mein Schiff«, sagte der Kaufmann, »und erzähle mir, wie du hierher gekommen.« Nachdem mein Vater den Kaufleuten seine ganze Geschichte erzählt hatte, sagten sie ihm, er könne mit ihnen nach Syrien zurückkehren, denn auch sie seien von einem Sturm aus dem mittelländischen Meer in den Ozean getrieben worden, als sie aus dem Abendland nach Latakie segeln wollten. Mein Vater – fuhr Ali in seiner Erzählung vor dem Kalifen Abdul Malik fort – schenkte den Schiffsleuten einige von den Edelsteinen aus dem Beutel, den ihm der König Amrad geschenkt hatte, wogegen er reichlich mit Kleidern, Wasser und Nahrungsmitteln versorgt wurde. Er gelangte nach einigen kleinen Unglücksfällen nach Latakie, wo er nur kurze Zeit sich aufhielt, und kehrte dann zur größten Freude aller seiner Bekannten und Verwandten nach Damaskus zurück, wo er bald die höchsten Staatsämter bekleidete. Neun Monate nach meiner Mutter Hochzeit gebar sie mich und ließ mich auf das Sorgfältigste erziehen. Mein Großvater, der mich wie seinen eigenen Sohn liebte, ließ die besten Lehrer kommen und mir im Lesen und Schreiben, dann in der Philosophie, Geschichte und Astronomie Unterricht erteilen. Ich hatte kaum das Jünglingsalter erreicht, als mir die Schwermut meiner Mutter auffiel; so oft sie mich sah, umarmte sie mich mit einer mehr als mütterlichen Heftigkeit. Sehr oft weinte sie, wenn sie mich küßte, und sagte: »Du siehst deinem Vater gar zu ähnlich.« So oft ich sie aber fragte, wer denn mein Vater war, nannte sie mir einen unbekannten König. Eines Tages schlug ich einen ihrer Sklaven, der mir von meiner Kindheit an verhaßt war, und sagte ihm: »Verruchter Schwarzer, wie oft habe ich dir schon gesagt, ich wollte dich nicht mehr vor meinen Augen haben, warum weichst du mir nicht aus, wenn du mich kommen siehst?« Da antwortete er mir: »Ich bin allerdings nur ein Sklave, doch jeder kennt meine Eltern und weiß, daß sie auch Sklaven waren, wie ich; aber du vaterloser Bub, weißt du, daß dein Vater ein unbekannter, auf dem Meer aufgefundener, hergelaufener Mensch war! Gott verdamme dich, weil du mich so mißhandelst, und lasse dich gleich mir unter fremden Leuten umherwandern, die kein Mitleid mit dir haben!« Der Sklave entfloh bei diesen Worten; ich verfolgte ihn mit entblößtem Schwert, konnte ihn aber nicht erreichen und wußte gar nicht, wo er hingekommen, ob er in die Erde versunken oder in den Himmel gestiegen. Ich blieb eine Weile über die Aussage des Sklaven nachdenkend sitzen; dann begab ich mich zu meiner Mutter. Sie küßte und umarmte mich wie gewöhnlich; ich blieb aber ernst und düster neben ihr sitzen, und als sie mich fragte, was mir denn Unangenehmes widerfahren sei, sagte ich ihr: »Bei dem erhabenen, barmherzigen Gott, ich muß wissen, wer mein Vater war, oder mein Schwert soll deinem lasterhaften Leben ein Ende machen!« Meine Mutter erwiderte weinend: »Mein Sohn, bei dem, der die Berge geschaffen und ihre Größe und Schwere kennt, dein Vater war einer der Besten und Edelsten seines Volkes!« – »Nicht so viele Worte!« rief ich ganz außer mir: »Nenne mir meinen Vater, oder ich bringe dich und mich um, denn ich habe heute etwas gehört, das meine jugendlichen Locken grau färbt.« Als meine Mutter dies hörte, sagte sie mir: »Stecke dein Schwert ein und setze dich ruhig zu mir, ich will dir alles gestehen.« Sie erzählte mir dann, wie so viele Prinzen um ihre Hand anhielten, aber kein einziger ihr gefiel; wie sie dann in Damaskus meinen Vater beim
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